Risiko Eigenvertrieb: Vertikal in die Sackgasse

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Vertikalisierung ist keine Erfindung luxuriöser Uhrenmarken. Die Stores von Apple (Berlin), Adidas (Frankfurt) und Dyson (Oberhausen) sind nur drei Beispiele für Hersteller, die eigene Handelsschienen aufgebaut haben. © Shawn Hempel/ Shutterstock.com

Warum den Handel ausbremsen? Bei der Vertikalisierung, auch als Direct-to-Consumer bezeichnet, umgehen Markenhersteller den Handel und verkaufen direkt an den Endkunden. Das ist allerdings keine Erfindung des Online-Zeitalters.



Der Trend zur Vertikalisierung ist keine Besonderheit nobler Uhrenmarken. In vielen Konsumgüterindustrien setzen Markenartikelhersteller in den letzten Jahren verstärkt auf den Direktvertrieb. Nicht nur, weil Online es möglich macht. Auch stationär haben viele Hersteller aus den unterschiedlichsten Branchen eigene Läden eröffnet. Doch längst sind es in der Vorreiter-Branche Fashion nicht mehr einzelnen Flagship-Stores, sondern ganze Verkaufsstellennetze.

Sportmarken wie Nike und Adidas sind hier seit Jahrzehnten aktiv, haben den Handel aber nicht gänzlich ausgebremst. Auch im Elektronikbereich finden sich immer mehr Hersteller mit eigenen Läden: vom Apple- bis zum Dyson-Store. Und die Luxusgüterbranche von LVMH abwärts akquiriert immer mehr Geschäfte in den Toplagen der Metropolen für ihre Konsumtempel.

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@ Shutterstock / Bumble Dee

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Der Grund: Wenn von der Produktion bis zum Konsumenten alles in der Hand des Unternehmens liegt, bleiben die Margen auf allen Stufen der Wertschöpfungskette komplett im Unternehmen. Und die Werbeinvestitionen kommen nicht mehr dem Handelspartner zugute, sondern zahlen sich nur noch auf den Hersteller selbst ein. Das macht die Vertikalisierung für die Uhrenhersteller vermeintlich attraktiv, auch wenn sie risikobehaftet ist.

„Hinter der Direct-to-Consumer-Strategie von Herstellern steckt nicht selten die Idee, Handel besser betreiben zu können als der Handel selbst“, sagt Joachim Dünkelmann, Geschäftsführer des Bundesverbands der Juweliere, Schmuck- und Uhrenfachgeschäfte e.V. (BVJ): Dies gehe oft Hand in Hand mit dem Glauben, die eigene Marke sei so stark, dass man den Handel nicht brauche, so Joachim Dünkelmann: „Bei Marken wie Adidas, Lego oder Dyson mag das auch funktionieren. In der Uhrenbranche bin ich eher skeptisch, ob es auch nur eine Handvoll Marken gibt, die ohne den Handel effektiver und effizienter an den Endkunden verkaufen können. Die Kundenbindung und Kundennähe, die ein Juwelier vor Ort erreicht, muss sich ein Mono-Brand-Store teuer erkaufen: „Markenbildung kostet Geld und Vertrieb passiert nun mal auch nicht von allein. Die aktuelle Arroganz mancher kleinerer Uhren-Marken überrascht einen deshalb schon, so der BVJ-Geschäftsführer.

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© Shutterstock / Vytautas Kielaitis

Last but not least darf man nicht vergessen, dass Vertikalisierung auch vom Handel selbst betrieben wird. Zuletzt hatte Massimo Carraro, der neuer CHRIST GROUP-Geschäftsführer anlässlich der Übernahme des Unternehmens angekündigt, die Wertschöpfungskette von der Mine über die Produktion bis in den Verkauf stärker in die eigene Hand zu nehmen. Er ist nicht der Einzige: „Es gibt mehrere große Juweliere, die verstärkt auf Eigenmarken und eigene Produktion setzen, so Joachim Dünkelmann: „Eine längst überfällige Entwicklung, wenn man sich das wenig partnerschaftliche Verhalten einiger Marken-Lieferanten so anschaut. 


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@ Shutterstock / Bumble Dee
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