Wie ist der Status Quo in Sachen Smartwatches? Frank-Michael Müller vom Uhren-Monitor stand uns Rede und Antwort zu diesem Thema.

Blickpunkt Juwelier: Herr Müller, wie ist der Smartwatch-Status Quo?
Frank Michael Müller: Bis zum Sommer letzten Jahres war das Interesse an und die Kaufbereitschaft für eine Smartwatch im Vergleich zu früheren Erhebungen stabil. Die neue Apple Watch war nur eines von vielen neuen Produkten, die seit dieser Zeit in diesem Segment auf den Markt gekommen sind. Casio, die Fossil Group, Garmin, aber auch Anbieter von mechanischen Uhren wie TAG Heuer und Frederique Constant haben das Angebot deutlich erweitertet.  Dies und die Kommunikation für diese Produkte insbesondere im vierten Quartal 2016 dürften zu einer Erhöhung der Kaufbereitschaft geführt haben.

BJ: Was hat sich in den Erwartungen der Konsumenten und Händler geändert?
Müller: Die allermeisten Verbraucher haben noch überhaupt keine Erwartungen, sondern höchstens wahrgenommen, dass es „neuartige“ Uhren gibt.  Dass man Funktionen, die man noch nicht selber erlebt hat, irgendwann nutzt, übersteigt bei den meisten Verbrauchern die Vorstellungskraft. Obwohl ich mich mit dem Thema etwas intensiver beschäftige, hätte ich vor zwei Jahren selber nicht gedacht, dass ich die Navigationsfunktion der Apple Watch häufig nutze – viele Nutzer einer Smartwatch werden sicher vergleichbare Erfahrungen gemacht haben. Bei einigen Händlern scheint die Hoffnung auf eine höhere Marge die größte Erwartung zu sein.

BJ: Gibt es überraschende Erkenntnisse, die Sie so nicht erwartet hätten?
Müller: Alle Marktpartner müssten die Veränderungen im Mobilfunkmarkt nach Einführung des iPhones noch in bester Erinnerung haben. Daher wundert es mich, dass geschätzte vier bis fünf Milliarden Euro Umsatz mit der Apple Watch als Misserfolg bezeichnet wird, auch wenn die Erwartungen bei Apple wahrscheinlich höher gewesen waren. Erschreckend finde ich, dass daher einige Händler sich aufgrund dieses „Misserfolges“ nicht mit dem Thema Smartwatch aktiv beschäftigen.

BJ: Kommt die Smartwatch zum Juwelier bzw. ist sie schon angekommen?
Müller: Die Chance besteht unter anderem durch die zuvor schon genannten Anbieter,  denn hier bietet sich für den Juwelier die 
Möglichkeit, auch fachhandels-exklusive Produkte zu beziehen. Warum sich dann einzelne Händler mit Rabattaktionen auf Smart-
watches profilieren wollen, ist für mich unverständlich. Denn: Den Preiswettbewerb mit Media Markt und Co. kann der Fachhändler auf Dauer nur verlieren.

BJ: Ist Apple auf dem Smartwatch-Markt übermächtig?
Müller: Apple ist bestimmt ein mächtiger Spieler in diesem Marktsegment, dennoch kann ich mir auf Dauer eine vergleichbare Entwicklung wie im Mobilfunkmarkt vorstellen. Das würde bedeuten, Apple als Premium-Anbieter bei rein 
elektronischen Smartwatches und starker Mitbewerber mit preisgünstigeren Produkten. Spannend wird hingegen die Entwicklung im Bereich der mechanischen Uhren, denn unter anderem über die Armbänder können sich hier interessante Perspektiven ergeben.
BJ: Welcher Anbieter kann Apple Konkurrenz bieten?
Müller: Das ist natürlich Spekulation: Vielleicht ein Anbieter, den heute noch keiner auf dem Radar hat, ein Unternehmen, das sich in einem ganz anderen Marktsegment bewegt.

BJ: In Amerika gibt es bereits Kooperationen mit Versicherungen (siehe Extrakasten) – wer ein Werable kauft und die passende Gesundheitsversicherung dazu, bekommt bei der Versicherungsprämie etwas gutgeschrieben. Was sagen Sie dazu? Ist das Ihrer Meinung nach eine gute Idee oder nur eine weitere aktion, großer Unternehmen, um an unsere persönlichen Daten zu kommen?
Müller: Finanzielle Anreize von Versicherungen sind sicher dazu geeignet, gesundheitsbewusste Zielgruppen zur Nutzung einer Smartwatch oder eines Fitness-Trackers zu bewegen. Interessant wird die Interessenabwägung zwischen der Ersparnis und dem Datenschutz, das heißt, je höher die Ersparnis, desto geringer dürften die Bedenken sein.