Juwelier Egretzberger setzt auf Bernd Wolf

Mit der unkonventionellen Entscheidung, den Thomas Sabo-Shop zum Bernd Wolf-Store umzugestalten hatte Juwelier Egretzberger in Regensburg 2016 überrascht. Wie hat sich diese Idee seitdem entwickelt? Wir haben nachgefragt bei Inhaberin Heidrun Bollinger.


Blickpunkt Juwelier: Bernd Wolf hat in Ihrem Geschäft einen sehr großen Raum eingenommen. Übernimmt die Marke eine „Funktion“?

Heidrun Bollinger: Mit Bernd Wolf  können wir den Bereich „hochwertigen Silberschmuck“ komplett abdecken. Die Marke ist erschwinglich und perfekt für eine sehr breite Zielgruppe. Die Marke ergänzt unser anderes Sortiment, ohne sich an den vielen Kollektionen zu stören oder Konkurrenz zu schaffen.

BJ: Ist Bernd Wolf eine Brücke zum Goldschmuck?

Bollinger: Das Bewusstsein nach wertigem Schmuck, besonders nach Goldschmuck, ist heute auch bei jungen Menschen vorhanden. Gold ist angesagt. Bernd Wolf kann da durch die 24-karätige Goldplattierung sehr punkten. Die Farbe und Oberfläche sind einzigartig, was dazu verführt, gleich ein ganzes Set zu nehmen, oder seine bereits erworbenen Schmuckstücke zu ergänzen. Auch bei Touristen oder Tagesausflüglern zieht das Argument: Zuhause finden sie keine vergleichbare Marke, die passt. Auch die Barriere zum klassischen Juwelier wird dadurch geöffnet: so wandern Kunden von unserem Bernd Wolf-Shop direkt in den anderen Geschäftsbereich, wo sie u.a. Meister, bellaluce, noor oder Annamaria Cammilli erwarten.

BJ: Sind Sie in den vergangenen Jahren weiter gekommen in der Frage, wer der Regensburger Bernd Wolf-Kunde ist?

Bollinger: Wir wussten von Anfang an, wer Bernd Wolf-Schmuck kaufen würde. Wir führen die Marke sehr lange, fast von Beginn an. Die Zielgruppe ist zwischenzeitlich noch breiter geworden: Waren es vor etwa 15 Jahren noch Frauen im Alter von 40 aufwärts, beginnt die Kaufkraft heute bereits mit Mitte 20, nämlich dann, wenn eine Hochzeit geplant ist. Brautschmuck ist meistens der Einstieg. Danach liegt der Durchschnitt bei Ende 30 aufwärts bis 70 Plus.

BJ: Gibt es Bestseller?

Bollinger: Die Marke ist gerade in den letzten Jahren deutlich jünger geworden, und das Sortiment ist herrlich weit gefächert, sodass fast jeder Kunde fündig wird. Entscheidend dafür waren unserer Meinung nach drei Punkte: der Ausbau der Blütenkollektion „Flowertimes“, Halsketten an sich (im Vergleich zum klassischen Reifcollier, dem früheren Markenzeichen von Bernd Wolf) und die große Auswahl an Ohrsteckern. Die Preisspanne beginnt hier bei 39 Euro. Wir können den Kunden zwei Tableaus mit insgesamt 120 Ohrsteckern vorlegen – dies ist ein einfacher Selbstdreher.

BJ: Hätte es das „Experiment“ Bernd Wolf gegeben, würde das Unternehmen in Asien produzieren, wäre nicht familiengeführt….

Bollinger: Zu unserer Shop-Eröffnung 2016 war die Familie Wolf anwesend, und es hat die Kunden fasziniert, den Mann hinter der Marke kennen zu lernen. Es sind gerade diese Begriffe wie familiengeführt, Made in Germany, Manufakturarbeit, Sichtbarkeit etc. die die Marke sympathisch, begreifbar und wertig werden lassen. Dies ist ein entscheidender Teil der Erfolgsgeschichte von Bernd Wolf.

BJ: Woher kam der Mut, den exklusiven Sabo-Bereich in einen exklusiven Bernd Wolf-Bereich umzuwandeln?

Bollinger: Man hatte uns damals vor die Tatsache gestellt, einen Ersatz für Thomas Sabo zu finden, da in der Parallelstraße ein eigener Thomas Sabo-Store eröffnet wurde. Wir hatten die Marke von Null aufgebaut und jahrelang Exklusivrechte. Nachdem der Store eröffnet wurde, mussten wir den Räumungsverkauf machen. Ich selbst bin mit Thomas Sabo groß geworden, habe den Schmuck getragen, gesammelt und bin schließlich daraus hinausgewachsen. Die abrupte Auflösung der Partnerschaft war ein Schock für uns.

Im Nachhinein war dies jedoch der perfekte Zeitpunkt, etwas Neues zu beginnen, denn der Hype um Sabo war am Abklingen. Zugegeben hatten wir bis zum Schluss hervorragende Umsätze, doch diese waren zum Großteil unserem eigenen Herzblut zu verdanken. In anderen Städten hatte man zu diesem Zeitpunkt bereits zurückgefahren – davon spürten wir in Regenburg noch nichts.

Mein Mann sah dann das Potenzial sofort bei Bernd Wolf. Anders als Thomas Sabo ist diese aussagekräftige Marke nicht dem Trend unterworfen und bietet damit langfristig hervorragende Umsatzmöglichkeiten. Außerdem ist Bernd Wolf bodenständig, familiengeführt, qualitäts- sowie servicebewusst und bietet eine ganz eigene Formensprache an – alles, worauf heute die Kunden besonders wertlegen.

BJ: Fazit 2019: Konnte Bernd Wolf Thomas Sabo ersetzen?

Bollinger: Definitiv ja! Wobei ich hier nicht von einem Ersatz sprechen würde. Man kann beide Marken nicht miteinander vergleichen. Bernd Wolf spiegelt eine ganz andere Philosophie wieder. Schon bei der Zielgruppe angefangen, ist diese bei Bernd Wolf eine andere: zwar breit gefächert, jedoch eher Frauen ab 30 Jahre. Tendenziell sind es Kunden, die mehr Budget zur Verfügung haben und auf Qualität, top Verarbeitung und echte Steine setzen. Mit  Bernd Wolf haben wir den richtigen Partner gefunden. Die Zusammenarbeit ist fair und gerecht.

BJ: Warum hat Bernd Wolf das Potenzial für so viel Fläche?

Bollinger: Je mehr Platz einer Marke gewidmet wird, umso schöner kann die Ware präsentiert werden, umso mehr wird sie vom Kunden positiv und als bedeutend wahrgenommen. Bernd Wolf bietet eben auch eine große, abwechslungsreiche und durchdachte Kollektion an, deshalb wird auch nach der neunten Vitrine der Anblick nie langweilig oder eintönig. Das liegt zum einen an den verschiedenen Edelsteinen und Perlen, die die Kollektionen schmücken, zum anderen an der Abwechslung zwischen Reifcolliers und Halsketten und den damit einhergehenden Ergänzungen für Ohr und Arm.

BJ: Wie geht man bei so viel Platz an die Präsentation der Marke heran?

Bollinger: Das ist einfach: Der Kunde gibt den Schwerpunkt vor. Hier in Regensburg verkaufen wir am besten Süßwasserperle, Lapislazuli und Zirkonia. Diese drei Kollektionen stehen bei uns immer im Mittelpunkt. Den weiteren Platz nehmen speziellere Schmuckstücke mit z.B. Wurzelkoralle, Türkis oder Labradorit ein. Mit Sicherheit ist es in einer anderen Stadt genau anders herum, doch wir kennen eben unsere Regensburger gut und wissen, was sie sehen wollen.

BJ: Gibt es Bernd Wolf-Sondereditionen für Regensburg?

Bollinger: Noch nicht, aber das kann ja noch werden. Was wir jedoch immer verwirklichen sind Sonderanfertigungen für unsere Kunden. Spezielle Wünsche sind nach Rücksprache mit dem Bernd Wolf-Team meistens möglich. Wenn sie gut ins Sortiment passen, werden sie sogar von Bernd Wolf in die Kollektion aufgenommen.

BJ: Gibt es Kollektions-Linien, die nicht in Regensburg gezeigt werden, die nicht in Ihr Geschäft passen?

Bollinger: Wir zeigen alle Kollektionslinien. Das Sortiment ist jedoch so groß, dass wir nicht alles auf Lager haben können, was möglich ist. Man kann auch nicht sagen, dass es Linien gibt, die nicht passen, da sich die Kollektionen ergänzen. Aber jede Stadt „tickt“ ein wenig anders, es gibt durchaus Schmuckstücke, die unterschiedlich gut laufen. Positiv dabei ist, dass wir die Waren selbst nach Gefühl aussuchen können. Lediglich das, was in den Prospekten abgebildet ist, nehmen wir immer, denn das wird regelmäßig beworben. Die Kunden fragen direkt danach und es wäre unvorteilhaft, wenn wir diese Artikel dann nicht zeigen könnten. Ebenso können wir jedes Schmuckstück für Kunden unverbindlich zur Auswahl bestellen, sollten wir es einmal nicht da haben.

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