Balenciaga-Schmuck: Klebebandrolle als Marketing-Gag?

Armband? Oder doch nur ein Klebeband? Schmuckstück von Balenciaga. © Highsnobiety

Derzeit sorgt eine einfache Klebebandrolle im Internet für Schlagzeilen. Warum? Weil sie von Balenciaga stammt und ein Schmuckstück sein soll. Warum das Marketing funktioniert.



Rage bait – so nennen es die Jugendlichen auf TikTok und Co. wenn jemand Aufmerksamkeit absichtlich mit etwas auf sich lenkt, das einen so richtig sauer macht. Als „Wut-Köder“ könnte man es auf Deutsch auch bezeichnen. So ein „Wut-Köder“ ist aktuell ein Objekt in der Kollektion des französischen Luxus-Modehauses Balenciaga.

Es hat die Optik einer gewöhnlichen Klebebandrolle wie man sie in jedem Baumarkt kaufen könnte – einziger Unterschied: Der Pappteil der Klebebandrolle ist mit dem Balenciaga-Logo bedruckt. Das war es dann aber auch schon. Stolzer Preispunkt für ein bisschen Branding: Um die 4.000 US-Dollar.


Balenciaga-Handtaschen in Müllsack-Optik. © Highsnobiety

Schock-Marketing mit Tradition

 Die Reaktionen zum Klebeband-Armschmuck fallen aus, wie man es erwarten würde. Das Internet reagiert mit Ärger und Zynismus. Dabei ist die Strategie von Balenciaga gar nicht neu. Das Modehaus hat bereits in der Vergangenheit mit skandalösen oder ironischen Konsumprodukten Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Darunter eine Lederhandtasche, die aussieht wie ein Müllsack, künstlich zerstörten Sneakern oder Stilettos in Croc-Optik. Man könnte den Stilbruch, der performativ nennen: Die Provokation ist gewollt. Balenciaga macht triviale Gegenstände zu Luxus-Objekten, über die die Welt spricht. Schlau, eigentlich. Und warum ärgern sich gerade dann so viele Menschen?

Es könnte damit zu tun haben, dass Balenciaga bereits seit mehr als zwei Jahren keinen solchen PR-Stunt mehr produziert hat – das Publikum war wohl ein wenig entwöhnt.

Das Balenciaga-Klebeband ist übrigens Teil der Winter-Kollektion 2024, es ist also noch gar nicht erhältlich. Bis es so weit ist, wird das Modehaus aber mit Sicherheit eine Weile im Gespräch bleiben – natürlich auch, weil die Leute wissen wollen, ob noch mehr verrückte Modegegenstände in den Ateliers von Balenciaga schlummern. Ziel erreicht.

Stiletto-Croc von Balencgiaga. © Highsnobiety

Aufmerksamkeit und Social Media

 Viel gibt es zu sagen über das Verhalten im Internet, Algorithmen und das, was die Menschen dazu bringt, am Smartphone zu kleben. Ein kurzer Einblick aber: Die großen Tech-Unternehmen haben schon längst entdeckt, dass Content, der Leute ärgert oder provoziert, für viel mehr Interaktionen sorgt. Facebook stuft den Emoji mit dem wütenden Gesicht als fünfmal wichtiger ein als ein Like. Balenciaga weiß also mit seinem Marketing wirklich, wie man Knöpfchen drückt – bei Mensch und Maschine.

Muss man das nachmachen?

Wenn Provokation wie bei dem Modehaus zum Bestandteil des Marken-Image gehört, dann kann man es sich überlegen. Ist das nicht der Fall, sei allen anderen vom Nachahmen abgeraten. Was aber natürlich immer funktioniert, ist die Überraschung und das Außergewöhnliche. Im Alltag eines Juweliers, der Aufmerksamkeit generieren möchte, könnte das beispielsweise eine unkonventionelle Schaufenster-Dekoration sein oder eine Kooperation mit einem anderen Hersteller oder Unternehmen in der Gegend, wo die Gemeinsamkeiten nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist.

Ansonsten gilt: Lieber echte Armbänder verkaufen und das Klebeband für Plakate verwenden.

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