„Designers in Residence“: Stipendiaten für 2021 stehen fest

Die Ergebnisse des Stipendiums werden vom 25. Juni bis 11. Juli 2021 im EMMA – Kreativzentrum präsentiert.

Die Ergebnisse des Stipendiums werden vom 25. Juni bis 11. Juli 2021 im EMMA – Kreativzentrum präsentiert.

Mit dem Stipendium „Designers in Residence“ in Pforzheim erhalten drei internationale Nachwuchsdesigner die Möglichkeit, von April bis Juni 2021 im EMMA – Kreativzentrum an einem Projekt ihrer Wahl zu arbeiten. 


„Designers in Residence“ wird seit 2016 von der Stadt Pforzheim in Kooperation mit der Hochschule Pforzheim und dem Design Center Baden-Württemberg ausgeschrieben. Aus über 270 Bewerbungen aus 51 Ländern wählte die Jury Marina Aleksashina aus Russland, Caio Mahin aus Brasilien/Portugal und Naama Levit aus Israel/USA aus.

„Für junge Designer ist es extrem wichtig, sich drei Monate lang nur auf ihr eigenes Projekt fokussieren zu können, wozu ihnen sonst der Freiraum fehlt. Daher haben wir uns auch bewusst dafür entschieden, den Stipendiaten den Aufenthalt in Pforzheim trotz der erschwerten Bedingungen durch die COVID19-Pandemie zu ermöglichen“, sagt Almut Benkert, Fachbereichsleiterin Kreativwirtschaft beim Eigenbetrieb Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim.

Die Modedesignerin Marina Aleksashina aus Russland möchte nicht nur reine Designobjekte schaffen, sondern erzählt mit ihren Kollektionen Geschichten und arbeitet gesellschaftliche Themen auf. Während ihres Stipendiums möchte sie sich mit der Auferlegung von Rollen und der Übertragung von Erwartungen durch Kleidung beschäftigen, und zwar durch die Vermischung von Attributen aus Militärkleidung und Karnevalskostümen, mit denen Kinder sich als Erwachsene verkleiden: „Ich sehe mein Projekt als Arbeit an der Schnittstelle von Mode und zeitgenössischer Kunst, die eine Geschichte vom Erwachsenwerden und dem Spiel mit der Veränderung unserer Rollen und Erwartungen erzählt“, so Marina Aleksashina über ihr Vorhaben. Ihrer Kollektion legt sie dabei das Gefühl eines Kindes zugrunde, das zum ersten Mal etwas Fremdes und Eigenartiges aus der Welt der Erwachsenen entdeckt. Am Ende der drei Monate möchte sie ihre Arbeit in Form einer Installation, eines Videos und Animationen präsentieren. „Marina Aleksashina hat durch ihr starkes Portfolio überzeugt, das zeigt, wie sie konzeptgesteuerte und politische Themen sehr verständlich und emotional umsetzt. Ein spannender Aspekt war zudem, dass sie einen Schritt weiter gehen und nicht nur Kleidungsstücke präsentieren möchte“, begründet Amelie Gaydoul die Entscheidung der Jury.

Marina Aleksashina ist in Moskau geboren und aufgewachsen. Sie studierte akademisches Zeichnen und Malerei und anschließend Modedesign und Art Direction in der Modeindustrie an der HSE Art and Design School in Moskau. Während ihres Studiums interessierte sie sich für soziale und politische Aspekte des zeitgenössischen Designs, was sie auch in ihre Abschlusskollektion einfließen ließ. Mit ihrer Abschlusskollektion erreichte sie das Finale der Design Graduiertenshow von i-D und Artsthread. Neben ihren Modedesign-Projekten interessiert sie sich für interdisziplinäres Design und die Entwicklung von Designräumen. 2018 gewann Marina Aleksashina den Wettbewerb von Hermès zur Gestaltung von Schaufenstern in Moskau.


Stipendiatin Marina Aleksashina (Foto: privat).
Stipendiatin Marina Aleksashina (Foto: privat).

Die Schmuckstücke des brasilianischen Schmuckdesigners Caio Mahin transportieren sowohl eine sehr persönliche Geschichte als auch eine politische Botschaft: Caio Mahins erste Erfahrungen mit Schmuck waren sehr schmerzhaft: In Brasilien aufgewachsen, äußerte er als 9-jähriger Junge den Wunsch, sich die Ohren piercen zu lassen. Daraufhin drohte sein Vater, ihm selbst mithilfer einer rostigen Gartenharke ein Ohrloch zu stechen. Die weibliche Aura des Schmucks wurde für Caio Mahin so zur Gefahr, repräsentierte jedoch gleichzeitig sein tiefstes Bedürfnis nach einer Ausdrucksform. In seiner letzten Arbeit erforschte er die Ursprünge dieses Jungen, der sich die Ohren piercen lassen wollte und beschäftigte sich zudem mit der ästhetischen Konstruktion von Geschlechterrollen und Stereotypen, was dieses Projekt zu einem politischen Thema mit einer queeren Perspektive macht. In Pforzheim möchte er diese Arbeit weiter fortführen und vertiefen.

“Caio Mahin ist ein junger Künstler, der schon früh mit den Härten des Lebens konfrontiert wurde und aufgrund seiner persönlichen Orientierung harscher Kritik, auch aus dem Elternhaus, ausgesetzt war. Er kreiert Schmuck, der die Betrachter mit Gesellschaftskritik an unverändert aktuellen Themen wie Rassismus und Sexismus konfrontiert, gleichzeitig aber auch besänftigt und vermittelt. Ich bin sehr gespannt, wie Caio Mahin diese Themen mit neuen Materialien und Techniken in neue Schmuckstücke umsetzt” so Jurymitglied Sam Tho Duong. Caio Mahin, geboren 1991 in Recife, ist ein brasilianischer Schmuckkünstler mit Sitz in Lissabon, Portugal. Er studierte Design an der Universidade Federal de Pernambuco in Brasilien mit einem Sandwich-Stipendium des brasilianischen Regierungsprogramms „Wissenschaft ohne Grenzen“ am Rochester Institute of Technology (USA), wo er zum ersten Mal mit zeitgenössischem Schmuck in Kontakt kam. Nach dem Abschluss einer dreijährigen Spezialisierung in Schmuck an der ArCo (Portugal), realisiert er derzeit ein unabhängiges Projekt, das teilweise durch das Tereza Seabra-Stipendium für ArCo-Studenten finanziert wird.

Stipendiat Caio Mahin (Foto: privat).
Stipendiat Caio Mahin (Foto: privat).

Das dritte Stipendium erhält Naama Levit aus Israel, die in New York lebt und arbeitet. Sie beschäftigt sich mit aktuellen Konzepten des „zu Hause“ und des privaten Raums und stellt Fragen nach Mobilität, Nomadentum und Identität. Während ihres Aufenthaltes in Pforzheim möchte sie eine interdisziplinäre „nomadische Installation“ schaffen, mit Objekten, Schmuck, Möbeln und Materialien, die Vertrautheit hinterfragen. Dazu sammelt sie Materialien, dokumentiert Formen und Räume und beobachtet, welche persönlichen Gegenstände die Menschen in ihrer Umgebung am Körper tragen. Ihre Fundstücke zerlegt sie, erforscht ihr Umwandlungspotential und schafft daraus neue Objekte. „Durch die gute Infrastruktur ist Pforzheim ein fantastischer Ort für mich, um meine Arbeit und mein Fachwissen weiterzuentwickeln“, freut sich Naama Levit. „Naama Levit geht an ihre Arbeit völlig unvoreingenommen heran, lässt sich vom Moment der Begegnung mit Materialien inspirieren und schafft mit ihre Kreativität eine erstaunliche Vielfalt an phantasievollen Objekten. Sie steht allen Techniken mit Offenheit und Neugierde gegenüber. Naama Levit möchte ihr aktuelles Projekt –Nomadic Souvenirs- weiterentwickeln, indem sie an verschiedenen Orten Arbeitsmaterialien, Formen und Räume aufgreift und durch sorgfältige Montage-Prozesse collagiert“, erläutert Jurymitglied Stefan Lippert.

Naama Levit wurde in Jerusalem geboren, momentan lebt und arbeitet sie in New York. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf der Erforschung von Materialien und ihrem Potential zur Transformation. Dabei bewegt sie sich interdisziplinär zischen den Bereichen Schmuck und Objekten, Installation, Performance und Fotografie. Naama Levit studierte Schmuckdesign an der Bezalel Academy of Art and Design in Jerusalem und absolvierte den Master in Metallkunst an der Cranbrook Academy of Art in Michigan, USA. Sie erhielt eine Reihe von Auszeichnungen, darunter den Mercedes Benz Emerging Artist Award, das Verdienststipendium der Cranbrook Academy of Art und das Haystack Mountain AIDA-Stipendium der School of Craft. Ihre Arbeiten wurden bereits in Museen in Israel, in Galerien in den Niederlanden, Deutschland, Polen und Detroit, USA ausgestellt.

Stipendiatin Naama Levit (Foto: privat)
Stipendiatin Naama Levit (Foto: privat)
Teilen
Tags:
Keine Kommentare

Hinterlassen Sie uns einen Kommentar

Verwandte Themen

Ähnliche Themen