Als einer der rührigsten Top-Juweliere des Landes feilt Christoph Kuhnle beständig an seinem Konzept. Im Uhrenbereich kommt das Thema Vintage dazu, beim Schmuck ist es die Fokussierung auf wenige, hochwertige Marken und neuerdings die eigene Werkstatt mit Umarbeitungs-Service. Wir sprachen mit Christoph Kuhnle.
BLICKPUNKT JUWELIER: Bisher sind scheinbar alle großen Krisen der vergangenen Jahrzehnte am Luxus-Juwelier vorbeigegangen. Hatten Ihnen diese Erfahrungswerte während der Zeit des Lockdowns geholfen?
CHRISTOPH KUHNLE: Nein. Als wir unser Geschäft schließen mussten ging es mir hundsmiserabel. Man geht in etwas Ungewisses hinein. In diesen Wochen konnten wir uns kein einziges Mal zurücklehnen, sondern waren immer unter Spannung.
BJ: In welcher Stimmungslage waren Ihre Kunden?
KUHNLE: Die Menschheit ist schon ein wenig zur Ruhe gekommen. Das hat mir gut getan. Trotzdem aber hat der große Wunsch nach den beiden großen Uhrenmarken nicht nachgelassen.
BJ: Sie sprechen von Rolex und Patek Philippe?
KUHNLE: Die Nachfrage ist nach wie vor ungebrochen.
BJ: Wie ist die Nachfrage nach Schmuck?
KUHNLE: Im Schmuckbereich war die Nachfrage beständiger, insgesamt erfreulich. Wir haben beim Schmuck ein kleines Plus zum Vorjahr, wobei das vergangene Jahr unser überhaupt bestes Schmuckjahr war.
BJ: Hat Corona geholfen, den Schmuck auszubauen?
KUHNLE: Ja. Direkt nach dem Lockdown kamen bereits erste starke Schmuckverkäufe dazu. Wir hatten das Gefühl, dass die Kunden froh waren, wieder raus zu dürfen. Es gab eine Art Nachholbedarf. Und wir haben auch das Gefühl, dass die Konten gut gefüllt sind, dass Budget vorhanden ist und man sich etwas Gutes tun will.
BJ: Sind Events die treibende Kraft beim Schmuckzuwachs?
KUHNLE: Ja. Bei Wellendorff sind die Events besonders erfolgreich. Aber auch unser „Glamroom“, eine Art Hausmesse, bei der wir alle unsere zwölf Schmuckmarken präsentieren, kommt bei den Kunden gut an.
BJ: Was schätzt der Kunde bei diesem Event?
KUHNLE: Die Vielfalt und die besondere Auswahl. Als ich beim letzten Mal einen neuen Kunden durch die Ausstellung geführt habe, ist mir nochmal bewusst geworden, wie stimmig und spannend das Schmuck-Sortiment ist. Bei all unseren Schmuckmarken haben wir uns für Firmen entschieden, die etwas Besonderes zu bieten haben. Fope, Schmuckwerk, Schaffrath, Jörg Heinz, Meister, Wellendorff… Jede Firma hat Substanz, hat ein Alleinstellungsmerkmal, ist uns unglaublich sympathisch, kennen wir persönlich und hatten besondere Momente mit ihr. Es sind Schmuckfirmen, die je einzeln für sich selber stehen. Ich brauche auch keine drei Trauringfirmen, sondern eine, die beste. Mir ist bei diesem Rundgang bewusst geworden, dass wir diese Auswahl damals intuitiv, aber aus heutiger Sicht richtig getroffen haben.
BJ: Muss es immer nach oben gehen?
KUHNLE: Nein, wir müssen uns nicht immer nach oben entwickeln. Im Schmuckbereich aber haben wir die Chance dazu. Bei unseren Durchschnittsverkaufspreisen zwischen 3.000 und 20.000 Euro ist noch Luft nach oben. Wir haben seit Corona weniger Schmuckstücke verkauft, aber die Durchschnittspreise sind gestie- gen. Wir sind mutiger geworden.
BJ: Wie steht es um das Maximalziel, die ei- gene Goldschmiede?
KUHNLE: Wir sind dran. Neben dem Projekt Vintage gehören Umarbeitungen derzeit zu den spannenden Themen. Wir haben Sichtungstage für unsere Kunden, bei denen sie die Uhren und den Schmuck auf Wunsch auch taxieren lassen können.
BJ: Kann man sich das als Exklusiv-Version von „Bares für Rares“ vorstellen?
KUHNLE: Wir gehen bei diesem Event noch einen Schritt weiter und bieten gemeinsam mit unserer eigenen Goldschmiedemeisterin Entwürfe für individuelle Umarbeitungen an. Zudem hatten wir unglaubliches Glück und konnten die ehemalige Leiterin der Vintage-Uhrenabteilung eines großen Auktionshauses als Mitarbeiterin gewinnen, die nach Franken gezogen ist.
BJ: Juwelier Bucherer hat in Düsseldorf einen eigenen Corner für Certified Pre-Owned Uhren eröffnet. Können Sie das verstehen?
KUHNLE: Absolut. Auch die Umsetzung des Vintage-Geschäftes bei Bucherer in Genf ist phänomenal gelungen. Es ist ein wunderschönes, exklusives Vintage-Juweliergeschäft geworden. Der Markt ist so groß, da stören sich mehrere Anbieter überhaupt nicht.
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