© Görtz/ Galeria/ Peek & Cloppenburg
Nach Görtz und Galeria steht der dritte große Filialist unter Insolvenz-Schutzschirm: Peek & Cloppenburg. Und Otto schließt die 18 My Toys-Filialen. Die halbwegs gute Nachricht: Angesichts der Verödung werden die Fördertöpfe für Innenstadt-Initiativen, -Events und innovative Shop-Konzepte weiter geöffnet. Wie der Fachhandel davon profitieren kann.
Unter den Insolvenz-Schutzschirmen der Republik wird es für die Filialisten eng: Nach der Never-Ending-Story Karstadt Galeria Kaufhof und der von Görtz (mit der Schließung der Hälfte der früher 160 Filialen), versuchen die Insolenzverwalter jetzt bei Peek & Cloppenburg zu retten, was zu retten ist. Die Schließung der My Toys-Filialen der Otto-Group ist indes seit gestern beschlossene Sache.
Das (teilweise) Sterben der Filialen hat auch für den Fachhandel Folgen. Juweliere in den Einkaufszentren und den Innenstädten sind stark betroffen, weil die Attraktivität des Einkaufsumfelds sinkt und mit ihm die Frequenzen (s.u.).
Die gute Nachricht angesichts der vielen schlechten: Städte, Länder und Ministerien stellen immer mehr Fördertöpfe, um der sukzessiven Verödung ihrer Einkaufsmeilen entgegenzuwirken. Auch für den Fachhandel kann es sich lohnen, sich nach finanzieller Unterstützung für Projekte umzusehen. Da die meisten Initiativen regional oder auf Bundesland-Ebene stattfinden, können wir hier nur einige Bespiele nennen. Gefördert werden vielerorts Innenstadtinitiativen des Handels und entsprechende Events. Geschäfte, die investieren, um die den Einkaufsstandort attraktiver zu machen, werden ebenso gefördert und oder mit Rat und Tat unterstützt, wie die Einführung digitaler Services im stationären Handel. Da viele auf die jeweilige Stadt oder das Bundesland begrenzt sind, hier nur einige Beispiele. Ein Check in der eigenen Region über Gemeinden, die Handelskammern, Innenstadtinitiativen oder schlicht eine Recherche in der Lokalpresse zeigt, dass sich ein Engagement gegen die Verödung der Innenstädte für Juweliere und Fachhändler durchaus finanziell lohnen kann.
Erlebniseinkauf und Digitalinitiativen werden gefördert
In Baden-Württemberg unterstützte das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus im Rahmen des Projekts Handel 2023 soeben Einkaufserlebniskonzepte mit insgesamt 1,76 Millionen Euro – bis zu 70.000 Euro pro Händler. Unter den von einer Fachjury ausgewählten 31 Projekten auch zwei aus unserer Branche: Jutta Graf – Galerie für Schmuck, Biberach an der Riß und Juwelier Leicht in den Schmuckwelten GmbH & Co. KG, Pforzheim. Das Wirtschaftsministerium Baden- Württemberg fördert mit dem Projekt „Handel innovativ” darüber hinaus auch neue digitale Dienstleistungen. Dabei muss es nicht immer der ganz große Wurf sein. In Kooperation des Handels mit Studierenden werden auch kleine Lösungen entwickelt, mit denen sich große Effekte erzielen lassen. https://handel-innovativ.de/unterstuetzung-fuer-den-handel/
Digitale Projekte stationärer Händler fördern fast alle Länder. Es gibt aber auch andere finanzielle Unterstützung: In Thüringen gibt es Förderungen für neue Außenbeleuchtung. Im Saarland gibt es für den Handel Schulungen zu aktuellen Themen und die Stabsstelle Handel, bei der der stationäre Handel Beratung und Unterstützung beispielsweise dafür erhält, mit personalisierten Angebote und Services die Kundenbindung zu stärken und die Kundenzufrieden zu erhöhen.
In Rheinland-Pfalz stellt die Landesregierung beispielsweise für Mittelzentren fünf Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. 117 Millionen investiert Niedersachsen in das Sofortprogramm „Initiative Innenstadt”, 100 Millionen macht Bayern locker. Die Gelder fließen allerdings zuerst an die Gemeinden, die ihre Zentren attraktiver gestalten. Schon damit wäre dem Fachhandel geholfen. Aber da geht noch mehr – auch an direkter Unterstützung: „Die Förderung der Innenstädte und des innerstädtischen Handels bleibt weiterhin eine zentrale Aufgabe,“ sagt Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger nach dem Runden Tisch zum Thema „Innenstädte beleben” Anfang Februar. Dass Umbaumaßnahmen und Sanierungen gefördert werden, ist bekannt. Für neue Geschäfte werden in den Innenstädten – zum Teil Räume in guten Lagen zum Einstand längere Zeit mietfrei vergeben, um Leerstände zu vereiden. Das hat für ein etabliertes Juwelier-Geschäft auf den ersten Blick keinen Nutzwert. In Zeiten, in denen sich viele Juweliere ins hochwertige Sortiment um positionieren, lässt sich so aber zu überschaubaren Kosten und vor allem mit wenig Risiko ausprobieren, ob sich neben dem Traditionsgeschäft ein „junger” Juwelier oder ein Trauringstudio dauerhaft etablieren kann. Auch Konzepte mit anderen Handelspartnern, die beispielsweise „Lieblingsstücke” präsentieren, wie Schmuck in Kombination mit Handtaschen und anderen Accessoires könnten für den Fachhandel vor diesem Hintergrund interessanter werden.
Pop-up-Stores mit Zukunft
Viele Großstädte fördern sogenannte Konzeptläden und Pop-up-Stores, um Innenstädte mit neuen Angeboten zu beleben. Das Konzept ist einfach: In ungenutzten Gewerberäumen wird kurzfristig ein Geschäft eingerichtet, das nur für begrenzte bestehen soll. In Zeiten des Leerstands wird nicht mehr “aufgepoppt”, sondern experimentiert, ob sich ein Konzept dauerhaft halten kann. Nichts für den Fachhandel? Kommt auf die Idee an. In Wipperfürth gab es 2020 den weltweit ersten und erfolgreichen Pop-up-Store „Deutsche Uhren”. Hier präsentierten ausschließlich Uhrenmarken, die in der Stadt sonst nicht erhältlich sind wie Mühle-Glashütte, MeisterSinger und Dornblüth & Sohn ihre Kollektionen, Marken, die sonst in Wipperfürth nicht erhältlich sind.
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