Marius Schafelner im Premium-Talk: Konzentration auf Kaufkraft abseits der Metropolen

Marius Schafelner Juwelier Vogl

Marius W. Schafelner spricht zu aktuellen Branchen-Herausforderungen. © Juwelier Vogl

An drei Standorten individuell. Marius Schafelner, 39, ist Geschäftsführer dreier traditioneller Juweliere: Vogl in Aschaffenburg, Depperich in Reutlingen und CWM in Koblenz. Der Multimarkenhändler im Uhren-Luxussegment führt mit eigenen Goldschmiede-Ateliers in Koblenz und Reutlingen die alte Tradition fort und präsentiert ergänzend Top-Schmuckmarken.



BLICKPUNKT·JUWELIER: Herr Schafelner, Juwelier Vogl in Aschaffenburg liegt knapp vor den Toren von Frankfurt/Main – wie behaupten Sie sich gegenüber der Metropolen-Konkurrenz, wie ist die derzeitige Nachfrage?

MARIUS SCHAFELNER: Wenn wir zunächst auf jene Juweliere schauen, die in attraktiven Oberzentren und nicht in den Metropolen dieser Welt das gute Geschäft am Stammkunden machen, muss ich sagen: Natürlich merken wir, dass sich die Nachfrage normalisiert und damit an das ändernde Marktumfeld anpasst.

Worauf wir immer wieder zurückkommen – wenn man eng an seinen Stammkunden arbeitet, wenn man sich auf das Geschäft vor Ort konzentriert, mit Events aktiv ist, wenn man am sozialen Leben teil hat – dann läuft es gut und sind die Umsätze stabil. Auch wenn man aktuell zwei oder drei Meter mehr laufen muss, kann ich über unsere drei Standorte sagen, dass wir über Plan liegen. Wir müssen intensiv dafür arbeiten, der Rückenwind der letzten Jahre ist nicht mehr ganz da – aber eine Flaute sieht aus meiner Sicht anders aus.

BPJ: Also kein Grund zu Besorgnis?

SCHAFELNER: Zusammenfassend spüren wir natürlich mehrere Faktoren wie beispielsweise das politische oder das Zinsumfeld. Da gilt es durchaus einen Appell an die Industrie zu richten, was im Moment ja auch viele tun, die sagen: Wir können nicht die ganze Zeit die Preise erhöhen, ohne wirklich Innovationen zu bringen. Dass Angebot und Nachfrage den Preis regulieren, ist klar. Wenn aber die Nachfrage etwas nachlässt und die Preise nach oben gehen, sieht man, dass hier Marktfunktionen zum Tragen kommen, die die Industrie zum Handeln bewegen sollten nicht mit Preissenkungen, aber auch nicht mit weiteren Preissteigerungen.

BPJ: Da Sie ja keinen Impact auf die Preisgestaltung der Luxusmarken-Hersteller haben – was können Sie als Unternehmer tun?

SCHAFELNER: Was Sie beschreiben, betrifft uns passiv, also müssen wir selbst aktiv werden: Aktiv sind wir verstärkt mit unseren Veranstaltungsformaten unterwegs, und wir sind dabei, unser Verkaufsteam nochmal auf ganz vielen Ebenen intensiv zu schulen, damit wir da abschlussstark sind. Wir haben noch nie so intensiv wie jetzt mit unseren Verkaufsteams daran gearbeitet, aktiv und intensiv am Kunden zu sein! Wir konzentrieren uns somit auf uns selbst, dass wir unsere Arbeit gut machen: Wir bauen unsere Ateliers aus, bauen jene Themen aus, wo wir die Preise selbst gestalten können und das funktioniert so gut, dass wir tatsächlich über Plan sind.

BPJ: Was ist das Ziel dieser Schulungen?

SCHAFELNER: Rein was die Fachkundigkeit oder das Produktwissen unserer Mitarbeiter angeht, hat sich seitens der Industrie sehr viel getan. Da ist signifikant sichtbar, wieviel von der Industrie geschult wird. Für uns heißt das, dass wir uns nachher wirklich auf die Psychologie konzentrieren: Wie können wir im Gespräch unser Gegenüber besser verstehen, den Bedarf analysieren? Und wie können wir danach eben jene Verkaufspunkte so setzen, dass wir überzeugend sind? Auch im Zuge der Übernahmen (Depperich, CWM, Anm.) war das für uns einer der Kernpunkte: Nicht nur Umsatzziele zu setzen, sondern neben den neuen Geschäftsfeldern auch unsere Mitarbeiter auf diese Reise mitzunehmen. Schulungen sind bei uns im Moment ein Dauerbrenner, sodass unsere Mitarbeiter dann zu den jeweiligen Saisongeschäften gut geschult sind.

Wachstum braucht Veränderung – Veränderung fördert Wachstum: Nach der Neueröffnung von Juwelier Vogl in Aschaffenburg präsentiert man sich mit verdoppelter Fläche und in sachlichem Neuglanz. Eine notwendige Investition, nicht zuletzt geschuldet den aktuellen Kundenansprüchen. © Juwelier Vogl

BPJ: Wie schaffen Sie den Spagat zwischen Juwelier einerseits und der deutlichen Ausrichtung im Luxusuhren-Segment, speziell auch unter den Uhrenmarken?

SCHAFELNER: Hier ist es wichtig, eine interne und externe Perspektive ein zu nehmen. Nach außen hin gibt es natürlich einen hohen Verdrängungswettbewerb zwischen den jeweiligen Herstellern das ist jene Perspektive, die uns als Händler und Industrie  beschäftigt. Das ist aber nicht die Endkunden-Perspektive: Da gilt es einfach diplomatisch und strategisch sensibel zu arbeiten.  Wir sind Multi-Brand-Händler mit einem attraktiven und homogenen Marken-Portfolio, wofür wir auch einstehen, wir sind sicher kein Marken-Sammler. Wir spüren auch in allen Gesprächen, dass der Multi-Marken-Händler in den regionalen Standorten gefragt ist: Um genau diese Auswahl dem Kunden anzubieten, wenn er zu uns kommt und eine Uhr für 4.000 bis 6.000 Euro sucht. Da sind wir wieder genau bei den Analysen, eng mit dem Kunden zu arbeiten und ihm das Gefühl zu geben: Ich verstehe, was du suchst und ich habe mehrere Möglichkeiten, aus denen du hier auswählen kannst.

BPJ: Uhren-Luxus-Brands spielen an Ihren drei Standorten eine wichtige Rolle gegenüber „Konkurrenzstädten“ wie bspw. Bonn oder Frankfurt?

SCHAFELNER: Wir sind gerne in der Nähe von Metropolen, wo durchaus kaufkräftige Klientel im Umland zu finden ist! Aber in den Metropolen selbst? Schauen Sie sich aktuell Stuttgart an! Die dortigen Spielchen können und wollen wir nicht spielen. Was den Standort Reutlingen angeht, haben wir Einzugsgebiete in den Süden bis an den Bodensee, und von Koblenz aus das Ahrtal und die nördliche Eifel u.v.m. – da müssen wir gar nicht nach Stuttgart, Frankfurt oder Bonn schauen.

BPJ: Haben Uhrenmarken einen so viel größeren Bekanntheitsgrad als Schmuckmarken?

SCHAFELNER: Ja und Nein. Natürlich sind unsere Schmuckbrands sehr aktiv und wir haben auch eine hohe partnerschaftliche Verbindung. Dennoch muss man sagen, dass z.B. Cartier oder Breitling als Markennamen eine sehr „eigene“ Bedeutung haben. Die Hersteller haben da eine höhere Nachfrage generiert, nicht zuletzt aufgrund der Marketingausgaben seit Jahrzehnten. Aber ich möchte es beim Schmuck jetzt gar nicht so sehr auf die Marke reduzieren. Das hat auch mit dem Produkt zu tun, Schmuck ist sicherlich erklärungs- und beziehungsintensiver. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Uhr in der klassischen Beratung besser „funktioniert“, und der Schmuck ist sozusagen interaktiver, was an der Produktgattung liegt.

Ich kam jetzt gerade aus der Millionenstadt Köln, dort finden Sie auf der Schildergasse – einer der in Deutschland meist frequentierten Fußgängerzonen – schwierige Leerstände.

Marius Schafelner, GF Vogl, Depperich, CWM

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BPJ: Welchen Stellenwert nehmen bei Ihnen Verlobungs- und Trauring hinblicklich Umsatzes ein?

SCHAFELNER: Wir nehmen das Thema sehr ernst und sind dabei sehr engagiert. Es ist uns, betreffend Neukunden und Einstieg des Luxuskunden in das Geschäft, ein wirklich wichtiges Anliegen. Wir wollen dem Thema aber noch mehr Aufmerksamkeit schenken und sehen hier weitere Entwicklungsfelder in einem sehr spannenden Geschäftsfeld. Ich würde den anzustrebenden Anteil mit etwa zehn Prozent im Schmuckbereich beziffern.

BPJ: Mit Depperich und CWM unterstreichen Sie im Schmuckbereich den Atelier- und Manufaktur-Charakter der beiden Häuser?

SCHAFELNER: Genau damit können wir Preise selbst gestalten und auf die Marktgegebenheiten eingehen. Der Goldpreis jagt von Rekordhoch zu Rekordhoch und ist ein wichtiges Stimmungsbarometer. Zusätzlich nehmen internationale Spannungen zu, sodass die Stabilität gesamt sinkt. Diese politischen Gegebenheiten haben bei Edelsteinen bereits eine Veränderung bewirkt, die sich in Preiskorrekturen abzeichnet. Ob das jetzt viel mit den synthetischen Diamanten zu tun hat – vielleicht zu einem Teil.

Die Nachfrage nach synthetischen Produkten hält sich bei uns noch in Grenzen. Ich halte das Thema aber für zeitgemäß, da es die Nachhaltigkeit anspricht. Wir sind auf dem Weg dorthin und sind sehr offen. Aber wir haben auch die Zeit, uns da noch zu sortieren. Für mich bedeuten Laboratory Grown Diamonds (LGD) aber kein Entweder-Oder, sondern ich kann mir gut vorstellen, dass es speziell mit Blickrichtung auf eine jüngere Zielgruppe und auf Alltagsschmuck Situationen gibt, wo der LGD für mich durchaus eine Alternative ist. Hier kann ich ganz signifikant andere Preispunkte setzen und damit hat dieses Thema als ergänzendes Element definitiv eine Daseinsberechtigung. Auf der anderen Seite kann ich mir nicht vorstellen, dass meine Verlobungsringe jemals mit LGD sein könnten.

BPJ: Auf welche Veränderungen werden Sie sich in den kommenden Jahren einstellen müssen?

SCHAFELNER: Wir werden uns sicher noch weiter mit einer Nachfragekorrektur beschäftigen müssen. Unsere vordringlichste Aufgabe – wenn die natürliche Nachfrage, die Kaufkraft nachlassen – wird sein: Wie können wir dem mit eigenen Aktivitäten entgegenwirken? Dabei ist natürlich wichtig, die Reichweite durch die digitalen Medien bestmöglich zu nutzen. Wir sind hier selber schon sehr aktiv geworden, indem wir eigene Videos drehen und versuchen, auch auf diesen Kanälen die Kunden noch besser zu erreichen. Unsere volle strategische Aufmerksamkeit liegt aktuell in der Erweiterung der digitalen Marketingaktivitäten.        


Juwelier Depperich Außenansicht
Traditionelles Goldschmiede Handwerk - Atelier made - prägt nach wie vor den Charakter von Depperich in Reutlingen. Der Manufaktur-Schmuck ermöglicht, so Marius Schafelner, die Preise selbst zu gestalten. © Juwelier Depperich

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