
Das Westfield Überseequartier ist kein gewöhnliches Shoppingcenter – es ist ein neuer Handelsraum, der den Markt im Norden neu strukturiert. © Westfield
Mit dem Westfield Überseequartier öffnet eines der ambitioniertesten Handelsprojekte Deutschlands seine Pforten – und markiert einen Wendepunkt für den stationären Einzelhandel im Norden. Mit 170 Shops, einem eigenen Kreuzfahrtterminal und einer Nutzfläche von 92.000 Quadratmetern stellt das Quartier nicht nur neue Maßstäbe in puncto Kundenerlebnis, sondern auch wirtschaftliche Weichen. Luxushändler wie Breuninger haben das Potenzial erkannt – klassische Juweliere hingegen fehlen bislang im Markenmix. Ein verpasstes Signal?
Neuer Magnet für Premium- und Luxusmarken
Zu den größten Zugpferden zählt Breuninger, das auf 13.000 Quadratmetern sein erstes Haus in Norddeutschland eröffnet hat. Die Mischung aus Luxus-, Premium- und Contemporary-Marken reicht von Etro, Max Mara und Jil Sander bis hin zu Santoni, Chanel, Tom Ford und Diptyque. Die Integration von Services wie Sneaker-Cleaning, Private Shopping, Beautykabinen und einem maßgeschneiderten Änderungsatelier unterstreicht den Anspruch, nicht nur Handelsfläche, sondern Erlebnis zu bieten. Damit wird das Überseequartier zum norddeutschen Knotenpunkt für eine kaufkräftige, qualitätsorientierte Zielgruppe. Breuninger schafft 150 neue Arbeitsplätze – und zielt mit Angeboten wie den „Breuninger Moments“ (inkl. Concierge-Services mit Elbphilharmonie-Kooperation) auf ein überregionales Publikum bis Lübeck, Kiel und Flensburg.

Abwesenheit klassischer Juweliere: Verpasste Chancen?
Auffällig: Weder namhafte Ketten wie Christ oder Juwelier Kraemer noch profilierte lokale Fachhändler aus Hamburg sind im Center vertreten. Dabei bietet das Westfield Überseequartier eine ideale Plattform für hochwertige Schmuck- und Uhrenkonzepte. Das Ambiente, das internationale Publikum, die luxuriöse Positionierung – es wäre die passende Bühne für fein kuratierte Uhrenkollektionen, Diamantschmuck oder Golddesigns mit starkem Markenprofil. Für Fachhändler bedeutet das: Wer den Anschluss nicht verlieren will, sollte dieses neue Konsumzentrum im Blick behalten. Zwar ist das Überseequartier kein Ersatz für Innenstadtlagen, aber in puncto Infrastruktur, Frequenz und Markenumfeld zweifellos ein Standort mit Relevanz – auch für Juweliere.
Kaufkraftverschiebung: Zahlen sprechen eine deutliche Sprache
Wie eine exklusive BBE-Studie zeigt, droht der Hamburger Innenstadt durch die Eröffnung ein signifikanter Kaufkraftabfluss von bis zu 10 %. Das Mode- und Premiumsegment ist besonders betroffen – und damit auch jene Warengruppen, in denen Uhren- und Schmuckhändler traditionell stark aufgestellt sind. In Kombination mit bestehenden Leerständen und einer teils schleppenden Modernisierung der Innenstadt droht die Verlagerung von Frequenz und Umsatz hin zur HafenCity.
Perspektive für Juweliere: Zeit für neue Standortstrategien
Für Juweliere ergibt sich daraus eine klare wirtschaftliche Fragestellung: Reicht die Innenstadtpräsenz künftig aus – oder ist eine strategische Ergänzung durch Standorte in neuen Konsum-Hotspots notwendig? Die Präsenz im Überseequartier bedeutet nicht nur Sichtbarkeit für ein neues Publikum, sondern auch Zugang zu einem Umfeld, das kuratierte Qualität und Markenvielfalt schätzt – ideale Voraussetzungen für den selektiven Fachhandel.

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