Positiver Corona-Effekt. Rabatte sind in diesen besonderen Zeiten für zahlreiche Juweliere weniger problematisch. Wie Christian Schaffrath von der gleichnamigen Schmuckmanufaktur berichtet, hat die Nachfrage nach exklusive Unikaten zu – und damit der Rabattwunsch der Käufer abgenommen.
Wie bei Rolex. Mehr hochwertige Schmuckstücke, weniger Rabatt: Bei der Diamantmanufaktur Schaffrath hat sich seit Corona eine positive Entwicklung in Bezug auf Rabattverkäufe entwickelt, berichtet Christian Schaffrath im Interview mit „Blickpunkt Juwelier“. Wir haben nachgefragt.
Blickpunkt Juwelier: Herr Schaffrath, ist Rabatt ein Marken-Detektor: Je besser die Marke, desto weniger Rabatt ist notwendig?
Christian Schaffrath: Ich würde den Satz anders formulieren: Je besser die Marke funktioniert, umso restriktiver kann sie mit der Handelsmarge umgehen. Ich bin froh um Firmen wie Wellendorff, die die Handelsmarge in einem bestimmten Korridor begrenzen. Dies führt dazu, dass es weniger Verkäufe mit hohem Rabatt gibt.
BJ: Wie stehen Sie zur Rabatt-Frage?
Schaffrath: Für mich darf es kein Dogma sein. Einige Juweliere fahren eine 0,0%-Politik, mit der sie womöglich anecken oder im schlechtesten Fall Verkäufe verlieren. Wenn es um eine höherwertige Investition geht, darf man aus einer 93 oder 92 auch mal eine 90 machen.
BJ: Dies wäre ja noch moderat. Bei einigen Uhrenfirmen geht es um generell 20 %. Mit derlei Ansprüchen kommen die Kunden ins Geschäft.
Schaffrath: Das ist ein anderes Problem. Dann ist einfach zu viel Ware im Markt. Bei Rolex geht es ja auch. Ich glaube, kein Juwelier im ganzen Land müsste bei dieser Marke derzeit irgendeinen noch so kleinen Rabatt geben.
BJ: Auch weil Rolex mit der Margenkürzung 2015 systematisch dagegen vorgegangen ist. Wer bei der 1.77 für Rolex-Stahlmodelle noch 20 % Rabatt gibt, dem bleiben bei 10.000 VK noch genau 107 Euro übrig.
Schaffrath: Genau. Das war wiedermal phantastisch und weitsichtig. Obwohl die Marge gesenkt wurde, hat der Juwelier nicht weniger in der Kasse. Deswegen geht die Rolex-Rechnung auf. Wer Marge kürzt und begehrlich bleibt, hat alles richtig gemacht. Es kann doch nicht sein, dass Juweliere auf dem Graumarkt Modelle für ihre Stammkunden kaufen, die dann doch wieder zu überhöhten Preisen online auftauchen. Aber klar ist auch: Für ein solch konsequentes Vorgehen bei der Handelsmarge braucht der Lieferant einen langen Hebel.
BJ: Wie gehen Sie vor?
Schaffrath: Wir belohnen mit guter Marge. Die meisten unserer Produkte der kommerziellen Kollektionen haben bis in den sechsstelligen Bereich hinein eine Top-Kalkulation. Mit einem Liberté oder Calla wird der Juwelier nie im Preiskampf stehen. Der Diamant als Materie kann einen vergleichbaren Charakter bekommen, aber nicht bei uns. Wir verkaufen Gesamtobjekte mit Alleinstellungsmerkmal. Sie entziehen sich jedem Vergleich auf dem Markt – was unserem Juwelier wiederum die Möglichkeit gibt, die volle Marge darauf zu erlösen.
Letztlich aber ist es Abwägungssache des Juweliers. Er muss sich überlegen, ob und mit welchen Begleiterscheinungen er es sich leisten kann, durch eine restriktive Rabatt-Politik auf Aufträge zu verzichten. Als Marke kann ich sagen, dass ich niemals einen offiziellen Rabatt in irgendeiner Form zur Diskussion stellen, geschweige denn gutheißen werde.
BJ: Ist der Rabatt-Wunsch seit Corona kleiner?
Schaffrath: Bei uns schon. Wir haben wesentlich mehr hochwertige, individuelle Ware verkauft, die sich immer dem Vergleich entzieht. Unikate brauchen eigentlich nie Rabatt. Problematisch ist es für den Juwelier ja erst, wenn er weiß, dass der Kollege die gleichen Produkte rabattiert. Schade, wenn der Preis das wichtigste Argument wird.
Leider aber leben wir in einer Gesellschaft, in der das Feilschen zum guten Ton gehört – gerade bei Menschen, die vermögend und durch ihrer eigener Hände Arbeit wohlhabend geworden sind. Für sie gehört es vielleicht zum i-Tüpfelchen, „etwas rausgeholt“ zu haben. Auch wenn es bei einem Preis von 80.000 oder 90.000 Euro irrelevant ist. Aber den Tausender, den wollten sie haben, den hat es fürs Gemüt gebraucht.
BJ: Was macht da ein 0,0%-Juwelier?
Schaffrath: Aus meiner Sicht sollte man in diesem Fall Fünfe gerade sein lassen. Es handelt sich ja nicht um eine Aktivrabattierung. Die Entscheidung des Kunden ist längst gefallen. Es geht nur noch ums letzte Wort. Das würde ich dem Kunden lassen.
BJ: Wie ist das bei Ihren „vergleichbaren“ Produkten?
Schaffrath: Wir merken bei unseren kleineren Calla-Ringe, die wir ebenfalls mit UVP anbieten, dass Kunden die Preise im Netz vergleichen und so lange suchen, bis sie ihn günstiger bekommen. So ist nun mal die Mentalität einiger Kunden. Leider. Das ist Generation Online. Warum das so ist? Weil man ganz schnell ganz viele Angebote vergleichen kann. Der Händler, der auf die meiste Marge verzichtet, wird am schnellsten verkaufen. Im Fall des Schaffrath-Stammkunden, der an der Kasse steht und den Preis noch etwas zurechtrücken will, gibt es aber keinen Schaden. Er hat niemandem weh getan, weder der Marke, noch dem Luxusgedanken oder dem Händler. Alle sind glücklich, einer hat etwas Tolles gekauft und dabei noch ein gutes Gefühl.