Kommentar zum Aus der Stahl-Nautilus

Zum Ende der Stahl-Nautilus von Patek Philippe kommentiert Ulrich Voß, Chefredakteur „Blickpunkt Juwelier“.


Diese Entscheidung ist stahlhart. Kaum zu glauben, dass Patek seinen Bestseller einstellt. Warum? Eben weil eine Stahluhr nicht im Fokus stehen soll. Die Entscheidung ist letztlich die Antwort auf einen Hype nach Stahl-Sportuhren, der dem Unternehmen nicht geheuer ist. Der drastische Schritt ist wohl nur mit dem Anachronismus der Uhrenbranche zu erklären. In jeder anderen, auf technischen Fortschritt basierenden Branche, könnte man sich so etwas nicht erlauben. In der Welt der mechanischen Uhr schon.

Das Familienunternehmen hat eine unglaublich weitsichtige Entscheidung getroffen. Man trifft heute eine schmerzliche Entscheidung, damit die nächste Generation keinen dominierenden Faktor in der Kollektion hat (Audemars Piguet lässt grüßen). Dies ist Markenaufbau vom Feinsten.


Wie es wohl dazu gekommen sein mag? Vielleicht saßen Vater und Sohn Stern Samstagabends mit einem Glas Rotwein in der Hand vor dem Kamin, als der Junior am Handy einen Beitrag auf einem Uhrenforum liest: „Patek??? Ist das nicht die Firma mit den mega coolen Stahluhren!“ So könnte es gewesen sein. So könnte das Ende einer der erfolgreichsten Uhren am Markt eingeläutet worden sein. Die Drei-Zeiger-Stahl-Nautilus hat das Unternehmen in eine falsche Richtung getrieben. Die Nautilus ist eben nicht der 911-er, vereint nicht wie bei Porsche sämtliche DNA des Unternehmens. Überdies: In einer Zeit, in der selbst A. Lange & Söhne eine Sport-Stahluhr auf den Markt bringt, ist es für Patek wieder einmal Zeit auszuscheren.

Übrigens: Es war wohl Cartier, der Juwelier und Schmuckspezialist, der die Familie Stern 2009 zu einem ähnlich krassen Schritt veranlasst hatte. In dem Moment, in dem Cartier die „Genfer Punze“ erhalten hatte, war es Zeit für Patek Schluss zu machen. Die Antwort war kompromisslos wie immer. Patek legte die Messlatte noch höher und erfand sein eigenes Qualitätssiegel, das man mit niemandem teilen muss. Die Ansprüche an das „Patek Philippe-Siegel“ sind riesig und hauen beispielsweise mit der Service-Garantie auf Lebenszeit – für alle Uhren seit der Firmengründung 1839 ! – in eine Kerbe, die sicherlich kein Cartier-Management verantworten will.

Patek ist einzigartig – und trifft eben auch einzigartige Entscheidungen.

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