
Im Einzelhandel fehlen laut KOFA-Studie 122.000 Fachkräfte, Juweliere sind zunehmend betroffen. © Freepik
Trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten zählt der Einzelhandel in Deutschland weiterhin mehr als 3,1 Millionen Beschäftigte. Doch hinter dieser stabilen Zahl verbirgt sich ein wachsendes strukturelles Problem, das auch für Juweliere und inhabergeführte Fachgeschäfte zunehmend zur Herausforderung wird: der Fachkräftemangel. Laut Handelsverband Deutschland (HDE) bleiben jährlich zehntausende Stellen unbesetzt, allein 2024 waren es laut Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) rund 122.000 offene Stellen im Einzelhandel.
Demografischer Wandel trifft Handel mit voller Wucht
Mit dem beginnenden Renteneintritt der Babyboomer-Generation spitzt sich die Lage am Arbeitsmarkt spürbar zu. HDE-Geschäftsführer für Arbeit und Soziales, Steven Haarke, warnt: „In den nächsten Jahren werden extrem viele Babyboomer in Rente gehen.“ Für mittelständische Unternehmen wie Juweliere bedeutet das: Ohne vorausschauende Personalstrategie drohen Serviceeinbußen, eingeschränkte Öffnungszeiten und langfristig Umsatzverluste.
Attraktive Bedingungen, aber strukturelle Hürden
Dabei ist der Handel grundsätzlich ein attraktiver Arbeitgeber: Laut dem Statistischen Bundesamt lag das durchschnittliche Monatseinkommen von Vollzeitkräften im Einzelhandel im Juni 2025 bei 3.628 Euro brutto. Die Bruttostundenlöhne zeigen eine starke Spreizung je nach Qualifikation: Helfer erhalten im Schnitt 16,44 €, Fachkräfte 19,09 €, und Experten bis zu 37,02 € pro Stunde. Insgesamt stiegen die Effektiventgelte – also alle real gezahlten Löhne – zwischen 2022 und 2024 um beachtliche 13,4 %.
Für Juweliere ist dies nicht nur relevant im Wettbewerb um neue Mitarbeiter, sondern auch im Hinblick auf bestehende Fachkräfte: Qualifiziertes Verkaufspersonal bindet nicht nur Kunden, sondern generiert durch Beratungskompetenz direkt Umsatz, vor allem im höherpreisigen Schmuck- und Uhrensegment.

Was die Branche jetzt braucht
Der HDE fordert umfassende politische Maßnahmen, um die Personaldecke im Handel zu stabilisieren. Besonders im Fokus steht die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Für den traditionell weiblich geprägten Einzelhandel sei es entscheidend, so Haarke, „dass die flächendeckende Kita-Betreuung bundesweit auch samstags bis 20 Uhr möglich wird.“ Ein zentraler Punkt bleibt die Steuerreform: Die Umstellung der Steuerklassen III und V auf das gerechtere Faktorverfahren der Klasse IV soll Anreize für eine stärkere Erwerbsbeteiligung setzen.
Gleichzeitig plädiert der Verband für ein modernes Einwanderungsrecht mit unbürokratischen Verfahren, gezielte Weiterbildungsangebote, mehr Inklusion von Menschen mit Behinderung und gegen kontraproduktive Frühverrentungsanreize wie die Rente mit 63. Auch das Renteneintrittsalter müsse langfristig an die steigende Lebenserwartung angepasst werden.
Karrierechancen auch abseits der Großstadt
Für Juweliere, gerade in ländlichen Regionen oder Mittelstädten, bleibt ein Aspekt besonders interessant: Die Branche punktet mit lokal verwurzelten Arbeitsplätzen, flachen Hierarchien, hoher Identifikation mit dem Unternehmen – und langfristigen Karrierechancen. Wer es schafft, diese Werte mit modernen Arbeitszeitmodellen, Weiterbildung und Sichtbarkeit als attraktiver Arbeitgeber zu kombinieren, hat die Chance, auch in Zeiten des Fachkräftemangels qualifiziertes Personal zu gewinnen und zu halten.
Werden Sie TOP ARBEITGEBER der Region
Deutschland kämpft. Der Wettbewerb, um die besten Talente für den Betrieb zu gewinnen und vor allem auch zu binden, erstreckt sich über unterschiedlichste Branchen. Auch der Fachhandel für Uhren und Schmuck steht diesbezüglich vor Herausforderungen. Blickpunkt·Juwelier hilft! Die Initiative „TOP-ARBEITGEBER der Region“ zielt darauf ab, herausragende Arbeitgeber in der Branche zu würdigen und zu fördern.

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