Die großen Drei...Oder: Wohin geht es mit dem Luxusmarkt?
Die Zeiten sind nicht einfach. Krise, Inflation, Pandemie, der Handel hat einige Lockdowns hinter sich und hat in den vergangenen zwei Jahren gelernt, sich neu aufzustellen. Online-Shops, Click & Collect oder Beratung via Internet wurden zum Alltag. Das Luxussegment hat sich schnell erholt, übertrifft bereits die Vor-Pandemie-Umsätze, wie eine neue Studie von Bain & Company zeigt.
Die Krise hat ihre Opfer gefordert – in allen Bereichen. Besonders 2019 und 2020 waren für beinahe alle Branchen schwierig. Ging es davor jahre- und jahrzehntelang meist nur bergauf, zeigte dieser Einschnitt deutlich die Grenzen der Belastbarkeit. Auch Luxusgüter – wozu auch Schmuck und Uhren gehören – erlebten einen Rückgang. Jedoch zeigten die schwierigen Zeiten auch, dass alternative Formen funktionieren können. Einerlei, ob der Ausbau der Online-Kompetenzen, attraktive Angebote wie Click & Collect oder Click & Meet oder Beratungstermine via Zoom, FaceTime oder ähnliches. Diese neuen Formen des Handels mussten funktionieren – und taten es auch.
Und nicht nur das. Auch ganze Käuferschichten und -nationen blieben aus, weil das Reisen durch Corona nicht – oder nur sehr eingeschränkt – möglich war. Beispielsweise kamen die an Uhren interessierten, kaufkräftigen Chinesen (fast) gar nicht mehr. Doch auch in der Krise konnte etwas Gutes gewonnen werden – eine gesteigerte Kaufkraft im deutschsprachigen Raum. Kim Eva Wempe, Eigentümerin eine der fünf größten Juwelierketten der Welt, mit 560 Millionen Euro Umsatz jährlich, erklärte in einem Interview mit dem „Manager Magazin“, dass sämtliche Umsätze, die früher durchaus mit hohem Anteil von chinesischen Käufern gemacht wurden, inzwischen mit Käufern aus dem DACH-Raum nicht nur wett gemacht, sondern massiv gesteigert werden konnten.
Rolex als Index
Mit jährlichen Steigerungsraten von fünf bis zehn Prozent war Rolex immer schon ein Indikator für die Luxusbranche. Denn hebt Rolex die Preise, dauert es nicht lange, bis Richemont oder die Swatch Group folgen. Ein Blick auf die Preisentwicklung zeigt, dass fünfstellige Preise für Stahlmodelle keine Ausnahme mehr sind. Diese fünf Stellen galten vor der Pandemie als Barriere – nun, still und heimlich, scheint sie überwunden zu sein. Manchmal entsteht der Eindruck, als ob Käufer froh wären, überhaupt Uhren zu bekommen.
Für den Fachhandel heißt es: Wer steht hier überhaupt noch zur Verfügung? Rolex hält die Stellung, Patek Philippe ebenso. Doch andere Marken wie Audemars Piguet gehen den Weg bereits ohne Fachhandel – und es funktioniert. Ein Beispiel aus der TV-Szene zeigt die Begehrlichkeit der Marke: In der Netflix-Reality-Serie „Selling Sunset“, in der Luxusimmobilien neue Besitzer suchen, zieren die Handgelenke der betuchten Kunden zunehmend mehr Audemars Piguet- als Rolex-Uhren.
Was tut sich also 2022? Rolex und Patek Philippe sind im Fachhandel so gut wie vergriffen, und jeder Top-Juwelier hat mehrere Anwärter auf zu wenig Uhren. Daher erleben die „Ausweichmarken“ einen Boom. Omega, Breitling, IWC oder Cartier verdanken der Verknappungspolitik von Rolex und Patek Philippe gehörige Zuwächse.
Bain & Company Luxus-Studie
Auch die jährlich herausgegebene Studie von Bain & Company „Luxury Goods Worldwide Market Study“
kommt zu dem Schluss, dass sich der Markt für persönliche Luxusgüter nach einem Einbruch 2019 und 2020 wieder erholt hat – wenn nicht sogar übertroffen wurde. Die wichtigsten Kanäle für die Erholung im Jahr 2021 waren dabei – wer hätte es gedacht – der Online-Handel sowie Monobrand-Stores. Von 2019 auf 2020 hatte das Online-Geschäft ein Plus von 50 Prozent verzeichnen können. Auch der Secondhand-Luxusmarkt hat ordentlich zugelegt und ist auf 33 Milliarden Euro gestiegen (siehe dazu auch Interview auf S. 32/33 mit Bernhard Strohm).
Die Studie zeigt ebenfalls auf, dass der Bereich Schmuck seit 2019 ein Plus von sieben Prozent (auf 22 Milliarden Euro) verzeichnen konnte, da die Nachfrage nach Marken-Luxusschmuck besonders in nicht traditionellen Kernmärkten weiter zunahm. Die Uhrenindustrie konnte wieder auf ihr Level von 2019 aufschließen.
Die Krise habe einen Wendepunkt im Luxussegment erreicht, so die Studie weiter. Luxuskäufer erwarten noch mehr von ihren Markenprodukten als zuvor. Sie suchen nach Individualität, Werten, Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung. Luxusmarken werden sich in den nächsten Jahren danach ausrichten müssen, und ihren Käufern Fragen nach verantwortlichem Handeln beantworten müssen, damit sie im Gespräch und begehrt bleiben.
Ergebnisse der Bain & Company Luxus-Studie
Fazit
Luxus ist also keineswegs im Rückgang – und schon gar nicht tot. Denn in Zeiten wie diesen besinnen sich die Menschen wieder auf wahre Werte, auf Investitionen, die ein Leben lang bleiben – und vielleicht sogar darüber hinaus. Auch wenn Luxus vielleicht ein Begriff ist, der in die Jahre gekommen scheint, zeigt sich deutlich, dass es um eben diese Investitionen für und im Leben geht.