Kommentar zur Baselworld: Drei Baustellen

Zum neuen Ärger der Baselworld kommentiert Ulrich Voß, Chefredakteur „Blickpunkt Juwelier“.


Man hatte es bei der Pressemitteilung der Baselworld so gemacht, wie man es immer macht, wenn man schlechte Nachrichten verkünden muss. Man versucht sie zu verstecken. Die Mitteilung (hier) beginnt positiv. Es sei zu einer Einigung gekommen. Aussteller und Messe hätten sich geeinigt. Doch die Einigung betrifft einen kleinen Punkt. Es geht um die Kosten der ohnehin abgesagten Messe 2020. Der wichtigste Punkt in Bezug auf die Baselworld derzeit, nämlich ob die Messe überhaupt überlebensfähig ist, wurde erst im unteren Drittel der Pressemitteilung angeschnitten – und kein bisschen beantwortet. Die Zeilen offenbaren lediglich eine dritte Baustelle, die nun hinzugekommen ist: die Planbarkeit.

Baustelle 1: Kein aktuelles Konzept

Jahrzehntelang hatte die Baselworld aus ihrer Stärke der Vergangenheit heraus gewirkt. Trotz hoher Kosten für den Neubau, der letztlich auch „nur“ dem Markenwunsch der Top-Aussteller nachgekommen war, wurde das Konzept nicht auf die Ist-Zeit übertragen. Breitling war der erste große Aussteller, der mit einer Roadshow-Messe eine mögliche Alternative aufgezeigt hatte und nun mit digitalem Konzept gefolgt ist. Aber auch der Uhrensalon SIHH der Richemont-Marken hatte mit der Öffnung für Konsumenten am letzten Messetag ebenfalls einen neuen Schritt gewagt. Die alte Dame Baselworld hatte auf ihre Stärke als Weltleitmesse vertraut – und sie nach der Absage von Rolex und Patek vollends verloren. Das neue Führungs-Team um Michel Loris-Melikoff hatte zwar wichtige Signale und Aufbruchstimmung gesetzt, aber mit der angeblich nicht abgestimmten Terminänderung auf Januar/Februar 2021 den Bogen endgültig überspannt. Dies führte zur Baustelle 2.

Baustelle 2: Keine Aussteller

Die fehlende Swatch Group und die ohnehin nicht mehr präsenten Richemont-Marken waren noch verzichtbar, konnte man in den vergangenen Jahren meinen. Doch spätestens mit der Absage von Rolex & Patek war die Zugkraft der Messe dahin. Wer kommt zu einer B-Messe? Ganz sicherlich nicht die so wichtigen asiatischen Kunden und Journalisten. Hätte man früher einen engeren Schulterschluss mit dem Uhrensalon in Genf hinbekommen, hätte eine Zukunft bestehen können. So aber ist die Baselworld schwächer und schwächer geworden. Sie wurde verzichtbar, auch wenn man sich weiter unantastbar gab.

Baustelle 3: Keine Planungssicherheit

Mit Corona ist eine neue Baustelle für das Organisations-Team hinzugekommen. Vermutlich ist es gar nicht möglich, unter diesen Umständen das Konzept einer bisherigen Weltleitmesse ohne die wichtigsten Aussteller und die bisherige DNA zu konzipieren. Alle elementaren Fragen können nicht beantwortet werden. Wer ist Zielgruppe der Messe? Diese Frage musste sich die Baselworld bisher nie stellen, jetzt ist sie Kern der Zukunftsausrichtung. Wie digital muss eine Messe heute sein, damit sie den Vorgaben von Corona entspricht? Wer soll ausstellen? Auch diese Frage ist ohne Rolex & Co. schwer zu beantworten. Das Beispiel der gescheiterten Parallel-Messe zu Basel in Freiburg vor einigen Jahren hat gezeigt, dass man selbst mit professionellstem Organisations-Background noch immer daneben liegen kann.

Die Baselworld hat nun also erneut die Notbremse gezogen und auch den Frühlings-Termin 2021 abgesagt. Zu viele Fragen in zu kurzer Zeit. Wie geht es weiter? Hoffentlich nicht mit einer Pressemitteilung, in der positiv verkündet wird, dass die nächste Baselworld im März/April 2021 stattfindet und an die alten Erfolge anknüpfen will.

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