Schließen von Sanktionsschlupflöcher: Mit September 2024 soll ein robuster, auf Rückführbarkeit basierender Verifizierungs- und Zertifizierungsmechanismus etabliert werden. (c)shutterstock.com/Lucian Roman
Ab 1. Januar 2024 schränkt die G7 die Einfuhr von nicht-industriellen russischen Rohdiamanten ein. Weitere verschärfende Sanktionsschritte sind für März und September 2024 in Abstimmung.
Im Rahmen einer Online-Konferenz am 6.12. beschlossen die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz, die russischen Einnahmen aus dem Diamantenexport zu beschneiden. Ab 1. Januar führen die G7-Staaten Einfuhrbeschränkungen auf nicht-industrielle, in Russland geschürfte, verarbeitet oder hergestellte Diamanten ein. Die Sanktionen werden ab März verschärft, so der Plan. Ab März soll eine Beschränkung auf russische Diamanten, die in Drittländern verarbeitet wurden, folgen.
Robuste Rückverfolgbarkeit: Schlupflöcher schließen
Trotz der bereits im vergangenen Jahr 2022 von den Vereinigten Staaten verhängten Sanktionen, sind die russischen Rohdiamantenausfuhren im Jahr 2022 nur um wenige Prozent zurückgegangen, errechnete IPIS. Der Gesamtwert der Exporte sank von 3,78 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf 3,63 Milliarden Euro im Jahr 2022. Und dass, obwohl die Vereinigten Staaten der wichtigste Verbrauchermarkt für Diamanten ist.
Das hänge, so IPIS, mit der fehlenden Rückverfolgbarkeit zusammen. Denn die US-Sanktionen gelten nur für russische Rohdiamanten oder solche, die in Russland geschliffen und poliert wurden. Über 90 Prozent der in Russland geschürften Diamanten werden jedoch in Indien geschliffen und poliert und werden ab diesem Zeitpunkt als indische Diamanten betrachtet.
Dieses Schlupfloch zu schließen, steht im Mittelpunkt der nun von der G7 beschlossenen Sanktionen. Mit September soll ein robuster, auf Rückführbarkeit basierender Verifizierungs- und Zertifizierungsmechanismus etabliert werden. Die G7 haben daher bekanntgegeben, mit anderen Partnern, einschließlich der produzierenden Ländern und der Herstellerländer, über umfassende Kontrollen zu beraten und die technischen Schwierigkeiten bei der Rückverfolgbarkeit zu überwinden. Mit anderen Partnern scheinen die teilnehmenden Staaten am Kimberly-Prozess gemeint zu sein. Denn diese fühlten sich in der Entscheidung übergangen.
Weitere Überzeugungsarbeit im Nachgang
Zeitgleich mit der G7-Konferenz eröffnete der „Kimberly Process“ seine Jahrestagung 2023 an den Victoria Wasserfällen in Zimbabwe. Die Diskussionen sind bereits vorprogrammiert, da viele Staaten, große Bedenken bezüglich der Umsetzbarkeit einer Rückverfolgbarkeit haben. Denn es scheint noch nicht vollständig geklärt, welche Dokumente für den Import verlangt werden.
So berichtet Reuters, dass Diamantenunternehmen während der Einführungsphase ein Selbsterklärungssystem verwenden könnten, wie es etwa das World Diamond Council anbietet. Die westlichen Länder hätten, so die Reuters-Quelle, zunächst verschiedene Vorschläge geprüft, die sowohl Rohdiamanten als auch geschliffene Edelsteine umfassten. Sie konnten sich jedoch nicht auf Maßnahmen in Bezug auf geschliffene Edelsteine einigen. Gegenwehr kommt folglich noch von jenen Ländern, die Auswirkungen der Sanktionen auf die eigene Diamantenindustrie befürchten, wie etwa Indien.
Zieht EU nun nach?
Für die in Abstimmung befindlichen EU-Sanktionen scheint mit der Entscheidung der G7 der Boden bereitet. Im November bestätigte Joseph Borrell, der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, gegenüber der Financial Times: „Damit die EU-Mitgliedsstaaten einstimmig für das Verbot des Diamantenhandels sind, haben einige gefordert, dass die G7, sagen wir mal, politische Deckung geben.“
Russischer Diamantensektor in Zahlen
Gemessen am Volumen ist Russland der größte Diamantenproduzent der Welt – rund ein Drittel stamme, so IPIS in einem umfangreichen Q&A zum Thema, aus sibirischen Minen. Eine Monopolstellung nimmt das Unternehmen Alrosa ein. Der Monopolist ist zu zwei Drittel im Besitz der russischen Regierung und zu einem Drittel im Besitz der Republik Sacha (Jakutien). Er produziert rund 90 Prozent der russischen Diamanten und erwirtschaftete trotz US-Sanktionen im ersten Halbjahr 2023 einen Umsatz von rund 1,9 Milliarden Euro.
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