Handel: Klagewelle gegen Lockdown

Der Handel will endlich Öffnungsperspektiven für seine Geschäfte.

Der Handel will endlich Öffnungsperspektiven für seine Geschäfte.

Die Geduld des Handels ist am Ende. Viele Einzelhändler wollen Öffnungen nun per Gericht durchsetzen.


Auf die deutschen Gerichte rollt derzeit eine Klagewelle zu, mit der der Handel ein Ende der Ladenschließungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie erzwingen will.

Deutschlands größter Elektronikhändler MediaMarktSaturn hat beim Oberverwaltungsgericht Münster einen Eilantrag auf Aufhebung der Betriebsschließungen in Nordrhein-Westfalen gestellt. Anträge in weiteren Bundesländern sollen folgen. “Die bereits seit mehr als zwei Monaten bestehenden Betriebsschließungen in Deutschland sind unverhältnismäßig. Der Einzelhandel war nachweislich nie ein Infektionshotspot”, begründete Deutschland-Chef Florian Gietl den Schritt. Auch die Baumarktkette Obi, sowie die Textilketten Peek&Cloppenburg (Düsseldorf) und Breuninger ziehen vor Gericht. Zwar musste Breuninger vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim bereits eine erste Niederlage hinnehmen. Doch entmutigt das den Händler nicht: “Das Gericht hat signalisiert, dass der Ausgang des Hauptverfahrens offen ist. Wir sind optimistisch, dort doch noch recht zu bekommen”, sagte der Unternehmenssprecher.

Der Einkaufsverbund Unitex bereitet eine Sammelklage Hunderter Einzelhändler auf Schadenersatz vor. “Weit über 300 Händler beteiligen sich daran”, berichtete Unitex-Marketing-Chef Xaver Albrecht. Es gebe auch bereits die Zusage eines Prozesskostenfinanzierers, der eine Million Euro für die nächsten juristischen Schritte zur Verfügung stellen wolle.

Es ist unübersehbar: Der Handel rückt im Kampf gegen den Lockdown enger zusammen. Das spürte auch das schwäbische Modehaus Riani, das vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim auf Gleichstellung mit den Friseuren klagt und seine Geschäfte zum 1. März öffnen will. Der von Riani gestarteten Kampagne #HandelnfuerdenHandel haben sich mittlerweile mehr als 170 Einzelhändler und Modehersteller angeschlossen. Darunter bekannte Namen wie Gerry Weber, Marc Cain, Ludwig Beck und Hemdenhersteller Olymp.

Die neue Einigkeit im Handel wird aber auch an anderer Stelle sichtbar. Handelsketten, Shopping-Center-Betreiber und Mode-Macher forderten gemeinsam eine zeitnahe Öffnungsperspektive für den Handel. Der Eigentümer des größten deutschen Schuhhändlers Deichmann, Heinrich Deichmann, warnte, immer mehr Einzelhändler kämen in eine bedrohliche Lage. Es bestehe “die akute Gefahr, dass viele Menschen in der Branche in den nächsten Monaten ihren Arbeitsplatz verlieren und dass Ladenschließungen zur Verödung von urbanen Räumen führen”. Der stationäre Handel brauche “zeitnah alternative Öffnungskonzepte”.

Alexander Otto, Chef des Shopping-Center-Betreibers ECE, sagte, viele Händler stünden schon jetzt mit dem Rücken zur Wand: “Es drohen zahlreiche Insolvenzen und Pleiten, das Verschwinden hunderter Handelsunternehmen, die Schließung tausender Geschäfte und der Verlust zigtausender Arbeitsplätze.” Man werde die Innenstädte nicht mehr wiedererkennen. Dabei hätten Studien gezeigt, dass der Handel kein Infektionstreiber sei.

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Und der Chef des Bekleidungsherstellers s.Oliver, Claus-Dietrich Lahrs drängte darauf, eine Balance zwischen Gesundheitsschutz und Wirtschaftsinteressen herzustellen. “Wir müssen lernen, mit der Pandemie zu leben. Wir gehen fest von einer Wiederöffnung am 8. März aus. Wir brauchen diese verbindliche Öffnungsperspektive.” Andernfalls führe kein Weg an tiefgreifenden Restrukturierungen vorbei. “Bei uns geht es dann unmittelbar um viele Arbeitsplätze und um unsere Flächen in den Innenstädten”, warnte er. (Quelle: Dpa)

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