Karstadt Kaufhof: Schutzschirm auf Kosten der Lieferanten?

Wird das Unternehmen Galeria Karstadt-Kaufhof, das ein Schutzschirmverfahren beantragt hat, offene Rechnungen bezahlen? Wichtige Lieferanten wie Amor oder ProConcept gehen davon aus.


Für die einen ist es ein Schutzschirmverfahren, für die anderen eine Insolvenz. Fakt ist: Die Lieferanten des erneut in Turbulenzen geratenen Unternehmens Galeria Karstadt-Kaufhof bangen – um ausstehende Rechnungen und die Zukunft des Kaufhauses.

Für das Wirtschaftsmagazin „Der Spiegel“ sind im Bezug auf den in Schieflage geratenen Zusammenschluss Karstadt Kaufhof zwei Dinge wichtig. Nach einer Analyse der Situation steht für das Magazin fest: Erstens scheut Mehrheitsinhaber René Benko die Insolvenz. Zu schlecht fürs Image. Bereits bei der Kaufhof-Übernahme sei Benko geraten worden, das Unternehmen in die Insolvenz zu schicken, um damit einen Großteil der Schulden los zu werden. Doch stattdessen habe Benko lieber 2019 das Minus mit rund 200 Millionen Euro ausgeglichen. Der Investor habe um seinen Ruf gefürchtet.

Zweitens: Wegen der Angst vor Imageverlust heißt dies bei Galeria Karstadt-Kaufhof nicht Insolvenz, sondern Schutzschirmverfahren. Faktisch aber sei dies dasselbe, schreibt der Spiegel: „Tatsächlich ist der angenehm klingende ‚Schirm’ ein Insolvenzverfahren. Dabei saniert die Geschäftsführung den Konzern in Eigenregie, beaufsichtigt von einem Sachwalter.“

Egal wie diese Maßnahme nun heißt, ob sie Erfolg bringt und das Unternehmens-Konstrukt eine Zukunft hat, darüber ist sich der Spiegel nicht sicher. Das Magazin schreibt: „Zunächst spricht vieles dafür, dass dies der Todesstoß für die mit Problemen beladene, hoch verschuldete Gruppe ist. Denn die Warenhäuser laufen mehr schlecht als recht – ein Sanierungsplan offenbarte vergangenes Jahr, dass nicht nur Kaufhofs Geschäftszahlen unter Plan liegen, sondern auch die von Karstadt – obwohl das dortige Management seit Jahren an der Kette herumsaniert.“

Aus Sicht des Handelskonzerns könnte – aller möglichen Eitelkeit zum Trotz – die Insolvenz positiv sein. Das Schutzschirmverfahren könne eine „heilsame Pause-Taste“ sein, schreibt der Spiegel. Denn man könnte sich von alten Verbindlichkeiten abschütteln. Für die Lieferanten hört sich das wiederum nicht gut an.

Damit stellt sich die Frage, ob Verbindlichkeiten der Lieferanten noch bedient werden. Und mehr noch: Konnte man in den vergangenen Jahren, die eher Tal- und Tal-Fahrten der bislang getrennten Unternehmen Karstadt und Kaufhof gleichen, überhaupt Geld verdienen?

In Bezug auf die Uhren- und Schmucklieferanten hat „Blickpunkt Juwelier“ unterschiedliche Aussagen eingefangen.

Einer der wichtigsten Schmucklieferanten der Häuser ist Amor mit ihren fest eingebauten Vitrinen an den Wänden. Daniel Krämer, Vice President New Business, E-Commerce, Licences bei Amor, berichtet auf Anfrage von „Blickpunkt Juwelier“, dass das Haus  einer seiner wichtigsten Handelspartner sei und man seit Jahrzehnten sehr eng zusammen arbeite. „Als einer der größten Schmucklieferanten von GKK können wir mit Sicherheit sagen, dass die Zusammenarbeit zwischen GKK und Amor, stets für beide Seiten erfolgreich gewesen ist. Selbstverständlich verfolgen wir das aktuelle Geschehen in Essen mit Sorge, aber auch mit Zuversicht. Sorge, weil die Corona-Krise GKK zu einem sehr sensiblen Zeitpunkt erwischt, unmittelbar nach dem Zusammenschluss der beiden Konzerne und mitten in der Umbauphase. Wir fürchten, dass die Krise den laufenden Veränderungsprozess verlangsamen wird und die Erholung von der Krise Zeit brauchen wird. Zuversicht, weil wir GKK –  vor Corona – eigentlich auf einem guten Weg gesehen haben. Mit den richtigen Leuten und guten Ideen für die Zukunft.“ Amor dementiert, dass GKK durch das Schutzschirmverfahren automatisch von seinen Verbindlichkeiten befreit sei.

Ähnlich argumentiert auch Karlheinz Weisenseel, Inhaber von ProConcept, die mit s.Oliver-Uhren eine der wichtigsten Uhrenfirmen an Karstadt Kaufhof liefern. „Die Verantwortlichen werden alles daransetzen, auch weiterhin die Firmen bei der Stange zu halten, die das große Geschäft ausmachen“, so Weisenseel im Gespräch mit „Blickpunkt Juwelier“. Er habe keine Bedenken, auf Rechnungen oder sonstigem sitzen zu bleiben. Aber auch er stimmt verhalten-optimistische Töne zur Zukunftsfähigkeit des Konzerns an. „Galeria Karstadt Kaufhof ist ein Modell der Vergangenheit“. Nicht erst durch Corona seien Innenstädte verwaist. Zudem kämen noch immer Standort-Fragen, beispielsweise Trier, wo ein Karstadt neben einem Kaufhof steht. Weisenseel: „Corona ist auch eine Chance für die, die Leistung erbringen können.“ Die Kaufhäuser hätten hier einen schwierigen Stand, da sich nicht nur das Kaufverhalten generell geändert hätte, sondern auch bei Karstadt Kaufhof in Sachen Beratung und Serviceleistung nicht viel passiert sei. Bislang habe er noch nichts unterschrieben, sagt Weisenseel. Seine zentrale Frage lautet: Ist es eine echte Partnerschaft oder nicht? Dies werde man spätestens nach Ablauf der drei Monate im Schutzschirmverfahren wissen.

Information:

Das Schutzschirmverfahren ist nicht mit der Insolvenz in Eigenverwaltung zu verwechseln. Das Schutzschirmverfahren ist nur zulässig, wenn das Unternehmen noch nicht zahlungsunfähig ist. Dem Unternehmen darf die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung lediglich drohen, aber noch nicht eingetreten sein. Besonders hilfreich für Unternehmen ist beim Schutzschirmverfahren das Insolvenzgeld. Während dieser drei Monate übernimmt die Bundesagentur für Arbeit die Zahlung der Gehälter. Durch das Schutzschirmverfahren kann das Unternehmen Planungs- und Rechtssicherheit erhalten und einen Sanierungsplan erarbeiten.  Allerdings birgt das Schutzschirmverfahren auch Risiken. Schlägt der Sanierungsplan fehl und das Unternehmen muss Insolvenz anmelden, bekommt der Insolvenzverwalter keine klassischen Sanierungsmittel mehr, wie das Insolvenzgeld oder das Eingehen von Masseverbindlichkeiten. Dies hat meist eine Zerschlagung des Unternehmens zur Folge.

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