Anwalt legt sich mit Versicherungen an

Parallele zur Betriebsunterbrechungsversicherung in unserer Branche: Ein Anwalt von Gastronomen legt sich derzeit mit Versicherungen an. Diese wollen im Corona-Fall pauschal nicht ihre Betriebsschließungsversicherung ausbezahlen.


Das „Handelsblatt“ berichtet über einen Streit zwischen Versicherern und Gaststätten, der zahlreiche Parallelen zur Juwelier-Branche aufweist. Im Fall der Gastronomen geht es um die Betriebsschließungsversicherung in Bezug auf das Infektionsschutzgesetz, im Fall der Juweliere geht es um die Betriebsunterbrechungsversicherung. „Blickpunkt Juwelier“ und Juwelier Jürgen Grün hatten hierzu einen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel geschrieben (hier), der große Resonanz unter den Juwelieren fand.

Die Gastronomen haben derweil Unterstützung eines Anwalts erhalten. Mark Wilhelm hat vor wenigen Tagen auf Facebook einen Aufruf gestartet. Er will Gastronomen unterstützen, die sich von ihrer Versicherung im Stich gelassen fühlen. „Die Frage für uns ist gewesen: Wie können wir sinnvoll etwas beitragen und zurückgeben?“, sagt Anwalt Wilhelm im Video. Er spendet keine Masken, sondern hat einen Branchenaufruf gestartet. Zusammen mit seinen Kollegen in der Kanzlei will er Gastronomen, Barbetreiber und Hoteliers unterstützen, die wegen der Lungenkrankheit Covid-19 ihre Betriebe schließen mussten und nun nicht die Unterstützung der Versicherung erhalten, die sie sich erhofft hatten. Die juristisch entscheidende Frage lautet nun: Greift die Betriebsschließungsversicherung, wenn Betreiber ihr Restaurant aufgrund des Infektionsschutzgesetzes dichtmachen müssen.

Der Unterschied zwischen der Betriebsunterbrechungsversicherung (beispielsweise bei Juwelieren) und der Betriebsschließungsversicherung: Die Schließung muss behördlich angeordnet sein. Dies geschieht beispielsweise beim Ausbruch von Infektionen wie den Salmonellen in einem Betrieb. Dies muss dem Gesundheitsamt gemeldet werden, die dann die behördliche Schließung anordnet. In diesem Fall zahlt die Versicherung. Zynisch könnte man anmerken – in diesem Einzelfall. Denn der große Unterschied zu Corona ist nicht nur, dass in diesem Fall der Staat vorsorglich eine Schließung wegen einer weltweit ausgebrochenen Epidemie verfügt hat, sondern auch, dass die Zahl der Betroffenen Betrieb ungleich höher ist als beispielsweise bei lokal auftretenden Salmonellen-Infektionen. Die Grundidee und Finanzierbarkeit von Policen, nämlich dass Risiken gestreut werden können, trifft bei Corona nicht zu. Das Coronavirus ist erst seit Februar auf die Liste des Infektionsschutzgesetzes gerückt – weshalb einige Versicherer eine Haftung bei älteren Policen gegenüber ihren Kunden jetzt infrage stellen.

Was Wilhelm vor allem fuchst: Es seien zahlreiche Fehlinformationen im Markt, vornehmlich aus der Versicherungswirtschaft. „Im Moment wird verbreitet: Nichts ist gedeckt wegen Corona. Das halten wir für falsch“, sagt Wilhelm. In vielen Fällen lägen Policen vor, die die Schließung versichern. Er appelliert deswegen an Betroffene: „Schickt uns euren Versicherungsvertrag, beschreibt uns euren Fall“, fordert Wilhelm die Betroffenen auf.

Dies sieht auch Thomas Haukje, Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungsmakler (BDVM), ähnlich. Die Begründung, dass präventive Maßnahmen nicht versichert sind, sei falsch, denn die Prävention sei Kern des Infektionsschutzgesetzes. Laut dem Verband sind derzeit mindestens sieben Versicherer „sehr robust“ unterwegs und lehnten erst einmal jeden Schaden ab, hießt es im „Handelsblatt“. Der größte deutsche Versicherer Allianz hat mitgeteilt, dass es auf diese Fragen keine pauschale Antwort gebe. Man prüfe jeden Einzelfall. Etwaige Ansprüche seien abhängig von der individuellen Ausgestaltung des Versicherungsvertrages und dem konkreten behördlichen Vorgehen.

Diese Hoffnung motiviert auch Juwelier Jürgen Grün. „Wir dürfen so eine Absage der Versicherung nicht einfach abnicken. Nicht den Kopf in den Sand stecken. Ich habe mit meinen fünf Geschäften schon so viel Kontakt mit den Versicherungen gehabt, dass ich weiß, wie sehr sich Hartnäckigkeit auszahlt. Es lohnt sich, sich auf die Hinterbeine zu stellen.“ Mehr dazu lesen Sie hier.

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