
TimeVallée-Erlebniswelt: Boutiquen sind als Lifestyle-Plattformen gestaltet und sollen Kunden zum Verweilen einladen. Bald auch in Deutschland? © Google AI Studios
Der deutsche Luxusuhrenmarkt steht vor tektonischen Verschiebungen. Nachdem die Zusammenarbeit zwischen Rolex und Rüschenbeck zum 31. Dezember 2026 endet, werden vielleicht mit der Swatch Group mit Marken wie Omega neue Allianzen sondiert. Damit rückt ein anderer Global Player ins Blickfeld: Richemont. Mit Marken wie Cartier, IWC oder Jaeger-LeCoultre erzielt der Konzern Milliardenumsätze und verfügt mit TimeVallée über ein Retail-Konzept, das bisher vor allem international zum Einsatz kommt.
Rolex, Rüschenbeck und der Druck auf den Wettbewerb
Der Rückzug von Rolex aus allen Rüschenbeck-Niederlassungen hat Signalwirkung. Parallel entstehen neue Monobrand-Boutiquen, etwa die zweistöckige Rolex-Boutique in Düsseldorf, betrieben von Bucherer. Für den Fachhandel bedeutet das: Der wichtigste Frequenzbringer verschiebt sich zunehmend in die eigene Markenwelt. Für Rüschenbeck öffnet sich damit eine Tür Richtung Swatch Group. Sollte es zu einer engeren Zusammenarbeit mit Omega kommen, hätte dies das Potenzial, die Marktarchitektur in Deutschland nachhaltig zu verändern. Und genau hier gerät Richemont unter Zugzwang.
TimeVallée: Ein Richemont-Modell
TimeVallée, 2014 gegründet und heute in über 50 Boutiquen weltweit präsent, ist ein luxuriöses Multimarken-Konzept, das mehr als 30 renommierte Uhrenhäuser vereint, darunter Cartier, Jaeger-LeCoultre, IWC, Vacheron Constantin oder Panerai. Ziel ist es, Marken in einem kuratierten Umfeld zu präsentieren, ergänzt durch Erlebniswelten, digitale Tools und persönliche Beratung.
Das Konzept funktioniert als Hybrid aus Multibrand-Store und Markenbühne: Die Boutiquen sind so gestaltet, dass Kunden einerseits die Vielfalt entdecken, andererseits aber die Exzellenz einzelner Marken hautnah erleben können. Kooperationen wie mit der Mandarin Oriental Hotel Group zeigen, dass TimeVallée über den reinen Verkauf hinaus als Lifestyle-Plattform verstanden wird.

Deutschland: Noch weiße Landkarte
Bislang konzentriert sich Richemont mit TimeVallée stark auf China und andere asiatische Märkte. In Europa existieren einzelne Standorte, doch Deutschland ist noch ein weißer Fleck auf der Landkarte. Offiziell gibt es keine Pläne für eine Eröffnung, doch Branchenbeobachter sehen in der aktuellen Marktbewegung ein mögliches Zeitfenster. Sollte die Swatch Group ihre Präsenz mit Rüschenbeck stärken, könnte Richemont gezwungen sein, TimeVallée auch in Deutschland zu positionieren, entweder mit eigenen Boutiquen oder in Partnerschaft mit lokalen Größen.
Marktbewegung und Ausblick
Für Juweliere und Fachhändler ist TimeVallée ambivalent: Einerseits droht eine weitere Vertikalisierung, bei der unabhängige Händler ins Abseits geraten. Andererseits könnten Kooperationen neue Möglichkeiten eröffnen, Teil eines globalen Netzwerks zu werden, das von Marketing-Power, Frequenz und internationaler Sichtbarkeit profitiert.
Im Vergleich zu Rolex verfolgt Richemont einen stärker diversifizierten Ansatz: Schmuck macht über die Hälfte des Konzernumsatzes aus, Uhren rund 35 %. Damit kann das Unternehmen längerfristig flexibler auf Marktveränderungen reagieren und mit TimeVallée eine Brücke schlagen, die Frequenz, Storytelling und Markenpräsenz verbindet.
