Günstig und dafür trendy? Nein, lieber langlebig und hochwertig! Viele Konsumenten verabschieden sich vom Trendschmuck – deswegen tun es auch viele Juweliere.
ENDE EINER ÄRA? Alte Binsenweisheit aus dem Handel: Die Nachfrage bestimmt das Angebot. Und im Moment sagt die Nachfrage auf der Seite der Schmuck- und Uhrenkäufer eindeutig: Bitte echt, bitte hochwertig und wenn das alles sein soll, dann gerne auch teuer. Damit hat der Trendschmuck so ziemlich ausgedient. Die Fachhändler beginnen, im günstigen Sortiment auszusortieren. Jeder hat dabei zwar sein eigenes Tempo, aber die Entwicklung ist eindeutig. Wir haben mit zwei Juwelierinnen gesprochen, die trotz aller früheren Erfolge ohne Tränen Abschied nehmen. Eine unternehmerische Entscheidung, die viele vielleicht erst noch vor sich haben.
Vielleicht erinnern Sie sich noch an Ulrike Stauss aus Rottweil. Im vergangenen Jahr, genau genommen in „Leistbarer Luxus ab 300 Euro“ der Ausgabe 07/22 von Blickpunkt Juwelier, hatten wir Ihnen die Juwelierin als eine Meisterin des Trendschmucks vorgestellt. Ulrike Stauss versteht es, ihre Kunden zu begeistern und ihnen gemeinsam mit ihrem Team die beste Beratung in Sachen Stil und Schmuckauswahl zu bieten und damit verlässlich Umsätze zu generieren. Daran hat sich auch heute nichts geändert. Trotzdem dürfte ihr Kommentar zur aktuellen Situation für viele ihrer Kollegen ernüchternd sein: „Das Thema Trendschmuck ist durch!“, sagt sie am Telefon. Was, bei Ihnen, Frau Stauss??
Sie bestätigt es: „Es ist eine Entwicklung, die durch Corona beschleunigt wurde und auch vorher schon absehbar war.“ Ihrer Meinung nach hat diese Entwicklung also nicht direkt etwas mit der Pandemie zu tun, sondern vielmehr mit den Bedürfnissen der nachrückenden Zielgruppe – der jungen Generation oder Gen Z. Diejenige, von der man womöglich bisher immer dachte, sie sei der perfekte Abnehmer für den günstigeren und schnelllebigeren Trendschmuck. Aber Irrtum! Auch der Sohn von Ulrike Stauss, der Teil dieser Zielgruppe ist, bestätigt das: „Unsere Generation kauft ganz anders ein: qualifizierter und nachhaltiger.“ Und dieser Generation wolle man Rechnung tragen, erklärt die Juwelierin aus Rottweil.
Und aus diesem Grund hat sie bereits vor einiger Zeit begonnen, einige ihrer Lifestyle-Marken komplett auszusortieren und stattdessen in Schaufenster und Geschäft Platz für neue, hochwertige Marken zu machen „Auch junge Leute kaufen Gold und sind sehr engagiert“, erklärt sie: „Sie erkundigen sich bewusst danach, woher die Steine und das Gold kommen. Wir bemerken das vermehrt in unserem Trauring-Geschäft.“
Vorinformiert und mit Preisbewusstsein
Auch Sonja Kemper von Juwelier Wirz aus Paderborn berichtet ähnliches: „Wir merken, dass unsere Kunden die Marke fast gar nicht mehr interessiert. Hauptsache, es ist schön und passt preislich ins Portemonnaie.“
„Es wird deutlich hochwertiger“, kann Sonja Kemper bestätigen und bringt noch ein weiteres Thema auf den Tisch: Auch die Kaufanlässe wie Weihnachten oder Geburtstage gehen ihrer Erfahrung nach immer mehr in der Trennschärfe verloren. „Wenn den Kunden etwas gefällt und sie Lust darauf haben, dann wird es gekauft!“
Eine allgemeingültig-gute Nachricht kommt von Stauss aus Rottweil jedenfalls: Ob Trendschmuck oder darüber: Die Beratung spielt immer noch eine ungebrochen große Rolle. Vor allem die jüngere Generation, die für Verlobungs- und Trauringe vielleicht zum ersten Mal ein Juweliergeschäft betritt und sonst ja so online-affin ist, weiß die Aufmerksamkeit der Fachhändler zu schätzen.
Zurück in Paderborn berichtet Sonja Kemper aber auch davon, dass die Kundschaft inzwischen ganz anders informiert das Geschäft betritt. „Die Kunden wissen inzwischen, was so eine echte Goldkette wirklich kostet“, sagt sie. Vor Corona hätten Kunden mitunter nach Goldketten für 200 Euro gefragt. Inzwischen wüssten sie, dass man für sowas eher 500 bis 600 Euro investieren muss. Das Bewusstsein für den Preis sei auf jeden Fall vorhanden.
Und beide Juwelierinnen, Stauss und Kemper bestätigen: Die Kunden kaufen mit einem neuen Fokus auf Qualität tatsächlich ein. Das Geld dafür ist auch vorhanden. „Die Zeit des einfachen Verteilens, die so viele Juweliere über viele Jahre gewohnt waren, ist eindeutig vorbei“, sagt Ulrike Stauss.
Wohin führt der neue Schmuck-Weg preislich und welchen Unterschied macht der Service?