Bewegung am Diamantmarkt: Der Diamant ist ab sofort ein Mehrzahlwort

Bewegung am Diamantmarkt Labordiamanten

Natur- versus Labordiamant? Eine Frage der Überzeugung. © Blickpunkt Juwelier

Auch in der Uhren- und Schmuckbranche hat das Schlagwort „Stillstand ist Rückschritt“ seine Berechtigung. Dabei kommt die Branche aktuell durch die Diskussion um künstlich erzeugte Diamanten in den Genuss eines echten Turbos, wie sie ihn eigentlich nur wünschen konnte. Denn egal, ob pro oder contra LGD, der Meinungsaustausch wird sowohl in der einen wie auch der anderen Richtung für echte Bewegung sorgen.



Über 50 Jahre sind vergangen, seit zu Beginn der 1970er-Jahre die ersten künstlichen Diamanten in Edelsteinqualität erzeugt wurden. Anfängliche Verfärbungen und Einschlüsse, wie sie in den ersten Stadien der Produktionsprozesse üblich waren und schrittweise durch wachsendes Verfahrensknowhow beseitigt wurden, sind heute kein Thema mehr. Der weltweite Bedarf an laborgezüchteten Diamanten wächst – nicht zuletzt bedingt durch die wirtschaftliche Einsatzbreite beispielsweise bei hochwirksamen Schneidegeräten – stetig und findet auch im Juwelier- Fachbereich seinen Niederschlag: Erstmals ist es möglich, den ominösen Ein-Karäter, jenen Inbegriff eines prestigiösen Schmuckstücks und ‚must have‘, in einer für breitere Käuferschichten interessanten und auch leistbaren Preislage anbieten zu können. Der Solitär, gleich ob französischsprachig als ‚Solitaire‘ oder in deutscher Schreibweise zum Stein der Begierde erkoren, rückt durch die LGD-Qualität aus dem Luxus-Exklusivsegment auf in ein durchaus neues Segment. In diesem wird es KundInnen nun leichter gemacht zu sagen: „Ja, ich will (kaufen)“, da der VK-Preis einen wesentlichen Entscheidungsfaktor für den Erwerb des LGD-Steins-der-Begierde darstellen wird.

Ich denke nicht, dass synthetische Diamanten zukünftig eine große Rolle in unserem Sortiment spielen werden.

Ferdinand B. Eppli, GeschäftsLeitung Eppli

GD – wie positioniert sich der Fachhandel?

Dabei wird sicherlich auch die Positionierung und der Rückhalt des Fachhandels eine wesentliche Rolle für die Konsumenten spielen. Denn das Thema LGD macht zumindest zwei Betrachtungs oder Herangehensweisen möglich: Ein kundenorientiertes und pragmatisches Angebotsdenken, das LGD und Minendiamanten nebeneinander stellt. Im Sinne von: Wenn es der Kunde wünscht oder explizit vermehrte LGD-Nachfrage zu ordern ist.

Oder der Fachhändler im wahrsten Sinn des Wortes den ‚Exklusiv‘-Standpunkt vertritt, der LGD-Diamanten als künstliche vom Angebot neben ‚echten‘ ausschließt. Für beide Standpunkte werden sich Für und Wider-Argumente finden lassen. Ausschlaggebend wird sein, ob das LGD-Angebot kurz- und mittelfristig zu echter Umsatzsteigerung führen kann. In diesem Kontext sei auf die Frage hingewiesen, ob ein offen ausgetragener ‚Richtungsstreit‘ unter den ausgewiesenen Experten, den Juwelier-Fachhändlern, auch wirklich positive Effekte für die Kunden mit sich bringt. Denn eines gilt es sicherlich zu vermeiden, nämlich die Kunden zu verunsichern. Sachliche Diskussion, gut belegbare und ausgewogene Argumentation für echte wie auch LGD-Diamanten könnte und wird der Branche bessere Dienste leisten als ein Richtungsstreit, dessen Ausgang zu gegebenem Zeitpunkt völlig ungewiss ist.

Bucherer Diamantschmuck Diamanten
Bucherer setzt ausschließlich auf natürliche Diamanten in seinem Angebot. © Bucherer

Aus strategischer Sicht sehen wir zur Zeit für unser Unternehmen keine Notwendigkeit, Schmucklinien mit Diamantsynthesen anzubieten.

Kim Eva Wempe, CEO Wempe

Vertrauen durch Kompetenz

Kunden erwarten vom Fachhändler zuvorderst: Antworten und Alternativen. Das ist beim LGD nicht anders, der logischerweise, da noch nicht breit im allgemeinen Bewusstein verankert, ein ‚Mehr‘ an Aufklärungsbedarf mit sich bringt. Da ist es nicht schlecht zu wissen, wie ungefähr das HPHT (hoher Druck & hohe Temperatur)- oder das CVD (zu Deutsch: Chemische Gasphasenabscheidung)-Verfahren zur Gewinnung künstlicher Diamanten erklärt werden können.

Da synthetische Diamanen beliebig produzierbar sind und derzeit einem - teilweise - extremen Wertverfall unterliegen, ist eine valide Prognose nicht möglich.

Roland Kaulfuß, CEO Kraemer Gruppe

Gute Info bringt Kundennähe

Je besser der Kunde Erzeugung und Rahmenbedingungen versteht, desto näher ist er am Produkt. Chemisch-physikalische Übereinstimmung natürlicher und künstlicher Diamanten und – last but not least – ein entsprechendes Zertifikat werden wohl das Zünglein an der Waage für die Kunden-Entscheidung sein.

Rauschmayer LGD Diamanten
Rauschmayer ist davon überzeugt, dass es für beide Steinvarianten einen Markt gibt. © Rauschmayer

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Wer bestimmt die Nachfrage? 

Was seit Jahrzehnten sickert, ist nun Tatsache geworden: Der Diamant, der Ein-Karäter, der Verlobungsring ist in seiner Qualität nicht mehr so eindeutig bestimmt wie der ihm zugrunde liegende Anlass.


Antrag bleibt Antrag, edles Geschenk bleibt Wertschätzung. Ob der Diamant ein LGD ist oder ein natürlicher, ist letztlich eine Frage des ethischen Konsumverhaltens (und natürlich der finanziellen Möglichkeiten). Der Schmuck-Fachhandel wird sich die Frage stellen dürfen: Wer bestimmt die Nachfrage, das Kaufverhalten?

Bestimme ich als Anbieter, indem ich offen auf die Kunden-Wünsche und Vorstellungen zugehe und ein LGD-Sortiment inklusive Info speziell für jüngere Kunden (apropos Ethik & Konsum!) vorsehe? Oder ist Zuwarten besser, bis die (LGD)Absatz-Statistik stärker zur Angebotserweiterung motiviert? Zaudern ist im Handel bestimmt kein Erfolgsrezept. Wer rechtzeitig erkennt, der bestimmt.


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