Massimo Carraro plant auch für den stationären Handel in Deutschland weiterreichende Veränderungen: neue Filialen und ein Upgrade des Sortiments. © Morellato Group
Neue Filialen und Sortimentsoptimierung. CHRIST wird unter MORELLATO-Führung ein Upgrade zum höherwertigen Schmuck vornehmen: mehr Gold, mehr Diamant, mehr Farbedelsteine und dafür weniger Fashion-Brands. Außerdem will Massimo Carraro, Präsident der MORELLATO Group und CHRIST GROUP-Geschäftsführer, den Filialausbau vorantreiben: Drei neue Geschäfte sollen noch in diesem Jahr eröffnen. Im exklusiven Blickpunkt Juwelier-Interview erklärt er seine weiteren Pläne.
Im Interview
BLICKPUNKT JUWELIER: Gemeinsam mit Ihrer Frau Cristina de‘ Stefani und Ihrem Bruder Marco Carraro haben Sie die MORELLATO Group seit den 1990er Jahren zum einem der Key Player im europäischen Schmuck- und Uhrenmarkt ausgebaut. Was ist Ihre Vision für die MORELLATO Group?
MASIMO CARRARO: Lassen Sie mich damit beginnen, was uns ausmacht. Die MORELLATO Group ist ein einzigartiges Geschäftsmodell in der europäischen Schmuckbranche. Denn wir expandieren mit einem Multimarken-Einzelhandelsformat, online und offline, mit vollständiger Integration der Lieferkette. Wir sind bereit, mit dieser Vision, die uns bis jetzt in Italien, Frankreich und in Zukunft auch in Deutschland Erfolge beschert, künftig auch in weitere europäische Märkte zu expandieren.
BPJ: Die Übernahme der CHRIST GROUP war Ihre bisher größte Akquisition. Was war der ausschlaggebende Grund, diesen Deal abzuschließen?
CARRARO: Zuerst ist CHRIST das beste Schmuckeinzelhandelsunternehmen in Europa mit 160 Jahren Markengeschichte. Lassen Sie mich sagen, dass ich den europäischen Markt kenne. Und es gibt keinen anderen Markt mit einem Marktführer, der so weit vom zweiten entfernt ist. Unser Ziel ist es, den europäischen Marktführer aufzubauen. Und ohne CHRIST können wir nicht Marktführer in Europa werden. Dazu ist das Unternehmen zu wichtig. Es gab also viele Faktoren für die Entscheidung zu dieser Übernahme. Aber die Vision ist, diese Leistungen und diese fantastische Marke in unsere innovative, vollständige Supply Chain zu integrieren.
BPJ: Wo sehen Sie die Perspektiven für CHRIST? Und wird es konkrete Veränderungen geben?
CARRARO: Wir wollen CHRIST mehr und mehr aufwerten. Wir wollen uns stärker auf den Premium-Schmuckbereich konzentrieren. Denn hier liegt die Expertise der MORELLATO Group.
BPJ: Können Sie das bitte konkretisieren?
CARRARO: Das Upgrade wird darin bestehen, dass der Platz für die Fashion Brands reduziert wird, um mehr Raum für wertvollen Schmuck zu schaffen – für Diamanten, Farbedelsteine und Gold. Die prestigeträchtigen Uhrenmarken, die CHRIST heute führt, werden wir ebenso behalten, wie die wichtigsten Modemarken. Wir planen eine Aufwertung hin zu kostbarerem Schmuck und keine Revolution.
BPJ: Ein bisschen revolutionär klingt das schon. Auch wenn im höherwertigen Segment und im Luxusbereich aktuell die größten Zuwachsraten erzielt werden, fürchtet mancher doch eine zunehmende Preissensibilität der Kundinnen und Kunden. Sie nicht?
CARRARO: Nein. Das Geheimnis ist „value for money”, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Das können wir bieten, weil wir die komplette Supply Chain im Haus haben. Alles aus einer Hand: Vom Einkauf der Materialien über die Produktion und das Marken-Management in den Retail und damit zum Verbraucher. Das war in gewisser Weise die ursprüngliche Vision von MORELLATO in einem Markt, in dem traditionell der Hersteller auf der einen, der Einzelhändler auf der anderen Seite steht. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Wir kaufen Diamanten direkt von der Quelle ohne Zwischenhändler. Vergleichen Sie das mit dem traditionellen Geschäft: Der Handel kauft Diamantschmuck vom Produzenten, der die Steine von einem Großhändler bezieht. Der hat sie wiederum oft von einem Importeur in Antwerpen oder Tel Aviv. Wir vermeiden also zwei bis drei Handelsstufen. Dazu brauchen Sie natürlich eine gewisse Größe: Wir kaufen pro Jahr mehr als 200.000 Karat Diamanten direkt von der Quelle ohne Zwischenhändler.
BPJ: So bleibt die komplette Wertschöpfung der MORELLATO Group im Haus. Was einerseits eine Basis für ihre Akquisitionen geschaffen hat – andererseits dafür sorgt, dass Sie die Preise anders kalkulieren können?
CARRARO: Genau. Und mehr als das: Wir können auch Qualität und Nachhaltigkeit gewährleisten. Wir beschäftigen allein in der Qualitätskontrolle 90 Kolleginnen und Kollegen. Wir sind Mitglied im Responsible Jewellery Council und sind ESG-zertifiziert. Aber wirklich garantieren können Sie Nachhaltigkeit nur, wenn Sie wie wir, die gesamte Lieferkette in der Hand haben. Aber das ist ein anderes Thema. Wir wollen ja vor allem über CHRIST sprechen.
BPJ: Genau. Werden Sie den Ausbau des Filialnetzes von CHRIST jetzt, wo die Pandemie vorüber ist, weiter vorantreiben?
CARRARO: Ganz klar: Es wird keine Schließungen geben, sondern Eröffnungen. Wir sind überzeugt, dass es hier in Deutschland noch Potenzial im stationären Handel gibt – und damit planen wir. Sicher ist bereits, dass wir noch in diesem Jahr drei neue CHRIST-Stores in Deutschland eröffnen.