
Auch wenn diese durch wirtschaftliche Unsicherheiten gerade allgemein in der Branche schwankt, will Marie Osthues sich bei ihren Kunden durch ausgeprägtes Interesse an ihren Wünschen und Geschichten positionieren. © Osthues
Offen und ehrlich – Marie Osthues teilt im Interview mit Blickpunkt·Juwelier welche Herausforderungen des Unternehmertums sie durch ihr erstes Jahr als selbstständige Juwelierin in Münster kennengelernt hat, aber auch wertvolle Lektionen über Resilienz und Kundenbindung. Lassen Sie sich von ihren Erfahrungen inspirieren und entdecken Sie, was es wirklich bedeutet, in der Welt des Luxus als Nachfolgerin zu bestehen!
Marie Osthues, selbstständige Juwelierin in Münster, teilte in einem offenen LinkedIn-Beitrag ihre realistischen Erfahrungen aus dem ersten Jahr. Sie spricht Klartext über die Herausforderungen des Unternehmertums in einer Stadt voller namhafter Mitbewerber und zeigt, dass Selbstständigkeit mehr bedeutet als nur Schmuck zu verkaufen. Im Interview mit Blickpunkt·Juwelier enthüllt sie, wie sie Selbstzweifel überwindet, mit der Konkurrenz umgeht und was langfristiger Erfolg für sie bedeutet. Ihre ehrlichen Ansichten könnten nicht nur für angehende Juweliere inspirierend sein, sondern auch für alle, die nicht derart offen mit den veränderten Gegebenheiten am Schmuckmarkt umgehen können.

Blickpunkt·Juwelier: Was bedeutet Selbstständigkeit für Sie persönlich, insbesondere in der Juwelierbranche? Welche Aspekte sind am herausforderndsten?
MARIE OSTHUES: Selbstständigkeit bedeutet für mich sowohl Verantwortung als auch große Gestaltungsfreiheit. In der Juwelierbranche kann ich als Inhaberin kreativ arbeiten, selbst wenn ich nicht direkt am Werktisch stehe. Ich habe die Möglichkeit, mein Unternehmen aktiv zu formen und durch meine Entscheidungen den Charakter unseres Hauses prägen – das ist ein Privileg. In der alleinigen Verantwortung liegt aber auch die größte Herausforderung: ich bin verantwortlich für meine Mitarbeiter, für betriebliche Entscheidungen und für den wirtschaftlichen Erfolg. Besonders herausfordernd ist dabei die Sichtbarkeit und Messbarkeit meiner Entscheidungen.
BPJ: Sie haben in Ihrem Posting auf LinkedIn erwähnt, dass es nicht nur darum geht, Entscheidungen zu treffen, sondern auch hinter ihnen zu stehen. Können Sie uns das näher erläutern?
OSTHUES: Diese Erkenntnis ist vor allem durch meine noch jungen Erfahrungen im Tagesgeschäft gewachsen. Ein Beispiel: Wenn ich eine besondere Kollektion zusammenstelle oder eine neue Kampagne entwickle, kann ich mich nicht einfach zurückziehen, falls sie nicht so ankommt, wie ich es mir erhofft habe. Ich muss meine Entscheidungen mit Überzeugung vertreten, auch wenn sie hinterfragt werden oder sich nicht sofort als Erfolg entpuppen. Das bedeutet auch, flexibel zu sein, nachzusteuern und aus Rückmeldungen zu lernen, anstatt an Fehlentscheidungen zu verzweifeln.
BPJ: Wie sind Sie mit Selbstzweifeln umgegangen, wenn der Laden mal leer war?
OSTHUES: Ich nehme solche Momente bewusst wahr und sehe sie als Teil der Realität des Einzelhandels. Der Austausch mit anderen Unternehmern hilft mir sehr, um diese Phasen besser einzuordnen. Gespräche mit erfahrenen Kollegen, mit meinem Vater, sind wertvoll, weil sie mir andere Perspektiven und Einschätzungen geben. Manchmal brauche ich auch einfach jemanden, der mir sagt: „Du machst das gut. Du bist zu hart zu dir selbst.“ Selbstständigkeit kann einsam sein, deshalb ist es wichtig, Gedanken zu teilen und sich nicht nur in den eigenen Sorgen zu verlieren.
Langfristiger Erfolg bedeutet nicht nur wirtschaftliches Wachstum, sondern auch die Fähigkeit, aus Herausforderungen zu lernen.
BPJ: Wie definieren Sie langfristigen Erfolg für sich und Ihr Geschäft?
OSTHUES: Langfristiger Erfolg bedeutet für mich Wachstum, wirtschaftliche Erträge und eine steigende Relevanz unseres Hauses in der Welt der Haute Joaillerie. Es geht darum, unser Konzept weiterzuentwickeln und die nächste Stufe zu erreichen, ohne dabei die Kernwerte unseres Unternehmens aus den Augen zu verlieren.
BPJ: Welche Strategien nutzen Sie, um mental und emotional stark zu bleiben?
OSTHUES: Ich setze auf eine gesunde 70/30-Haltung: 70 Prozent volle Hingabe für meinen Beruf und 30 Prozent bewusstes Abschalten. Manchmal bedeutet das für mich, ein Glas Wein im Garten zu genießen und dabei die Welt für einen Moment Welt sein zu lassen. Diese kleinen Auszeiten halten mich mental fit und geben mir die Energie, später wieder mit voller Kraft durchzustarten.
BPJ: Welche Herausforderungen sehen Sie für die Juwelierbranche im Jahr 2025?
OSTHUES: Einer der größten Herausforderungen ist sicherlich der steigende Goldpreis, die wirtschaftliche Unsicherheit und die allgemein gedrückte Stimmung. Letzteres ist für uns das größte Thema – Schmuck verkauft sich mit purer Lebensfreude. Wir begegnen dem mit einem starken Fokus auf persönliche Beratung, außergewöhnliche Erlebnisse und hochwertigen, emotionalen Schmuck.
BPJ: Wie sehen Sie Ihre Position im Vergleich zu anderen Juwelieren in Münster?
OSTHUES: Ich sehe unsere Stärke vor allem in unserer ausgeprägten Kundennähe: Wir interessieren uns nicht nur für die Schmuckstücke, sondern für die Menschen dahinter. Dieses echte Interesse schafft Vertrauen und bildet die Basis für unsere Anfertigungen. Dabei haben wir stets das Gesamtbild im Blick – von der Auswahl der Edelsteine bis zur Präsentation. Von unseren Mitbewerbern lassen wir uns gerne inspirieren, besonders wenn es um neue Ideen oder digitale Trends geht, um unseren Kunden stets das beste Erlebnis zu bieten.

BPJ: Welche Marketingstrategien haben Sie in Ihrem ersten Jahr als selbstständige Juwelierin eingesetzt, um sich am Markt zu positionieren?
OSTHUES: Unser wichtigstes Medium ist und bleibt das Schaufenster – hier zeigen wir die Einzigartigkeit unserer Schmuckstücke direkt am Prinzipalmarkt. Persönliche Veranstaltungen spielen ebenfalls eine große Rolle. Social Media stärkt unsere Marke, generiert aber weniger direkte Kundschaft. Dennoch haben wir erstmals mit Influencern gearbeitet. Unsere digitale Präsenz, besonders die Website, wird immer wichtiger. Zudem profitieren wir von der Kaufmannschaft am Prinzipalmarkt, die durch gemeinsame Aktionen zur Sichtbarkeit (über die Stadt hinaus) beiträgt.
BPJ: Abschließend – welche Ratschläge würden Sie anderen Juwelieren geben, die in einer ähnlichen Situation sind?
OSTHUES: Ich bin erst ein Jahr in dieser Rolle – daher halte ich mich mit Ratschlägen zurück. Aber was ich sagen kann: Austausch hilft. Egal, ob mit anderen Unternehmern, Beratern oder Kollegen – unterschiedliche Perspektiven zu hören, kann den eigenen Blick schärfen und Entscheidungen erleichtern

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