Steuererhöhung im Wahljahr? In der Politik hat die Diskussion um die Wiederanhebung des Mehrwertsteuersatzes begonnen.
Es war ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik – und die Experten streiten sich noch, ob es sinnvoll war. Als Anfang Juli die Bundesregierung die zeitlich begrenzte Senkung der Mehrwertsteuer bis Januar bekannt gab, war dies ein historischer Moment. Noch nie seit der Einführung der Mehrwertsteuer vor rund 50 Jahren wurde sie gesenkt, sondern immer erhöht. Corona sorgte für ein Novum und auch eineinhalb Monate später streiten sich die Experten, ob dieser Schritt etwas gebracht hat. Unzweifelhaft aber ist ihre Einschätzung zur Wiedereinführung der 19 %, die – Stand heute – im Januar vollzogen werden soll. Dieser Schritt kommt ausgerechnet zu Beginn eines Wahljahres.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) – inzwischen Kanzlerkandidat – hatte immer wieder auf die notwendige Befristung der Steuersenkung hingewiesen. Damit es zu einem Anzeiz und nicht einer Verschiebung ohnehin getätigter Investitionen kommt, solle die Senkung nur bis einschließlich Dezember laufen. Dies würde allerdings bedeuten, dass er mit einer Steuererhöhung ins Wahljahr startet. „Der SPIEGEL“ sieht die Debatte bereits politisiert. Denn Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) – möglicher Scholz-Konkurrent im Rennen ums Kanzleramt – habe sich bereits für eine längerfristige Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie ausgesprochen.
Aus Sicht des Einzelhandels ist die Frage der Wirkung unklar. Laut Einzelhandelsverband HDE würden nur 13 % der Unternehmen, die nicht zur Lebensmittelbranche gehören, von einer Belebung des Konsums durch die Steuersenkung sprechen. Anbieter langlebiger Wirtschaftsgüter wie Möbeln würden profitieren. Ob Juweliere dazu gehören, ist nicht klar. Der Juwelierverband dementiert und verspüre kein Wachstum, wie Geschäftsführer Joachim Dünkelmann „Blickpunkt Juwelier“ sagte (hier).
Allerdings kommt die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in ihrem Bericht (hier) zu dem Ergebnis, dass die Senkung der Mehrwertsteuer eine positive Wirkung beim Konsumenten hat. Anschaffungsneigung und Einkommenserwartung seien erneut gestiegen.
Rund Zweidrittel aller Händler würden die Steuersenkung an die Verbraucher weiter geben. Teils kommt es zu Rabattschlachten, wie beispielsweise bei den Discountern. Dies wäre tatsächlich kein Anreiz, wie ihn sich der Bundesfinanzminister wünscht. Wie dem auch sei, es darf als sicher gelten, dass diese Diskussion in den kommenden Monaten fortgeführt wird.
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