Der Markt für Uhren im gehobenen Preissegment kennt derzeit nur eine Richtung: aufwärts. © Shutterstock
Die Business Research Company geht für heuer von einer Umsatzsteigerung um gut elf Prozent aus. Bis 2027 rechnet man mit einem weiteren jährlichen Plus von rund neun Prozent. Doch das Wachstum hat auch Schattenseiten.
„Schlechte Zeiten“ ist ein Begriff, der aktuell häufig vorkommt. Doch für die Luxusuhren-Branche gilt das Gegenteil. Da läuft es glänzend. Und daran wird sich bis auf weiteres auch nichts ändern. Laut der neuesten Ausgabe des Luxury Watch Global Market Report von Business Research Company wird das globale Marktvolumen heuer knapp über 34 Milliarden US-Dollar erreichen und damit um gut elf Prozent über dem Vorjahr liegen. Für die Periode bis 2027 gehen die Analysten von einer jährlichen Steigerung von neun Prozent auf insgesamt knapp 50 Milliarden US-Dollar aus.
Von einem weiter anhaltenden Wachstum des globalen Uhrenmarktes gehen auch viele andere Analysten aus. Obwohl man sich was Marktvolumen und Steigerungsraten betrifft, nicht ganz einig ist. Das liegt aber nur in den unterschiedlichen Ansätzen, etwa welche Marken bzw. welche Datenquellen in die Berechnungen einfließen. View Research etwa rechnet bis 2030 mit einem jährlichen Plus von rund fünf Prozent auf 62,4 Mrd. US-Dollar. Mediaboom prognostiziert bis zum Ende des Jahrzehnts eine Steigerung von 5,3% auf 53,5 Milliarden US-Dollar. Last but not least kommen die Experten von Bain & Co und der italienischen Luxusmarken-Vereinigung Altagamma im jüngsten Update ihres Marktberichts zu dem Schluss, dass Uhren neben Schmuck die stärksten Produktgruppen am insgesamt wachsenden Luxusmarkt sind.
Technik & Design
Wesentlicher Treiber des Wachstums sowie gleichzeitig auch dessen Hauptprofiteure sind – wenig überraschend – die Schweizer Marken. Den Grund für deren marktbeherrschende Position sehen die Analysten neben der Fokussierung auf das Premium- und Luxussegment vor allem in Innovationen. Zu den Beispielen, die in der Studie angeführt werden, zählt das heuer gelaunchte Spirate-System von Omega, das eine Genauigkeit von 0/+2 Sekunden pro Tag verspricht, oder Tag Heuers Vorstoß auf das Gebiet der Labordiamanten im Vorjahr mit der Carrera Plasma. Daneben sorgen Kooperationsprojekte mit Fashion- und Lifestyle-Marken für Modelle, die das Kaufinteresse auch bei neuen Zielgruppen weckt. Last but not least war die MoonSwatch, von der im Vorjahr mehr als eine Million Stück verkauft wurden, ein wesentlicher Faktor, durch den Schweizer Uhren verstärkt in den Fokus gerückt sind. Und der Hype um das kultige Einsteigermodell hält an. Die Analysten von Morgan Stanley rechnen damit, dass heuer rund 1,8 Millionen MoonSwatches über die Ladentische gehen werden.
Klassisch vs. smart
Die Befürchtung, dass die Smartwatches den klassischen Uhren den Garaus machen würden, hat sich nicht bewahrheitet, wie eine aktuelle Analyse von Morgan Stanley zeigt. Nachdem die Verkaufszahlen in diesem Segment ab der Markteinführung der Apple Watch 2015 rasant gestiegen sind, begann der Markt im Vorjahr zu stagnieren. Im vierten Quartal lagen die Smartwatch-Verkäufe um 17% unter jenen der Vergleichsperiode 2021. Mittelfristig wird für den Sektor mit einem Plus im niedrigen einstelligen Bereich gerechnet.
Schattenseiten des Wachstums
Dass sich die Hersteller von Uhren im gehobenen Preissegment weiterhin über steigende Nachfrage freuen können, birgt aber auch Probleme. Um die Produktion hochzufahren und den – mindestens ebenso wichtig – den Aftersales-Service den wachsenden Stückzahlen anzupassen, braucht es vor allem zwei Dinge: Investitionsmittel und zusätzliches Personal. Und beim zweiten Faktor hakt es gewaltig.
Wie viele andere Branchen bekommt auch der Uhrensektor den wachsenden Fachkräftemangel zu spüren. Bis 2026, so eine Analyse des Arbeitgeberverbandes der Schweizer Uhrenindustrie, müssen rund 4.000 Stellen neu besetzt werden. Keine leichte Übung. Auch in der Schweiz fassen die Jugendlichen eher eine Hochschulausbildung ins Auge als eine Lehre. Dazu kommen behördliche Auflagen, die für kleinere Betriebe eine eigene Lehrlingsausbildung schwierig macht. Und in der Vergangenheit haben sich auch größere Hersteller den Aufwand, selbst für Fachkräftenachschub zu sorgen, erspart. Da setzt derzeit ein Umdenken ein.
Aber selbst, wenn eine großangelegte Lehrlingsoffensive gestartet wird und ausreichend viele Kandidaten dafür rekrutiert werden können, kann es eng werden. Denn allein mit der Lehre ist es nicht getan. Die sorgt lediglich für die Grundlagen, auf die weiterführende Ausbildungen folgen müssen, die zusätzlich Zeit in Anspruch nehmen.
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