Verpackungs-Spezialist Dahlinger feiert sein großes 150-Jahr-Jubiläum 2021 nicht mit einer zeitlosen, klassischen Sonder-edition, sondern mit einer goldfarbenen, eher romantischen Verpackungsserie. Bernd Dahlinger dazu: „Wir verbinden die 150 Jahre mit der Farbe Gold.“
Nachgefragt. Gelbgold ist nicht nur als Schmuckmaterial derzeit stark gefragt. Bei Verpackungs-Spezialist Dahlinger zeigt sich, dass goldfarbige Verpackungen und überhaupt exklusive Verpackungen hoch im Kurs der Juweliere stehen. Über aktuelle Entwicklungen sprachen wir mit Bernd Dahlinger, Geschäftsführer Ch. Dahlinger.
Blickpunkt Juwelier: Wie ist Ihr Status Quo in Bezug auf den Uhren- und Schmuckfachhandel: Spart der Juwelier eher oder nutzt er die Zeit, sich neu aufzustellen?
Bernd Dahlinger: Diese Frage kann man nicht einheitlich beantworten, da der Uhren- und Schmuckhandel sehr unterschiedlich von der Pandemie betroffen ist. Wir sehen, dass die Juweliere im mittleren und hochwertigen Preisbereich weniger negativ betroffen sind, da dort die Kundschaft kaum wertige Produkte online einkauft, da es ihnen vor allem zu riskant ist, möglicherweise minderwertiger Ware von nicht bekannten Anbietern aufzusitzen. Dies haben wir deutlich jeweils nach dem Ende einer jeden Lockdown-Phase auf unseren Absatzmärkten im In – und Ausland festgestellt. Diese Juweliere nutzen die Krise teilweise auch, um sich neu aufzustellen. Dazu zählen sowohl der Auf- bzw. Ausbau der Online-Präsenz, aber auch Investitionen in Systeme zur Präsentation und Aufbewahrung. Gerade in einer solchen Krise spüren viele Juweliere, wie wichtig eine starke Marke ist, wie wichtig ein gelungenes Corporate Design ist, das sich vom Geschäft über die Website bis hin zur Verpackung durchzieht. Einige Kunden nutzen die Zeit gerade und verleihen ihrer Marke einen neuen Anstrich.
BJ: Wie hat sich der Juwelier im Vergleich zu Ihren anderen Handelsbereichen und Branchen entwickelt?
Dahlinger: Hierzu muss ich vorwegschicken, dass sich in der Sparte Facheinzelhandel zwei Drittel unseres Geschäfts vorwiegend im europäischen Ausland abspielt, ein Drittel in Deutschland. Das Geschäft mit den Juwelieren hat sich insgesamt zu unserer großen Überraschung stabil entwickelt. Es gibt selbstverständlich Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern, die weniger von Lockdowns betroffen sind und solchen, die sehr intensiv mit Lockdowns zu kämpfen haben. Eine weitere Feststellung betrifft Orte, die als Tourismus-Hotspots bekannt sind und die von zahlungskräftigen Touristen aufgesucht werden (zum Beispiel Paris, Rom, München etc.). Aufgrund der internationalen Reiserestriktionen leiden insbesondere die namhaften Juweliere an solchen Orten.
In Bezug auf die Uhrenbranche stellten wir fest, dass die Topmarken weiterhin sehr gefragt sind. Schwieriger verläuft das Geschäft mit den mittel- und niedrigpreisigen Uhrenmarken. Ähnliches gilt für die Schmuck- und Schreibgerätebranche in Bezug auf diese Preisbereiche. Bei den Schreibgeräten kommt eine Besonderheit hinzu, dass Handgeschriebenes aufgrund der vorrückenden digitalen Kommunikationsmittel immer mehr an Bedeutung verliert.
Im Bereich der hochwertigen Spirituosen fällt besonders auf, dass Firmen, welche den direkten Zugang zu ihren Kunden aufgebaut haben, recht gut durch die Pandemie kommen, andere erleiden herbe Rückgänge. Dies wird sich auch so lange nicht ändern, bis dass der Travel Retail wieder funktioniert, sprich die zahlungskräftigen Touristen und Geschäftsreisenden in den Duty-Free Geschäften und in den Flagshipstores der Tourismus-Hotspots wieder ihre Einkäufe tätigen können.
Zwar nehmen wir insgesamt eine Verschiebung hin zu digitalen Kanälen wahr, gerade was die Präsenz und Aktivität auf Social Media angeht, nichtsdestotrotz werden die stationären Einbußen dadurch nicht aufgefangen. Gerade was hochpreisigen Schmuck betrifft, sehen wir ganz klar, wie wichtig das Vertrauen in den Facheinzelhandel vor Ort für die Verbraucher ist.
BJ: Im Sommer/Herbst 2020 kam es zu einem kaum für möglich gehaltenen Nachholeffekt. Nur die wenigsten Juweliere waren unterm Strich unzufrieden mit dem Gesamtjahr 2020. Wird sich dies 2021 wiederholen?
Dahlinger: Eigentlich dürfte man davon ausgehen, dass sich nach dem Ende des Lockdowns wieder ein Nachholeffekt einstellt. Die Rahmenbedingungen für werterhaltende Schmuckstücke scheinen auf den ersten Blick optimal: Niedrige Zinsen, mangelnde lukrative Anlagealternativen, die umfassenden Reiserestriktionen. Der erhoffte Nachholeffekt ist jedoch auch davon abhängig, inwiefern auch andere Restriktionen zu diesem Zeitpunkt gelockert werden beziehungsweise ganz wegfallen. Sollte nach dem nächsten Lockdown wieder normaler Freizeitbetrieb möglich sein, beispielsweise was das internationale Reisen oder die Restaurantbesuche angeht, so wird sich das Budget des Konsumenten aus meiner Sicht verstärkt diesen Bereichen zuwenden, da dort mit Sicherheit aus Sicht der Konsumenten der größere Nachholbedarf besteht.
BJ: Gab es in anderen Ländern ähnliche Entwicklungen nach Lockdowns?
Dahlinger: Ja. Als herausragendes Beispiel neben Deutschland hat sich Frankreich unglaublich gut entwickelt und nach dem Lockdown im Spätherbst einen regelrechten Boom erlebt, der sich bis in den März dieses Jahres hineingezogen hat. Es ist ganz klar: Es wird eine Zeit nach der Pandemie geben. Und eine Zeit nach dem Lockdown. Es gibt sehr, sehr viele Gründe zuversichtlich zu bleiben.
BJ: Gibt es Ihrer Meinung nach Alternativen für den Juwelier zum Upgrade, zur höherwertigen Positionierung, zum Weg nach oben?
Dahlinger: Der Juwelier muss zunächst alles daransetzen, auch zukünftig für seine Kundschaft sichtbar zu sein. Dies bedeutet, dass er seine Online-Präsenz intensiv ausbauen muss. Dazu gehört dann auch, dass die Online-Präsenz bei der Anbahnung von Geschäften unterstützen kann (z.B. über Social Media oder ein Online-Beratungskonzept). Der Juwelier muss es schaffen, die Vorteile, die er seinen Kunden vor Ort bietet auch auf andere Kanäle zu übertragen. Er sollte sein kompetentes Fachwissen sowie das Vertrauen, dass Kunden in ihn haben, gegenüber dem 08/15-Onlinehandel gezielt einsetzen und dadurch überzeugen. Diese Dienstleistung online gut zu positionieren und zu vermarkten ist eine große Aufgabe. Ein solcher Weg zu einem modernen Hybridkonzept führt meines Erachtens nach oben.
BJ: Hat der Juwelier mit starker Eigenmarke eine bessere Zukunft?
Dahlinger: Eine starke Eigenmarke – die Marke des Juweliers – ist sicherlich von Vorteil, um gerade der unberechenbaren Geschäftspolitik der Marken etwas entgegenzusetzen. Dies kann man als wichtigen Baustein der Zukunftssicherung des Juweliers sehen. Mit einer eigenen Schmuckmarke macht sich der Juwelier unverwechselbar. Viele Marken lassen sich auf einen Klick online finden, vergleichen und kaufen. Erst die eigene Schmuckmarke macht den Juwelier unverwechselbar und unvergleichlich und bietet eine ideale Möglichkeit sich als Marke zu etablieren.
BJ: Haben Sie eigentlich viele Kunden, die hochwertige Verpackungen ohne eigenes Logo bei Ihnen bestellen?
Dahlinger: Das kommt so gut wie nie vor. Selbst wenn unser Kunde einmal vergisst, seine Verpackungen nachzubestellen, und er aus Zeitgründen eine Lieferung innerhalb 48 Stunden ohne Druck wünscht, setzen wir alles daran, die Etuis doch mit Druck auszuliefern.
Unsere Verpackungen sind Teil des Marketings für unsere Kunden und dienen dazu, ihre Marke zu stärken. Deshalb ist eine Personalisierung unserer Produkte für unsere Kunden enorm wichtig.
BJ: Interessanterweise haben Sie zu Ihrem 150. Jubiläum im Jahr 2021 eine exklusive, limitierte Sonder-Edition herausgebracht, die mit goldfarbenem Papierüberzug und blumigen Ornament-Mustern eher romantisch und nicht zeitlos ist. Warum?
Dahlinger: Das Motiv gehört zu unserer Limited Edition, Ziel war es den aktuellen Zeitgeist zu treffen. Wir verbinden die 150 Jahre mit der Farbe Gold. Die Farbe verbindet für uns im Jubiläumsjahr die Begriffe Tradition & Jubiläum. Dies hat unsere Firma immer ausgemacht, traditionelle Werte mit modernen Zeitgeistthemen zu verbinden. Dies sichert uns die Weiterentwicklung und damit die Existenz.
Besonders unsere spanischen Kunden sind begeistert von dem Ornamente-Motiv, aber auch in Deutschland und Österreich findet es viel Anklang.
BJ: Auch die extravagante Serie SURPRISE 128 mit Hammerschlag-Optik und goldfarbenem Papierüberzug von 2017 hat sich zu einem Bestseller entwickelt. Was sagt Ihnen das über die aktuelle Zeit und Situation beim Juwelier?
Dahlinger: Diese Serie wurde 2017 ursprünglich als Jahresmotiv eingeführt, welches normalerweise ein Jahr in der Kollektion als Limited Edition verbleibt. Aufgrund des großen Erfolgs haben wir die Serie dauerhaft in unsere Kollektion übernommen und um die Farbe Silber ergänzt. Dieses Ergebnis zeigt uns, dass der Juwelier heute ausgefallene Produkte sucht, die sich im Design und/oder der Materialität aus der im Markt erhältlichen Fülle von vergleichbaren Produkten abheben. Der Erfolg spricht für sich und zeigt, dass auch unsere Kunden großen Wert auf einzigartiges Design und Wiedererkennung legen. Schlicht, elegant und doch etwas ganz Besonderes.
BJ: Die dritte Verpackungsserie mit goldfarbenem Papierüberzug, PURE 341, toppt in ihrer Exklusivität die beiden oben besprochenen Serien sogar noch. Auch sie verkauft sich derzeit sehr gut. Hätten Sie damit gerechnet?
Dahlinger: Ehrlich gesagt: Ja! Wir entwickeln unsere jährlichen Kollektionsneuheiten in einem Team aus Design, Produktentwicklung, Internationalem Vertreterrat, Vertrieb und Marketing. Diese Kompetenz ermöglicht uns, auf Basis der Kenntnisse über die Bedürfnisse unserer Märkte, Produkte für unsere Kunden zu entwickeln, die zumeist auch erfolgreich sind. Die Serie PURE 341 ist zeitlos, sehr puristisch und clean. Wir haben die Farbe Gold erst im Nachgang im Jahr 2016 eingeführt, weil wir diese Nachfrage auf dem Markt gesehen haben. Der mattschimmernde Goldton sticht ins Auge, ohne jedoch dem Schmuck die Show zu stehlen.