Was es also braucht, sind zuverlässige Partner, auf die man vertrauen kann. © Citizen
Beginnen wir mit der Königsklasse in Sachen Fachhandelstreue – der Zuverlässigkeit. Der Uhrenfachhandel braucht also Marken, die zuverlässig sind und zu ihm halten, die alle Ersatzteile für den Juwelier zur Verfügung stellen, einen funktionierenden After-Sales-Service bieten und mit einem aktiven Außendienst punkten können. Was gibt es zu beachten?
Der stationäre Fachhandel, wie wir ihn im DACH-Raum kennen, ist ein Relikt aus früheren Zeiten, das es so international kaum noch gibt. Schon ein Blick ins Nachbarland Polen zeigt, dass sich der Markt dort mit zwei bis drei Großabnehmern zu beschäftigen hat – was natürlich für die Hersteller und Lieferanten weitaus komfortabler und unkomplizierter ist. Ein Beispiel dafür ist W. Kruk, ein Filialist mit über 160 Filialen in ganz Polen, der seit 1840 besteht. Ein solch großes Filialnetz bedeutet für die Marken kaum Aufwand, da der gesamte Einkauf auf den großen Messen abgewickelt werden kann und die Konzerne nur einmal handeln und verhandeln müssen, um die Konditionen für das nächste Jahr (oder die nächsten Jahre) zu vereinbaren. Der deutsche Fachhandel ist da für die Marken mit deutlich mehr Aufwand verbunden. Doch die hohe Potenz des deutschen Marktes ist immer noch unerlässlich für viele Uhrenhersteller. Weshalb Deutschland immer noch als wichtiges Abnehmerland gilt. Allerdings gibt es einen Trend, der besorgniserregend scheint: Ressourcen-Einsparungen. Denn die großen Konzerne legen ihre Strategie immer mehr auf Gewinnmaximierung aus. Da kann es schon passieren, dass Aufwand reduziert und Fachhändler gestrichen werden müssen. Nicht ob der schlechten Zahlen, die sie erwirtschaftet hätten, sondern ob der komplizierten Betreuung übers Jahr.
Die Vorleistungen des Deutschen Fachhandels
Und doch könnte man sagen, dass der deutsche Uhrenfachhandel für viele Marken sozusagen in Vorleistungen gegangen ist. Denn es gibt einige Marken, die vom Fachhandel gut aufgebaut wurden und denen eine Chance gegeben wurde, als sie noch wenig bekannt oder ganz neu waren. Dadurch sind in der Branche aber auch Abhängigkeiten von einigen Marken entstanden, die es scheinbar unmöglich machen, sich von ihnen zu trennen. Es ist wie mit einer sehr langen Beziehung, die aber eigentlich für beide Seiten mehr als Belastung denn als Bereicherung angesehen wird. Trennt man sich also wirklich von solch langjährigen Partnern oder hält man ihnen trotz der Umstände immer noch treu die Stange? Sagen wir so: Die großen Konzerne würden wohl nicht lange zögern, wenn es darum geht, ihre eigene wirtschaftliche Lage zu verbessern. Es heißt also, abzuwägen, ob die Partnerschaft den Aufwand noch wert ist.
Zuverlässigkeit punktet
Was es also braucht, sind zuverlässige Partner, auf die man vertrauen kann. Und das gilt für beide Seiten gleichermaßen – sowohl für Juweliere als auch für Lieferanten. Denn auch der Fachhandel ist gefordert, seinen Teil beizutragen, anzubieten und so seinen Anteil zum Erfolg zu leisten. Dazu braucht er Lieferanten, die hinter ihm stehen – und das nicht nur dann, wenn das Geschäft brummt und die Kasse klingelt, sondern auch dann, wenn es schwieriger wird und die Zeiten herausfordernder. Denn genau dann ist diese Hilfe gefragt. Und dann zeigt sich auch, wer wirklich zuverlässig mit seinen Partnern umgeht. Wer solche Tiefs durchtaucht, kann in Hochzeiten darauf zurückblicken und sich erinnern, wer für ihn da war. Und das gilt eben für beide Seiten. Soll aber nicht heißen, dass Marken und/oder Juweliere um jeden Preis „mitgenommen“ werden müssen. Wirtschaftliches Denken und kaufmännische Überlegungen müssen natürlich auch gesehen werden – und sind völlig legitim. Große Konzerne vergessen darauf meist nicht – es kann aber sein, dass der eine oder andere Juwelier dieser oder jener Marke nur treu bleibt, weil es in der Vergangenheit „so gute Zeiten gegeben hat“. Wenn diese allerdings schon so lange zurückliegen und die Bilanz am Ende des Jahres etwas anderes sagt, muss auch mal ein Schlussstrich gezogen werden. Damit der Platz und das Engagement für jene Marken freigemacht werden kann, die es brauchen.
Gerade jungen Kunden ist das arrogante Gehabe mancher Marken zuwider. Viele Marken neigen zur Selbstüberschätzung.
Da steh’ ich voll hinter
Es braucht also auch eine klare Bekenntnis vom Fachhandel zu seinen Marken. Mit einer „Da steh’ ich voll hinter”-Strategie wird er einerseits dem Kunden gegenüber glaubwürdig sein, andererseits auch mit Freude und Begeisterung verkaufen können. Es entsteht eine Win-Win-Situation für Händler und Lieferant. Das ist aber nur möglich, wenn es sich nur um einige wenige Marken handelt, hinter denen der Fachhändler mit seinem Namen steht. Denn mit einem Konglomerat aus schier unzähligen Marken kann sich der Händler nicht so beschäftigen und allen jene Aufmerksamkeit widmen, die sie verdienen würden.
Es ist wie mit dem Fisch
Auch hier kann ein Vergleich mit der Gastronomie gezogen werden: Wer Fisch auf seiner Speisekarte anbietet, braucht mehr Auswahl als nur Forelle, um glaubwürdig als Experte in Sachen Fisch aufzutreten. Es muss nicht immer gleich der Seehecht, der Kabeljau und das Thunfischsteak sein, aber ein oder zwei Alternativen sind schön, um Kompetenz zu zeigen.
So verhält es sich auch beim Uhrenfachexperten mit der Auswahl an verschiedenen Marken. Pro Segment, das er bedient, zwei oder drei Marken anbieten zu können, zeugt von Kompetenz und Glaubwürdigkeit. Dadurch kann er auch hinter jeder Marke stehen und sie so präsentieren, wie es notwendig ist. Der Kunde wiederum profitiert von einer kuratierten Auswahl seines Juweliers, der er vertrauen kann und für deren Qualität der Fachhändler seinem Kunden gegenüber bürgt.