Es geht um die Zukunft: Juweliere und Lieferanten liefern sich in der Facebook-Gruppe von „Blickpunkt Juwelier“ derzeit eine heiße Diskussion.
In der Facebook-Gruppe von „Blickpunkt Juwelier“ hat sich eine überaus wertvolle und konstruktive Diskussion entwickelt. Es geht um nichts Geringeres als die Daseinsberechtigung des stationären Schmuck- und Uhrenfachhandels. Welche Zukunftschancen hat der Juwelier? Die Diskussion ist eröffnet.
Nach derzeitigem Stand dreht sich die aktuelle Diskussion vor allem um die Herausforderungen durch den Lockdown, die Frage der Wichtigkeit von Handelsware, und die Chancen, die sich durch Digitalisierung und Positionierung ergeben.
Die Diskussion eröffnet hatte Maibritt Engelhardt, von Terlau Uhren, Schmuck und Augenoptik aus Hagen. In ihren Überlegungen hat sie wichtige Themen angerissen, die in der folgenden Diskussion unter den Branchenteilnehmern oft zitiert wurden (den Beitrag im Original-Wortlaut lesen Sie unten):
Problem Handelsware:
Maibritt Engelhardts Grundthese: „Der Kauf von fertiger Handelsware scheint den Kunden schlicht und ergreifend zu anstrengend.“ Und: Der Verbraucher werde derzeit mit harten Maßnahmen dazu umerzogen, möglichst alles online zu kaufen. Der stationäre Kauf gelte als Infektionsrisiko und sei unzumutbar verkompliziert worden. Maibritt Engelhardt nachdenklich: „Ob wir die Käufer zurückerobern können, ist fraglich.“
Chance Werkstatt:
Nach Einschätzung von Maibritt Engelhardt gibt es zwei positive Signale aus der Werkstatt. Erstens: Sie sei gut ausgelastet. Zweitens: Die Arbeit in der Goldschmiede habe sich weg von Reparaturen hin zu mehr Anfertigungen verschoben.
Herausforderung Lockdown:
Nach Ansicht von Maibritt Engelhardt wird der Juwelier durch den Lockdown um seine Kernkompetenz gebracht: die Beratung. Die Möglichkeiten würden durch die Pandemie versperrt. Maibritt Engelhardt: „Die persönliche Atmosphäre ist durch Telefon- und Onlineberatung schwerlich herzustellen. Der uns allen bekannte ‚Funke‘ zwischen Käufer und Verkäufer springt nicht so leicht über.“
Chancen Handwerk & Individualität:
Versöhnlich und optimistisch schließt Maibritt Engelhardt ihre Ausführungen: „Was uns aber bleibt, ist das Handwerk, die Handwerkskunst, die Kreativität, die Individualität. Auf diesen Gebieten sind wir unschlagbar.“
Der Beitrag von Maibritt Engelhardt im bearbeiteten Wortlaut:
“Es sieht derzeit tatsächlich nach einem Wandel aus. Der Kauf von fertiger Handelsware scheint den Kunden schlicht und ergreifend zu anstrengend, Click/Call & Collect läuft schleppend. Ohne es werten zu wollen: Der Verbraucher wird gerade mit harten Maßnahmen dazu umerzogen, möglichst alles online zu kaufen, was zuvor auch stationär erhältlich war. Der stationäre Kauf gilt als Infektionsrisiko und ist unzumutbar verkompliziert worden für den König Kunden. Ob wir die Käufer zurückerobern können, ist fraglich.
Die Werkstätten hingegen sind gut ausgelastet, prozentual hat sich die Arbeit in der Goldschmiede weg von Reparaturen hin zu mehr Anfertigungen verschoben.
Umso wichtiger finde ich es, zu erwähnen, dass die Handwerksbereiche durch die Corona-Schutzmaßnahmen auch in Hybridbetrieben derzeit eigentlich gar nicht eingeschränkt sind. Ein verantwortungsbewusster Umgang mit dieser Situation unter Berücksichtigung des Infektionsschutzes sollte selbstverständlich sein.
Ich gebe zu, ich bin noch etwas zu langsam und nicht 100%ig bereit dazu, zu lange tanzten wir auf allen Hochzeiten und es ging uns gut damit. Aber nun sagt die Tendenz folgendes: Goldschmiede und Uhrmacherwerkstatt vergrößern, weniger Handelsware anbieten.
Wenn wir gefragt wurden, wie wir uns dem Onlinehandel entgegenstellen, konnten wir immer selbstbewusst antworten: ‘Unsere Kernkompetenz ist die gute Beratung, die auch mal länger dauern darf. Es geht um das echte Lächeln, das Persönliche und die Nähe zum Kunden. Eben ein jahrelang aufgebautes Vertrauen.' Dieser Weg wurde uns durch die Pandemie versperrt, die persönliche Atmosphäre ist durch Telefon- und Onlineberatung schwerlich herzustellen. Der uns allen bekannte ‘Funke' zwischen Käufer und Verkäufer springt nicht so leicht über.
Den Kunden bleiben unkomplizierte Ausweichmöglichkeiten im Internet und teilweise in den Nebensortimenten großer Supermärkte, an die sie sich schnell gewöhnen werden. Selbst im oberen Preissegment scheint der Onlinekauf sich immer größerer Beliebtheit zu erfreuen.
Was uns aber bleibt, ist das Handwerk, die Handwerkskunst, die Kreativität, die Individualität. Auf dem Gebiet sind wir unschlagbar. Ich denke, daraus sollten wir etwas machen.”
Lesen Sie morgen in Teil 2 unserer Serie, was Christoph Paukner zum Thema sagt.
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