
Albert Zeller, Inhaber und CEO von RC Tritec, nimmt die halbvollen Auftragsbücher zum Anlass, um an Zukünftigem zu forschen. © RC Tritec
Die Schweizer Uhrenindustrie steht unter Druck: geopolitische Spannungen, die schwächelnde Nachfrage in China und Unsicherheiten im US-Handel bremsen viele Hersteller aus. Doch während die Großen kämpfen, setzen andere auf Innovation, Eigenständigkeit und neue Märkte – mit Erfolg.
Schwere Zeiten für die Großen
Die jüngsten Zahlen zeigen ein trübes Bild: Gewinneinbrüche bei der Swatch Group, eine rote Null in der Uhrensparte von Richemont und historisch niedrige Exportzahlen im Juni. Vor allem die breite Kundengruppe der „Aspirational Clients“ – jene, die bis rund 5.000 Franken jährlich für Luxusgüter ausgeben – hält sich in unsicheren Zeiten zurück. Da sie rund 70 % des Marktvolumens ausmachen, trifft die Zurückhaltung die Industrie hart.
Ganz anders die Superreichen: Mit einem Jahresbudget von durchschnittlich 350.000 Franken für Luxusgüter gelten sie als krisenresistent. Diese „Beyond Money Customers“ stellen zwar nur 0,1 % der Käuferschaft, verantworten aber 20 % des weltweiten Luxusumsatzes. Ohne sie wären die aktuellen Zahlen noch düsterer.
Die Folge in der Schweiz: Kurzarbeit in dutzenden Betrieben. Allein im Jura mussten 96 Firmen mit fast 2.400 Beschäftigten auf staatliche Unterstützung zurückgreifen.

Die Macht der Unabhängigen
Doch während große Konzerne an Volumen und Preissensibilität leiden, zeigen kleinere, unabhängige Player, wie man gestärkt aus der Krise hervorgehen kann.
Horage
Die Bieler Marke, gegründet 2015, hat sich mit eigenen Uhrwerken, Hightech-Ansatz und digitalisierten Prozessen ein klares Profil geschaffen. Nur rund 30 Mitarbeitende produzieren 800 Uhren im Jahr – alle mit selbst entwickelten Kalibern. Gründer Andi Felsl setzt auf Expansion in die USA und erwägt sogar eine eigene Fertigung vor Ort. Damit könnte Horage nicht nur drohende Strafzölle umgehen, sondern auch einen Fuß in einem der wichtigsten Wachstumsmärkte der Welt setzen.
La Joux-Perret
Die Manufaktur aus La Chaux-de-Fonds zeigt, dass Zulieferer mit klarem Kundenfokus profitieren. Unter Leitung von Jean-Claude Eggen wuchs die Produktion von 7.500 auf 150.000 Werke jährlich. Heute beliefert man rund 100 Marken weltweit – darunter auch LVMH. Sogar Tiffany bewirbt seine neue Atlas-Uhr explizit mit einem Werk von La Joux-Perret.
RC Tritec
Der Weltmarktführer für Nachtleuchtpigmente reagiert mit Diversifizierung. Neben der Uhrenindustrie beliefert das Familienunternehmen auch die Pharma-Branche. Für Inhaber Albert Zeller ist die aktuelle Krise kein Stillstand, sondern eine Chance, Ressourcen in Forschung und neue Entwicklungen zu investieren. Statt Kurzarbeit heißt es hier: Fokus auf die Zukunft.

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