
Professionelles Auftreten: Der Juwelier hat den Trumpf bereits in der Tasche – die Fachexpertise und qualitative Beratung sind auf seiner Seite. Jetzt muss dieses Blatt nur noch gut ausgespielt werden! © BPJ
Ein Umsatzerlös von bis zu 20.000 € im Monat spricht eine deutliche Sprache. Doch in Deutschland herrscht Zurückhaltung, was den Ankauf von Sekundärgold angeht – sogar große Juweliere wie Wempe und Bucherer oder lokale Kaiser wie Mühlbacher in Regensburg sehen sich davon abgehalten, Goldankauf gezielt anzusteuern oder gar direkt zu promoten. Doch kann sich der Fachhandel diesen Verlust an andere Anbieter leisten? Und wie geht es weiter?
Für Kunden stellt sich beim Kauf eines Schmuckstückes immer wieder die Frage des Preises, vor allem weil der Goldpreis selbst unter Laien regelmäßig verfolgt wird. Aber der Preis ist nicht alles. Mittlerweile ist auch die Frage nach der Herkunft des Goldes ein nicht zu unterschätzender Faktor. Kunden interessieren sich nicht nur dafür, ob die Lebensmittel, die sie kaufen, biologisch und regional sind. Auch bei anderen Konsumgütern wird Herkunft und Umfeld hinterfragt. So auch bei Edelmetallen: Das Bewusstsein für die Arbeitsbedingungen, unter denen Gold abgebaut wird, und die Umweltschäden, die beim Abbau entstehen, ist bei Konsumenten mehr als präsent. Die Frage nach „fairem Gold“ oder „konfliktfreiem Gold“ wird immer häufiger gestellt, sodass sich einzelne Anbieter schon gezielt auf das Angebot von fair gewonnenem oder recyceltem Gold spezialisiert haben und größere Scheideanstalten in Deutschland in den letzten Jahren einen Boom verzeichnen können.
Fairtrade oder Recycling
Gold, das unter dem Fairtrade Siegel gehandelt wird, garantiert einen Abbau, bei dem die Beschäftigten einen fairen Lohn erhalten. Vornehmlich betrifft diese Regelung kleine Bergbau- und Minenorganisationen und deckt den gesamten Lieferweg ab. Während der Großbergbau eine Vorzugsstellung genießt, sind kleingewerbliche Minenarbeiter oft auf benachteiligte Gegenden angewiesen, bei denen die Arbeitsbedingungen oftmals gesundheits- oder sogar lebensgefährlich sind. Minen, die unter dem Fairtrade Siegel agieren, verpflichten sich zu erhöhten Sicherheitsbedingungen, Schulungen und dem Verbot von Kinderarbeit. Fairmined Gold ist also zumindest was die Arbeitsbedingungen der Minenarbeiter angeht eine Garantie für den Konsumenten. Ein großes Thema ist hier allerdings nach wie vor die Umweltbelastung. Für viele Kleinbergbauorganisationen ist es finanziell nicht möglich, auf umweltfreundliche Chemikalien umzusteigen, weshalb nach wie vor Quecksilber und Zyanid verwendet werden, um das Gold auszuwaschen. Auch hier werden Ansätze getätigt, um Kleinminen auf lange Sicht zu unterstützen, die Umweltbelastung zu reduzieren.
Eine andere Methode, um konfliktfreies Gold anbieten zu können, ist die Verwendung von Recycling-Gold, also eingeschmolzenem und wieder aufbereitetem Edelmetall. Darunter fallen Zahngold, Elektronikschrott und alte Schmuckstücke – durch Elektrolyse lässt sich das Gold auf einen Feingehalt von 999,9 hoch raffinieren und ist damit beliebig oft wieder neu einsetzbar. Die Vorteile gegenüber Primärgold sind unter anderem die sehr viel kürzeren Lieferwege, der minimale Einsatz von Chemikalien und die damit verbundene Umweltschonung. Der ökologische Fußabdruck von Recycling-Gold ist nämlich um einiges kleiner als der von Primärgold: Nur etwa 53 kg CO2 fallen pro kg recyceltem Gold an – bei neu abgebautem Gold sind es 10-20 Tonnen CO2 pro kg. Für den Juwelier liegt vor allem in dieser Methode der Schlüssel zur Kommunikation mit der Generation Z und den Millennials, denen Transparenz zunehmend wichtiger wird.
Der Juwelier als Vertrauensperson
„Der Konsument vertraut dem Juwelier beim Gold am meisten. Daher muss dieser sich hier klar definieren. Schließlich geht es um seine Glaubwürdigkeit.“, so Alexander Skrein bereits 2015. Und wer, wenn nicht der Juwelier kann den Kunden einen transparenten Umgang mit ihrem Gold garantieren? In vielen deutschen Städten zeigen sich auf belebten Straßen Werbungen für zahlreiche Goldankauf-Stores – doch handelt es sich dabei kaum um Fachhändler, geschweige denn Juweliere, die sich lieber dezent geben und im Hintergrund halten – vielleicht einen Imageverlust als Juweliere befürchten. Das Ergebnis der Zurückhaltung? Anderen Anbietern wird ein Gewinn von 10 bis 15 Prozent vom Einkaufswert überlassen. Für BPJ ist klar: Der Fachhandel kommt um die Beschäftigung mit dem Ankauf von Altgold nicht herum – der logische nächste Schritt ist das Folgegeschäft als Atelier. Mit dem Atelier kann sich der Juwelier aktiv als Goldankäufer etablieren, der aus dem Sekundärgold neue Wunschstücke fertigt. Der gekonnte Auftritt ist damit wichtiger Bestandteil des Erfolgs. Ein seriöses Image und hoher Anspruch führen zum Erfolg. Ein anonymer Rolexanbieter stellt klar, dass seine Kunden auf Vertrauensbasis zu ihm kommen, und damit einen möglichen besseren Preis bei Alternativanbietern ausschlagen. Damit ist auch der erste Schritt zur Kundenbindung getan, denn wenn der Juwelier als seriöser Ankäufer auftritt, können sich Kunden auch später entscheiden, ein neues Schmuckstück im Atelier in Auftrag zu geben.
Bild 1: Stark im Kurs. Der Goldpreis steigt und viele wollen verkaufen. Doch etliche Kunden bringen ihr Altgold noch nicht zum Juwelier, sondern zu anderen Anbietern ‑ dem muss der Juwelier mit seriösem Auftreten entgegenwirken. // Bild 2: Offizielles Qualitätssiegel. Mit der 100% Goldrichtig Plakette von Blickpunkt·Juwelier kann sich der Juwelier klar als Experte ausweisen – und schon im Schaufenster Professionalität ausstrahlen. // Bild 3: Juwelier Ich? Atelier Ich! Aus alt mach neu: Das angekaufte Sekundärgold wird in Scheideanstalten aufbereitet und kommt schließlich im Atelier des Juweliers zum Einsatz. So ist ein nachhaltiger Kreislauf gewährleistet. © Freepik/ BPJ
Eine neue Spezialisierung
Etliche Juweliere und Goldschmiede haben sich schon ganz gezielt auf den Themenkomplex konfliktfreies und nachhaltiges Gold spezialisiert. So beispielsweise Jan Spille aus Hamburg, der seit 2003 Schmuck aus Eco- und Fairtrade-Edelmetallen anbietet und seit 2015 als erstes deutsches Schmuckunternehmen Fairtrade-zertifiziert wurde. Spille nennt die Generation ab 30 als jene Kundengruppe, die sich nach Alternativen umsehen. Vor allem bei Trauringen kommen Kunden häufig mit dem Wunsch nach einem Material, dass sich mit gutem Gewissen kaufen lässt. Auch im Nachbarland Österreich werden zunehmend Juweliere und Goldschmiede aktiv, so beispielsweise die Schmuckwerkstatt Skrein in Wien. Alexander Skrein stellte 2013 den gesamten Betrieb auf faires und recyceltes Gold um, Marie Skrein führt das Geschäft im selben Sinn weiter. Auch hier ist es das junge Publikum, das sich informiert und mit klaren Vorstellungen ins Geschäft kommt. Skrein glaubt fest daran, dass der Druck von Konsumentenseite steigen wird und schlussendlich auch das Zünglein an der Waage für viele sein wird.
Auch große Anbieter sind Teil des Prozesses, so ist beispielsweise Cartier Gründungsmitglied des Responsible Jewellery Council und arbeitet nur noch mit Zulieferern zusammen, die den Standards des Councils einhalten. Transparenz ist dabei oberste Priorität – die Verbraucher von morgen legen schon heute Wert darauf, dass Konsumgüter nicht nur qualitätvoll und hochwertig sind, sondern dass Anbieter auch klar kommunizieren, woher die verwendeten Rohstoffe stammen.
Die Geschichte geht in Kürze weiter: Individualität punktet, Meaningful Brands, Atelier im Fokus und vom Ankauf zur Weiterverarbeitung.
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