Interview mit Karsten Isermann, Sales Director Citizen
Die Corona-bedingten Beschränkungen und Veränderungen hat der Fachhandel deutlich zu spüren bekommen. Gemeinsam mit fachhandelstreuen Uhrenherstellern konnte die Krise gemeistert werden. Karsten Isermann von Citizen erklärt, wie er sich nicht nur die Kooperation mit dem Fachhandel sondern auch das Thema Loyalität zum Fachhandel und zur Marke vorstellt.
Interview mit Karsten Isermann, Sales Director Citizen
BLICKPUNKT JUWELIER: Im Jahr 2020 brach bei manchen Marken der Umsatz um bis zu 70 Prozent ein, da der stationäre Handel aufgrund der Lockdowns geschlossen war. Warum ist es für Marken dennoch sinnvoll, ihren Partnern treu zu bleiben und keinen eigenen Online-Shop zu eröffnen?
KARSTEN ISERMANN: Wir sind in 2020 im Vergleich zu 2019 recht gut davongekommen. Der Umsatzrückgang war zwar nicht erfreulich, aber ohne weitere Konsequenzen zu verkraften. Seinen Partnern treu zu bleiben und einen eignen Online-Shop zu betreiben schließt sich generell nicht aus. Erstens besteht die Online Konkurrenz zum stationären Handel auch ohne dem Online-Shop der Marken selber. Zweitens kommt es auf die Art, das Layout und die Ausrichtung des Online-Shops an. Die Marke im Sortiment vollumfänglich und mit allen Markenbotschaften und der zugehörigen Kommunikation darzustellen, gelingt eben nur auf der markeneigenen Homepage. Ein daran angegliederter Online-Shop rundet den Markenauftritt ab, hilft den Besucher auf seiner „Customer Journey“ nicht zu verlieren. Solange man seine Partner in diesen Shop miteinbindet und sich nicht in Konkurrenz zu ihnen positioniert, kann das die Treue zueinander durchaus verstärken.
BJ: Trotz des starken Umsatzeinbruchs waren die Prognosen im April 2020 noch düsterer als am Ende des Jahres abgerechnet wurde. Als Grund nennt etwa die Juwelierin Kim-Eva Wempe in einem Interview mit Patek Philippe-Chef Thierry Stern die engen Kundenbeziehungen der Juweliere vor Ort. Was sind die Qualitäten des stationären Handels, die offenbar so stark waren, um mehrere Lockdowns zu überdauern?
ISERMANN: Die von Frau Wempe beschriebene enge Kundenbeziehung funktioniert umso besser, je höher die Preislage und die Exklusivität des angebotenen Sortiments ist. Da tut sich der Händler, der überwiegend von Spontankäufen lebt, schon etwas schwerer. Die meisten unserer Partner haben aber auch einen gut gepflegten Kundenstamm, der sich auf die Kompetenz und die Beratung des Fachhändlers verlässt. Wie und in welcher Form wir auf den Veränderungsprozess reagieren, wird der Schlüssel für den Erfolg des stationären Handels in Zukunft sein.
BJ: Covid-19 hat einen Boost für die Digitalisierung gebracht. Kommunikations-Tools, die es schon lange gab, wurden jetzt flächendeckend genutzt. Warum soll diese bald zwei Jahre andauernde Pandemie zwar verändert haben, wie wir kommunizieren, nicht aber wie wir verkaufen?
ISERMANN: Die Pandemie, in der wir uns befinden dauert nun 1,5 Jahre. Dazu kann man den Sommer 2020 von den damit einhergehenden Einschränkungen weitestgehend ausklammern. Die Veränderung in der Kommunikation und auch des Verkaufens und Kaufens gibt es nicht erst seit der Pandemie. Sie hat lediglich Fahrt aufgenommen und beispielsweise die Erkenntnis gebracht, dass sich viele Termine auch digital bewältigen lassen. Telefon- oder IT-Support funktioniert seit Jahren schon, ohne dass ein Termin mit einem Techniker vereinbart werden muss, der dann physisch bei einem vor der Tür steht. Wie und wo wir kaufen oder verkaufen, hängt im Umfang im wesentlichen von den Produkten und der Attraktivität des stationären Handels ab.
BJ: Wie können Kunden, die den Live-Faktor, das Erlebnis beim Anprobieren nicht schätzen, vom Gegenteil überzeugt werden? Die Sozialen Medien ziehen die Kunden in die Online-Shops, wie kann der stationäre Händler seine Kunden in seinen Laden holen?
ISERMANN: Im stationären Handel muss man nicht 24 Stunden auf die Lieferung warten, kann vor Ort die angebotene Ware physisch mit anderen Produkten vergleichen und muss keine Ware bei Nichtgefallen zur Post bringen. Spätestens dann ist das Online Shoppen nämlich nicht mehr bequem. Statt des Ganges zum Fachhändler, den man sich vorher gespart hat, muss man zum Prozess der Rücksendung dann das Haus verlassen. Der Handel muss diesen Vorteil stärker kommunizieren und den Bereich des Services und der Dienstleistung am Kunden weiter verstärken.
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