Ob aus großen oder kleinen Minen, legal oder illegal geschürft – am Markt landet alles Gold und davon profitieren nicht nur seriöse Unternehmen. © Ögussa
Während große Minengesellschaften verstärkt Maßnahmen für die nachhaltige und faire Goldförderung und transparentere Lieferketten setzen, liegt im kleingewerblichen Sektor vieles weiter im Argen, wie aktuelle Studien zeigen.
Umweltverschmutzung, Menschenrechtsverletzungen und die Finanzierung von Gewalt, Terror und kriminellen Aktivitäten – damit will die Goldindustrie und ihre Kunden aus der Uhren- und Schmuckbranche klarerweise nicht in Verbindung gebracht werden. Um die goldene Lieferkette möglichst sauber und transparent zu halten wurden etliche Initiativen, Branchenstandards und Zertifizierungen ins Leben gerufen – wie die Swiss Better Gold Association, das Responsible Jewellery Council, die Responsible Mining Foundation, Fairminded- und Fairtrade-Gold oder die Watch and Jewellery Initiative 2030 wurden daher gegründet, um die goldene Lieferkette möglichst sauber und transparent zu halten. Der bisherige Erfolg ist allerdings überschaubar und eine detaillierte Auskunft über die Herkunft des Edelmetalls die absolute Ausnahme.
Sehr komplex und undurchsichtig
Goldgewinnung erfolgt rund um die Welt. Von der Mine bis zum Juwelier durchläuft das Edelmetall zahlreiche Verarbeitungsschritte in mehreren Ländern mit unterschiedlichen gesetzlichen Vorschriften hinsichtlich Standards, Kontrollen und Einfuhrbestimmungen. Diese hohe Komplexität der Lieferkette macht eine eindeutige Rückverfolgung praktisch unmöglich und begünstigt Schmuggel und zahlreiche andere kriminelle Machenschaften.
Seit viele westliche Länder wegen des Ukraine-Krieges die Verwendung von Gold aus Russland, nach China und Australien die größte Quelle für das Edelmetalls, verboten haben, ist die Problematik der mangelhaften Rückverfolgbarkeit noch stärker in den Fokus gerückt.
Neue Maßnahmen
Bei der Global Precious Metals Conference Mitte Oktober in Lissabon haben zahlreiche Big Player aus der Goldindustrie auf Initiative der London Bullion Market (LBMA), einem der größten Handelsplätze für Gold, und des World Gold Councils eine gemeinsame Erklärung zu zehn zentralen Nachhaltigkeitszielen unterzeichnet. Diese umfassen etwa die Verpflichtung zu verantwortungsvollen Beschaffungsstandards, die Achtung der Menschenrechte, die Förderung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung sowie Maßnahmen und Offenlegungen zum Thema Klimawandel.
„Ich freue mich, dass es uns gelungen ist, einen gemeinsamen Weg des Fortschritts zu definieren und unsere Branche um diese Grundsätze zu vereinen. Indem wir auf diese Weise zusammenkommen, können wir unser gemeinsames Engagement für verantwortungsvolle und nachhaltige Geschäftspraktiken unter Beweis stellen“, so Ruth Crowell, CEO der LBMA.
Klein, aber selten fein
Außerdem hat die LBMA basierend auf einem Bericht von Gregory Mthembu-Salter und Thomas Salter von Phuzumoya Consulting eine Reihe konkreter Schritte vorgeschlagen, um die Einbeziehung von Gold aus dem handwerklichen und kleingewerblichen Bergbau (ASM) in die regulären Lieferketten zu fördern. Bisherige Initiativen zur Legitimierung der ASM-Produktion, die rund 20 Prozent der jährlichen Goldförderung ausmacht, waren wenig erfolgreich. Strengere Standards in der Goldindustrie haben den Sektor – wenn auch unbeabsichtigt – sogar zusätzlich marginalisiert und noch weiter in die Illegalität gedrängt. Mit entsprechend negativen Auswirkungen.
Ein System-immanentes Problem im ASM-Goldbergbau ist Gewalt, wie eine aktuelle Analyse des U.S. Government Accountability Office (GAO) für den Kongo zeigt. Der Konflikt in den östlichen Provinzen des afrikanischen Landes war Anlass zur Schaffung der OECD-Leitlinien zur Sorgfaltspflicht für verantwortungsvolle Lieferketten von Mineralien aus konfliktbetroffenen und hochgefährdeten Gebieten. Seit diese 2012 in Kraft getreten ist, wurden von westlichen Regierungen, der Goldbranche und zivilgesellschaftliche Gruppen viel Zeit und Ressourcen in Maßnahmen zur Verbesserung der Lage investiert. Die Zahl der Sicherheitsvorfälle in den Minen sowie der zivilen Opfer ist dennoch gestiegen.
Schäden für Mensch & Umwelt
Einem hohen Gewalt- und Gefahrenpotenzial sind die Arbeiter und die Bevölkerung auch in allen anderen Gebieten, in denen ASM-Goldbergbau betrieben wird, ausgesetzt. Etwa durch mangelnden oder fehlenden Arbeitsschutz und den Einsatz giftiger Substanzen aufgrund niedriger gesetzlicher Standards und laxer Kontrollen.
In seinem Ende September vorgestellten Bericht führt Marcos Orellana, UN-Sonderberichterstatter für Giftstoffe und Menschenrechte an, dass gut ein Drittel des weltweiten eingesetzen Quecksilbers auf den ASM-Goldbergbau entfällt. “In den meisten Teilen der Welt, in denen Quecksilber im kleinen Goldbergbau verwendet wird, sind die Menschenrechte der Bergleute, ihrer Familien und Gemeinden, die oft in bitterer Armut leben, zunehmend durch die Quecksilberkontamination bedroht”, so Orellana. Die hochtoxische Substanz gelangt in die Luft, die Gewässer und die Nahrungskette auch weiter von den Minen entfernter Regionen, was zu schwerwiegenden gesundheitlichen Schäden bei Menschen, Tieren und Pflanzen führt.
Zwar gebe das Minamata-Abkommen klare Regeln für den Schutz der menschliche Gesundheit und der Umwelt vor Quecksilber-Emissionen vor, habe aber Lücken. So haben die Emissionen von Quecksilber im ASM-Goldbergbau weiter zugenommen und die Rechte gefährdeter Einzelpersonen, Gruppen und Völker beeinträchtigt. „Daher sollte die Verwendung und der Handel mit Quecksilber in diesem Sektor verboten werden. Dies wäre ein wesentlicher Schritt, um andere Elemente des Übereinkommens zu stärken und wirksamer zu machen”, so der Experte.
Laut einem im Juni dieses Jahres präsentierten UN-Bericht wurden im Vorjahr nur in Kolumbien 600 Quadratkilometer Landfläche durch giftige Substanzen aus dem Goldabbau verseucht und ein Bericht des WWF Brasilien zeigt auf, dass zwischen 2019 und 2020 durch den Goldabbau 100 Tonnen Quecksilber in das Ökosystem des Amazonas gelangt sind. Auch in Ghana, Nummer 6 im Ranking der Goldförderländer, steigt die verseuchte Landfläche durch die Ausweitung des illegalen Abbaus. Der wirkt sich auch negativ auf einen anderen wichtigen Wirtschaftszeig des Landes aus, den Anbau von Kakao. Seit 2017 ist die dafür genutzte Fläche um gut ein Fünftel geschrumpft und laut dem ghanaischen Kakaoboards (COCOBOD) sind zwischen 2019 und 2020 rund 19.000 Hektar auf denen einst der Schokolade-Rohstoff angebaut wurde, durch illegalen Goldabbau übernommen oder beschädigt worden.
Auch der Schmuggel blüht in Ghana. Ein erklecklicher Teil des dort geschürften ASM-Goldes gelangt über illegale Kanäle nach Dubai und von dort in den internationalen Handel, wo es sprichwörtlich mit dem legalen Gold verschmilzt.
Kampf gegen kriminelles Gold
Wie eng die Beziehung zwischen illegal geschürftem Gold und der globalen Kriminalität ist, hat Interpol untersucht. Jährlich verdienen kriminelle Organisationen mit dem Edelmetall rund 48 Milliarden US-Dollar. Lateinamerika ist von diesem Verbrechensbereich besonders betroffen und verzeichnet eine der höchsten illegalen Goldförderungsraten der Welt. Die Analyse des illegalen Goldabbaus in Bolivien, Kolumbien, Ecuador, Panama und Peru – sowie die Ergebnisse der regelmäßigen Ermittlungsunterstützung für die brasilianischen Strafverfolgungsbehörden – belegen, dass die steigende Goldnachfrage mehr Kriminelle anzieht, darunter Gruppen des organisierten Verbrechens, die auch in Menschenhandel und Finanzverbrechen verwickelt sind.
„Im Zusammenhang mit COVID-19 hat der illegale Goldabbau die Taschen von Kriminellen mehr als je zuvor gefüllt und es kriminellen Gruppen ermöglicht, Geld in andere illegale Aktivitäten zu stecken und gleichzeitig die lokale Umwelt zu zerstören”, sagt Cindy Buckley, stellvertretende Direktorin der Interpol-Abteilung für illegale Märkte.
Mit einer neu gegründeten Taskforce bietet die globale Polizeibehörde den betroffenen Ländern analytische, ermittlungstechnische und operative Unterstützung bei der Bekämpfung des illegalen Goldbergbaus und den damit verbundenen Verbrechen.
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