Schon wieder „Flickenteppich-Gefahr“

Erneut scheint sich der Föderalismus durchzusetzen. Künftig könnten Corona-Bestimmungen individuell je Bundesland und vielleicht sogar je Landkreise umgesetzt werden.


Zum Hintergrund: Mitte April war erstmals vom Flickenteppich die Rede (hier). Im Vorfeld der ersten großen Runde zwischen Kanzlerin und Länderschefs hatte BVJ-Geschäftsführer Joachim Dünkelmann vor dem Flickenteppich unterschiedlicher Länderbestimmungen gewarnt. Auch der Handelsverband nutzte dieses Wort. Gefahr: Jedes Bundesland könnte sein eigenen Süppchen bei den Corona-Lockerungen kochen. Genau so ist es dann gekommen. Folge: Unsicherheit in großen Teilen der Bevölkerung und selbstverständlich auch im Handel. Wer darf sein Ladengeschäft öffnen? Und wie?

Vier Wochen später das gleiche Spiel. Die 800 Quadratmeter-Regel beschäftigte das Land. Unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Bundesländern und vielfältige Gerichtsurteile im ganzen Land sorgen bei Kunden und Handelsunternehmen für Verunsicherung (hier).

Nun scheint sich diese Situation das zweite Mal zu wiederholen. Nachdem Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in der Vergangenheit als Vorreiter der „Ausscherer“ unter den Landeschefs galt (hier), übernimmt derzeit sein Kollege aus Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, diese Rolle. Er sprach davon, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Strategie mit dem Umgang mit Corona abgelöst sein könnte. Kretschmann wörtlich: „Die Verantwortung liegt jetzt bei den Ministerpräsidenten und Landkreisen.“

Demnach könne sich die Bundeskanzlerin nicht mehr gegen die Länderchefs durchsetzen. Die „Bild“-Zeitung will erfahren haben, dass Merkel „keine Lust mehr habe“ auf weitere Telefonschalten mit den Ministerpräsidenten. Sie wolle sich das „erst mal nicht mehr antun“, berichtet „Bild“ aus dem Kanzler-Umfeld. Grund war der gescheiterte Plan Merkels, die Kontaktverbote bis 5. Juli fortzuschreiben und Treffen in Privatwohnungen bis maximal zehn Personen zu begrenzen. Doch die Regeln gelten vorerst nur bis Ende Juni, ohne Begrenzung der Personenzahl in Privaträumen.

Zahlreiche Bundesländer haben Lockerungen mitgeteilt. In Bayern sollen Konzerte, Theater- und Kinobesuche ab 15. Juni wieder erlaubt sein. Bis zum 1. Juli sollen wieder alle Kinder zurück in Kindergärten und Krippen dürfen. In Baden-Württemberg dürfen spätestens Ende Juni wieder alle Kitas im Normalbetrieb arbeiten. Sachsen-Anhalt will Grundschüler ab 15. Juni wieder täglich unterrichten. Brandenburg erlaubt Demos und Gottesdienste bis 150 Teilnehmer. Hamburg und Rheinland-Pfalz öffnen Freibäder, Fitness-Studios und Kinos.

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