
Vivi Touloumidi (Mitte) bei der Verleihung der Urkunde. © Diamantbericht.de
Mit der Ernennung von Vivi Touloumidi zur elften Hanauer Stadtgoldschmiedin rückt die Stadt eine Künstlerin in den Fokus, die Schmuck nicht nur als Zierde, sondern als gesellschaftliches Ausdrucksmittel versteht. Touloumidis Arbeiten thematisieren Macht, Stigmatisierung und Erinnerung – besonders eindrucksvoll in ihrer neuen Kollektion „Pharmakos und das Schwarze Dreieck“, die sich mit der Verfolgung sogenannter „Asozialer“ im Nationalsozialismus auseinandersetzt.
Seit über 400 Jahren ist das Goldschmiedehandwerk in Hanau fest verankert, und seit 2004 trägt die Stadt dieser Tradition mit der Ernennung einer Stadtgoldschmiedin oder eines Stadtgoldschmieds alle zwei Jahre Rechnung. Die Wahl 2025 fiel auf die in Griechenland geborene und heute in Antwerpen tätige Künstlerin Vivi Touloumidi. Sie gehört zu den prägnantesten Stimmen im zeitgenössischen Schmuckdesign – mit einem Fokus, der weit über das Handwerk hinausgeht: Ihre Arbeiten verstehen sich als gesellschaftlicher Kommentar und kritisches Erinnerungsmedium.
Kollektion als Gedenken: „Pharmakos und das Schwarze Dreieck“
Im Mittelpunkt ihres Hanauer Aufenthalts steht Touloumidis aktuelle Kollektion „Pharmakos und das Schwarze Dreieck“, die sich mit der Geschichte der NS-Konzentrationslager auseinandersetzt. Dabei geht es der Künstlerin nicht um historische Illustration, sondern um eine gestalterisch durchdachte und emotional eindringliche Auseinandersetzung mit Stigmatisierung, Ausgrenzung und Erinnerung.
Der Begriff „Pharmakos“ stammt aus dem Altgriechischen und bezeichnete eine Person, die im Rahmen ritueller Reinigungsprozesse als Sündenbock geopfert wurde. Touloumidi greift dieses Symbol auf, um das Leid willkürlich verfolgter Menschen künstlerisch zu reflektieren. Ebenso verarbeitet sie das „Schwarze Dreieck“ – das Symbol, mit dem in den Konzentrationslagern sogenannte „Asoziale“ gebrandmarkt wurden, darunter viele Frauen, Menschen mit Behinderung und andere marginalisierte Gruppen.

Hanauer Institution mit Zukunft
Als elfte Trägerin des Titels „Stadtgoldschmiedin“ wird Touloumidi im Sommer 2025 sechs Wochen in Hanau arbeiten. Möglich macht dies eine Kooperation zwischen der Stadt Hanau, der Gesellschaft für Goldschmiedekunst, der Staatlichen Zeichenakademie und dem Deutschen Goldschmiedehaus. Die Stadt stellt ein Budget von 15.000 Euro zur Verfügung. Der Arbeitsplatz befindet sich in den Werkstätten der Zeichenakademie, wo Touloumidi auch einen Workshop für Schüler*innen leiten wird. Eine exklusive Ausstellung im Goldschmiedehaus ist für 2026 geplant.

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