Kommentar zur Baselworld ohne Rolex & Co.

Zur Baselworld-Absage von Rolex, Patek Philippe & Co. kommentiert Ulrich Voß, Chefredakteur „Blickpunkt Juwelier“.


Diese Mitteilung (hier) ist das Ende der Baselworld in ihrer bekannten Form. Wir werden uns bei der Baselworld an eine Messe erinnern, die mit Stärke groß geworden ist, sie verloren hat und letztlich nicht mehr in die Zeit gepasst hatte. Doch statt nun mit Häme auf die Messe und ihre oft überzogenen Ansprüche an Aussteller und Besucher zu blicken, ist Demut angebracht. Die Baselworld hat erstens der Branche gut getan. Wer sonst hätte diesen Anachronismus von mechanischen Uhren im 20. Jahrhundert besser und glaubwürdiger kommunizieren sollen als eine elitäre Messe. Vielleicht hatte es genau diese Überheblichkeit gebraucht, um der mechanischen Uhr nach der Quarzkrise gerecht zu werden. Die Baselworld war die Mutter aller Preissteigerungen. Heute wird ein solches Verhalten abgestraft. Das neue Führungsteam der Baselworld um Michel Loris-Melikoff war soft und verständnisvoll gestartet, hat aber mit der Terminänderung auf Januar 2021 den Bogen endgültig überspannt. Zweitens wird mit den Problemen der Baselworld deutlich, dass sich das Konsumentenverhalten grundlegend geändert hat – für uns alle. Eine Messe in alter Form wird nicht mehr benötigt. Diese Erfahrung machen Messen aller Branchen weltweit, beispielsweise die IAA, die sich neu aufstellt und nach München zieht um zu überleben.

Apropos München: Die Inhorgenta wird von den Schwächen der Baselworld profitieren. Die deutsche Messe hat stark um Luxusuhren gebuhlt. Marken wie Meistersinger oder Mühle, die zuletzt auf beiden Messen ausgestellt hatten, sind mit der Inhorgenta zufrieden. Das Niveau der Uhrenhallte A1 steigt konstant und wird sicherlich 2021 an alte Glanzzeiten anknüpfen – zumindest was das Prestige der Marken angeht.

Der eigentliche Gewinner aber ist Richemont. Sie haben nun die wichtigsten Uhrenmarken im Schatten ihrer Messe beisammen. Und wenn Rolex und Patek Philippe kommen, werden auch die LVMH-Marken anklopfen und vielleicht sogar die Swatch Group. Ebenso Marken wie Breitling, Oris, Raymond Weil, (Grand) Seiko, Citizen, Casio und viele weitere. Es ist Bewegung in der Branche. Dies ist die frohe Uhren-Botschaft an Ostern 2020.

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