Nevermined: LGDs sind keine Bedrohung!

Christine und Michael Marhofer stellen sich kritischen Fragen zum Thema LGD. ©Nevermined

Christine und Michael Marhofer stellen sich kritischen Fragen zum Thema LGD. ©Nevermined

Die Schmuckbranche steht vor einem Paradigmenwechsel: Lab-grown Diamonds – eine Chance oder eine Herausforderung? In der Interview-Reihe von Blickpunkt Juwelier stellen sich Christine und Michael Marhofer kritischen Fragen rund um die Diamanten aus dem Labor.



Blickpunkt Juwelier: In der Diskussion um LGDs wird oft auf die Arbeitsbedingungen in Minen verwiesen. Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Produktionskette ethisch und nachhaltig ist?

Christine Marhofer: Erst einmal ist es wichtig, dass sämtliche negative Implikationen, die oft mit Minenarbeit verbunden werden, durch den gänzlich anderen Prozess bei lab-grown Diamanten gar nicht erst anfallen. Beispielsweise müssen wir keine Tonnen von Erde umgraben, um einen einzigen Karat Schmuckdiamant zu gewinnen, und wir müssen auch keine Flüsse umleiten, um Flussbetten auf mögliche Diamantvorkommen zu überprüfen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Unsere Produktionskette funktioniert grundsätzlich anders. Innerhalb dieses Prozesses legen wir enormen Wert auf Transparenz und Nachhaltigkeit. Das stellen wir sicher, indem wir die gesamte Wertschöpfung (außer bisher das Schleifen der Diamanten) in eigener Hand halten, in unserem Nevermined Diamond Lab am Headquarter in Essen. Hier können wir sowohl über den Stromeinsatz selbst entscheiden als auch deutsche Qualitätsstandards bei den Arbeitsbedingungen sicherstellen. Unsere Partner für das Schleifen sind teilweise extern zertifiziert und werden von uns streng kontrolliert. Außerdem haben sich unsere Partner unseren strengen Governance-Regeln schriftlich verpflichtet.

BPJ: Kritiker argumentieren, dass die Produktion von LGDs in Ländern wie China oder Russland ebenfalls problematisch sein kann. Wie adressieren Sie diese Bedenken in Bezug auf Ihre eigene Produktion?

Michael Marhofer: Grundsätzlich ist die Aussage nicht falsch. Wenn lab-grown Diamanten mit Kohlestrom statt zertifiziertem Ökostrom produziert werden, ist das wirklich nicht nachhaltig. Genau deswegen haben wir uns auch für eine Fertigung in Deutschland entschieden, anstatt für mandana Jewellery extern lab-grown Diamanten einzukaufen. Nur so konnten wir sicherstellen, dass auch die Labordiamanten selbst nachhaltig entstehen, nämlich unter Einsatz von zertifiziertem Ökostrom. Das ist natürlich deutlich teurer, aber eben auch nachhaltiger. Gleiches gilt für die strengen Regeln des deutschen Arbeitsrechtes. Diese müssen wir einhalten, aber wir wollen es auch, weil sie eine faire und ethisch korrekte Behandlung von Mitarbeitenden sicherstellen. Das wird in vielen Ländern anders gehandhabt.

BPJ: Was halten Sie von der Argumentation, dass die Schaffung eines Marktes für LGDs den Menschen in Ländern wie Botswana, die von der Diamantenmine leben, schadet?

M.Marhofer: Wenn man ein solches Argument zulässt, könnte man auch argumentieren, dass die Abschaffung der Sklaverei zunächst große Arbeitslosigkeit mit sich brachte. Das ist zugegeben zynisch, verdeutlicht aber einen wichtigen Punkt: Obwohl Minendiamanten eine Menge Geld einspielen, fehlt es selbst in Vorzeigeminen oft an vernünftigen Gehältern und Arbeitsstandards. Die Frage ist: Waren die Bedingungen besser, als es noch keinen Markt für LGD gab? Nein. Wir glauben, dass der Wettbewerb und die damit gesteigerte Aufmerksamkeit auf Nachhaltigkeit und Ethik sogar dazu beitragen können, dass sich Minendiamanten entsprechend aufstellen und Umwelt und Mitarbeitende besser behandeln müssen. So können sie sich zumindest einen Teil des Marktes erhalten. Wenn wir eine solche positive Veränderung in Entwicklungsländern als LGD-Markt zusätzlich vorantreiben können, sind wir darauf sehr stolz.

BPJ: Viele in der Schmuckbranche sehen LGDs als Bedrohung für den Markt der Naturdiamanten. Wie reagieren Sie auf diese Ängste und welche Argumente haben Sie für Juweliere, um LGDs in ihr Sortiment aufzunehmen?

C.Marhofer: Gerade Juweliere sind doch in einer komfortablen Situation: Ihre Existenz hängt nicht davon ab, ob sie Schmuck mit Minen- oder mit lab-grown Diamanten verkaufen. Sie müssen lediglich ihre Kundschaft mit Luxusschmuck begeistern, vor allem auch die nachfolgenden Generationen. Sollten 50 % davon Minendiamanten wünschen und die anderen 50 % LGD, dann kann man sich darauf doch sehr gut einstellen und beides anbieten. Juweliere können als „ehrliche Makler“ auftreten und ihrer Kundschaft die Unterschiede beider Varianten erläutern. Letztlich liegt es an den Kunden, sich für das passende Produkt zu entscheiden – und am Juwelierfachhandel, dieses dann anzubieten. Wenn man manche Diskussionen verfolgt, könnte man glauben, wir müssten uns für ein „entweder oder“ entscheiden. Das stimmt aber nicht. Beide Produkte können gleichwertig nebeneinander existieren. Und der freie Markt wird mittel- und langfristig sowohl die Nachfrage regulieren, als auch die Planbarkeit für Juweliere.

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