Die Lernkurve ist steil. Bucherer, der erst 2018 den größten US-Gebrauchtuhrenhändler gekauft hat, steigt wohl schon dieses Jahr in Europa ins Vintage-Geschäft ein. Eine Zeitenwende.
Wie die schweizerische Handelszeitung berichtet, könnte es bereits im Sommer soweit sein, dass Bucherer in den Gebrauchtuhrenmarkt einsteigt – und zwar auch stationär. Damit würde Bucherer umsetzen, was Audemars Piguet im Frühjahr vergangenen Jahres angekündigt und damit für Schlagzeilen gesorgt hat. AP will in den Vintage-Markt einsteigen und dazu sogar Secondhand-Läden eröffnen („Blickpunkt Juwelier“ berichtete ausführlich hier).
Erste Pilotprojekte laufen bereits in der Schweiz und den USA. Nun steigt also der weltweit größte Juwelier in dieses Business ein. Bucherer hatte ebenfalls im Frühjahr 2018 den führenden Juwelier in den USA, Tourneau, gekauft, der auch lokaler Marktführer bei Gebrauchtuhren ist. Schon damals (siehe Bericht hier) wurde deutlich, dass Tourneau nicht einfach nur ein Mitbewerber von Bucherer ist (und eine Chance, die weltweite Nummer 1 mit einem Umsatz von geschätzten 1,6 Mrd. Franken gegenüber Hengdeli China mit 800 Mio. und Watches of Switzerland mit 700 Mio. zu werden). Klar war, dass Tourneau dem Traditionsjuwelier aus der Schweiz einen neuen Drive geben würde. Die Akquise war das Tor zu einer neuen Welt. Spezialisten sprechen hier sogar davon, dass der Gebrauchtuhrenmarkt größer als der Neuuhrenmarkt sein könnte. Auch Tim Stracke, Chef von Chrono 24, der über seine Online-Plattform nach eigenen Angaben 2018 ein Transaktionsvolumen von mehr als 1,3 Mrd. Euro umgesetzt hat, schätzt den Gebrauchtuhrenmarkt auf eine Größe von bis zu 15 Mrd. Euro (hier). Der Markt für gebrauchte Uhren habe das mit Abstand größte Wachstumspotenzial.
Ein weiteres interessantes Detail vermeldet die Handelszeitung. Eventuell arbeiten Bucherer und Chronext zusammen. Chronext ist Mitbewerber von Marktführer Chrono24, hat sich aber eher auf Neuuhren spezialisiert. Bucherer würde seine gebrauchten und zertifizierten Modelle, den certified pre-owned-Uhren (CPO), auch über Chronext vermarkten. Es geht sogar schon das Gerücht um, dass Bucherer bei Chronext eingestiegen sei. Doch vor wenigen Tagen erst ging eine in dieser Sache unerfreuliche Meldung durch die Presse. Eventuell steht Chronext gar nicht so gut da (hier).
Demnach habe der Onlinehändler vergangenes Jahr nicht wie geplant 75 Mio. Euro Umsatz, sondern nur 55 bis 60 gemacht. 2017 habe der Umsatz bei rund 40 Mio. gelegen, was bei einer im Bericht von deutsche-startups.de angegebenen Marge von 10 % nicht viel ist. Schließlich unterhält Chronext im Unterschied zu Chrono24 Werkstätten und Verkaufsräume. Dem Medienbericht zufolge sucht Chronext einen Investor für erneute 20 bis 25 Mio. Euro. Für Bucherer wäre dies kein Problem. Wie relevant das Thema Gebrauchtuhren innerhalb der Branche geworden ist, zeigte auch Richemont im Sommer vergangenen Jahres. Sie kauften Watchfinder, den führenden englischen Vintage-Händler mitsamt einer 200-köpfigen Uhrenwerkstatt, in der Uhren geprüft und zertifiziert werden.
Wie relevant das Thema Gebrauchtuhren innerhalb der Branche geworden ist, zeigte auch Richemont im Sommer vergangenen Jahres. Sie kauften Watchfinder, den führenden englischen Vintage-Händler mitsamt einer 200-köpfigen Uhrenwerkstatt, in der Uhren geprüft und zertifiziert werden (hier).
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