Fachvereinigung Edelmetall: Platin-Jahr 2020

Die Fachvereinigung Edelmetalle Pforzheim zieht ein differenziertes Bild der Branchenentwicklung im vergangenen Jahr. Die Edelmetallpreise waren 2019 stark in Bewegung. 2020 könnte ein Platin-Jahr werden.


Nach einem schleppenden Beginn haben der Anstieg der Edelmetallpreise im zweiten Halbjahr sowie die anhaltenden globalen Unsicherheiten den Verkauf von Investmentprodukten und die Geschäfte in der Aufarbeitung von Edelmetallen beflügelt, berichtet die Fachvereinigung bei einem Pressegespräch. Für das Jahr 2020 sind die Erwartungen insgesamt optimistisch. Als ungleichmäßig beschreibt Franz-Josef Kron, Stellvertretender Vorsitzender Arbeitsausschuss Edelmetallwirtschaft sowie Vorstandsvorsitzender der Agosi – Allgemeine Gold- und Silberscheideanstalt, das Jahr 2019. Der Rückgang der industriellen Produktion im Bereich Automotive durch den Übergang zur Elektromobilität stelle auch die Edelmetallindustrie vor neue Herausforderungen. Die deutlichen Preissteigerungen von Gold sowie Palladium im vergangenen Jahr hätten großen Einfluss gehabt, beispielsweise bei Herstellern von Kontaktwerkstoffen, bei Galvanisier-Betrieben und Zulieferern der Automobilindustrie. Die Nachfrage nach Gold in Investmentbarren und Münzen sei zwar weltweit zurückgegangen, in Deutschland und Europa habe es aber einen Anstieg gegeben, insbesondere im letzten Quartal 2019.

Dekorative Anwendungen wie Schmuck, Uhren oder Lifestyle-Produkte machen bei der Verarbeitung von Gold deutlich mehr als 50% aus. Die weltweite Nachfrage ist 2019 um 10% im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen, so Kron. Den deutlichsten Rückgang habe es in Asien, also dem größten Markt, gegeben. Die Nachfrage in Europa einschließlich Deutschlands sank im Jahr 2019 mit 5,7% zwar weniger stark, aber dennoch deutlich.

Die geringere Goldnachfrage bei Schmuck und Industrie führte zu einem deutlichen Anstieg des physischen Goldüberschusses. Dieser wurde zur Deckung börsennotierter Investmentprodukte genutzt. Das Interesse an Gold für Anleger ist gestiegen. Der Goldpreis verzeichnete starke Kursanstiege, was laut Kron ursächlich an der weiterhin unsicheren Welt- und Handelspolitik sowie an der Niedrigzinspolitik liege.

Der Anteil des Recycling-Goldes lag 2019 bei 25-30% der weltweiten Goldversorgung. „Aus 40 aussortierten Handys lässt sich ungefähr so viel Gold recyceln wie aus einer Tonne Erz gewonnen werden kann. Eine Tonne alter Computer-Platinen ergibt über 100 Gramm des kostbaren Edelmetalls“ so Kron.

Die Metalle der Platingruppe (Platin, Palladium, Rhodium, Ruthenium, Osmium, Iridium) sind weiterhin als Technologiemetalle gefragt. „Der Bedarf in 2019 ist weiter gestiegen, vor allem für Autoabgaskatalysatoren, Brennstoffzellen und in der Elektronik. Der Trend weg von Diesel- hin zu Benzinmotoren hat die Nachfrage nach Palladium und Rhodium nochmal deutlich erhöht“, so Kron. Preissteigerungen von bis zu 250% und sehr hohe, teilweise extrem schwankende Finanzierungsraten sind die Folge. Sie zwingen die Hersteller zum sparsamen Umgang mit der knappen Ressource. Auch der Preis von Platin ist, nach gesunkenen Preisen im vergangenen Jahr, wieder angestiegen.

Von einer erhöhten Nachfrage nach Platingruppenmetallen berichtet auch Georg Steiner, Vorsitzender Arbeitsausschuss Edelmetallwirtschaft sowie Geschäftsführer Heimerle + Meule, mit Blick auf die Schmuckindustrie. Insgesamt aber seien im Schmuckbereich die gelieferten Mengen an Schmucklegierungen zurückgegangen.

Der bereits im Vorjahr begonnene Kursanstieg von Palladium habe sich kontinuierlich durch das gesamte Jahr 2019 gezogen, so Steiner. Parallel dazu habe die physische Knappheit von Palladium zu einer ernstzunehmenden Beschaffungsproblematik für die Edelmetallwirtschaft geführt. Die Schmuckindustrie reagierte auf diese Entwicklung und stellte die Legierungen von hochhaltigen Palladiumlegierungen auf hochhaltige Platinlegierungen um. Zudem wurden zahlreiche Weißgoldlegierungen, die meist einen Palladiumanteil von mehr als 10% aufweisen, durch Platinlegierungen ersetzt und auch der Trend zu Gelbgoldlegierungen wurde weiter ausgebaut. Laut Steiner stieg die Nachfrage nach Platinlegierungen bedingt durch diese Entwicklungen um nahezu 25%.

Die Erwartungen der Schmuckindustrie für 2020 sind laut Steiner optimistisch, jedoch stark beeinflusst von der Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung. „Es wird für die Edelmetallwirtschaft in 2020 und in den darauffolgenden Jahren deshalb mehr denn je wichtig sein, sich noch stärker auf das Recycling von Wertstoffen zu fokussieren und so hochwertigste Edelmetallprodukte für zukunftsorientierte Industrien sowie neue Anwendungsfelder herzustellen. Im Hinblick auf nachhaltige und verantwortungsvolle Prozesse kommt dem Recycling von Edelmetallen eine große, zukunftsorientierte Bedeutung zu“, so Steiner.

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