Brillante Alternative zum klassischen Diamanten

© Aether Diamonds

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In der Industrie sind künstlich hergestellte Diamanten längst etabliert. Durch verbesserte Produktionsverfahren sind Größe und Qualität der Edelsteine deutlich gestiegen. Seither glänzen sie vermehrt auch auf Schmuckstücken.



Mit einem Marktanteil von rund sieben Prozent ist Schmuck mit Labor-Diamanten derzeit noch eine vergleichsweise kleine Nische – aber eine mit viel Potenzial. Vor allem bei Millenials und der Generation Z in den USA kommen die Hightech-Edelsteine gut an. Bei einer heuer durchgeführten Umfrage des Marktforschungsinstituts MVI gaben 15% der Teilnehmer an, bereits ein solches Schmuckstück zu besitzen. Im Vorjahr lag die Quote bei 10%. Bei der Neuanschaffung liegt die Präferenz eindeutig bei Labor-Diamanten. Für die würde sich knapp die Hälfte (46%) der Befragten entscheiden. Minen-Diamanten geben dagegen nur 32% den Vorzug. Die restlichen 22% sind bei der Frage „Labor oder Mine“ noch unschlüssig.

Mit der Tochtermarke Lightbox bietet de Beers seit 2018 Schmuck mit Labor-Diamanten. © Lightbox Jewelry
Mit der Tochtermarke Lightbox bietet de Beers seit 2018 Schmuck mit Labor-Diamanten. © Lightbox Jewelry

Wichtigster Grund für die wachsende Attraktivität der Labor-Diamanten: der Preis liegt um rund zwei Drittel unter jenem der Minen-Diamanten. Für einen Edelstein der gewünschten Größe und Qualität deutlich weniger zu zahlen oder sich für das festgelegte Budget einen wesentlich größeren und/oder besseren Edelstein leisten zu können, wurde von den Teilnehmern der MVI-Umfrage als wichtigste Pluspunkte der Labor-Diamanten genannt.

Umwelt- und Naturschutz sowie soziale Fairness wurden von Herstellern der Labor-Diamanten als auch den Schmuckmarken in ihren Marketingkampagnen in den Vordergrund gestellt. Sie spielen für das Gros der Käufer derzeit dennoch keine so wichtige Rolle. Künftig soll sich dies – da sind sich viele Experten einig – ändern. Das betrifft auch die Natur-Diamanten, den gesamten Schmucksektor und den Konsum generell. Immer mehr Konsumenten hinterfragen die Herkunft von Edelsteinen und Gold, ihren ökologischen Fußabdruck und die Arbeitsbedingungen bei der Gewinnung und Weiterverarbeitung. Die erhaltenen Informationen sind aber meist noch lückenhaft – obwohl die Lieferketten von den Minen bis in den Handel in den letzten Jahren transparenter geworden sind.

Der günstige Preis ist der Hauptgrund für Schmuckkäufer, sich für eine Kreation mit Labor-Diamanten zu entscheiden. © Lightbox Jewelry
Der günstige Preis ist der Hauptgrund für Schmuckkäufer, sich für eine Kreation mit Labos-Diamanten zu entscheiden. © Lightbox Jewelry

Um nur ein Karat Rohdiamant aus der Erde zu holen werden rund 480 Liter Wasser benötigt und ein Vielfaches davon mit giftigen Chemikalien belastet, 250 Mio. Tonnen Gestein mit schwerem, meist Diesel-betriebenem Gerät bewegt und etwa 64 Kilo Schadstoffe in die Luft geblasen. Getrübt wird das glanzvolle Image der Minen-Diamanten auch davon, dass Menschenrechtsverletzungen nie ganz ausgeschlossen werden können. Die Palette reich dabei vom unzureichenden Arbeitsschutz über prekäre Dienstverhältnisse bis zu gesundheitlichen Risiken, denen die im Umkreis der Minen lebende Bevölkerung ausgesetzt ist.

Optisch, chemisch und physikalisch gibt es keinen Unterschied zwischen Minen- und Labor-Diamanten. © Aether Diamonds
Optisch, chemisch und physikalisch gibt es keinen Unterschied zwischen Minen- und Labor-Diamanten. © Aether Diamonds

Nachhaltige Newcomer

In puncto Umweltschutz und Ressourcenschonung sind Labor-Diamanten klar im Vorteil. Natürlich werden für die Nachbildung der extremen Bedingungen, unter denen sich Kohlenstoff in Diamant verwandelt, große Mengen an Energie benötigt. Aber zu einem Teil (Tendenz steigend) werden die Edelstein-Reaktoren mit Strom aus regenerativen Quellen betrieben. Es geht aber noch grüner und umweltfreundlicher. Diamanten-Zuchtbetriebe wie Skydiamonds und Aether Diamonds nutzen als Rohstoff überschüssiges Kohlendioxid, das aus der Atmosphäre extrahiert wird. Das sind laut Aether Diamonds rund 20 Tonnen pro Karat. Was in etwa dem CO2-Fußabdruck entspricht, den ein US-Bürger im Lauf von 15 Monaten verursacht.

Der dänische Schmuck-Konzern Pandora hat 2021 in Großbritannien die erste Kollektion mit Labor-Diamanten gelauncht. © Pandora
Der dänische Schmuck-Konzern Pandora hat 2021 in Großbritannien die erste Kollektion mit Labor-Diamanten gelauncht. © Pandora

Immer mehr kleine Betriebe nehmen die Hightech-Edelsteine ins Programm. Nicht als Ersatz für die Minen-Diamanten, sondern als Ergänzung. „Bei meinen Kunden kommt das sehr gut an. Gerade als Zeichen der Liebe möchten viele auf potenziell belastete Luxusgüter verzichten. Verlobungsringe mit fairen Diamanten aus dem Labor sind ein wunderschönes Symbol für die Liebe zweier Menschen“, sagt so Schmuckdesignerin Elisabeth Habig.

Weltenbummer-Ring mit Labor-Diamant von Elisabeth Habig. © Elisabeth Habig
Die Wiener Schmuckdesginerin Elisabeth Habig bietet ihre Schmuckstücke auch mit Labor-Diamanten an. © Elisabeth Habig

Wachsendes Angebot

In der Schmuckbranche rechnet man mit einer glänzenden Zukunft der Labor-Diamanten. Zunehmend steigen auch Big Player in den Markt ein. Swarovski bietet so seinen Firmenkunden seit 2016 ein umfangreiches Sortiment an Created Diamonds und hat – vorerst nur in den USA, Kanada und Großbritannien – eine eigene Fine Jewelry-Kollektion mit Labor-Diamanten gelauncht. 2018 sind der Diamanten-Konzern de Beers mit dem Tochterunternehmen Lightbox sowie Signet Jewelers – Marktführer in den USA und Großbritannien – in das Geschäft eingestiegen. Und im Vorjahr hat Pandora die erste Goldschmuck-Kollektion mit Labor-Diamanten in Großbritannien auf den Markt gebracht. Heuer ist der in Hongkong ansässige Schmuckhändler Chow Sang Sang mit dem Online-Shop The Future Rocks gestartet. Dessen Sortiment umfasst ausschließlich Schmuck mit Labor-Diamanten.

Der Kristall-Konzern Swarovski gehört sowohl mit Schmuck als auch losen Steinen zu den Pionieren im Sektor der Labor-Diamanten. © Swarovski
Der Kristall-Konzern Swarovski gehört sowohl mit Schmuck als auch losen Steinen zu den Pionieren im Sektor der Labor-Diamanten. © Swarovski

Im Highend-Schmucksektor spielen Labor-Diamanten keine Rolle. Es ist auch unwahrscheinlich, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändert. Bei den Uhrenmarken sind die Berührungsängste mit den Newcomer-Edelsteinen aber nicht so groß. Auf der diesjährigen Watches & Wonders präsentierte die zum LVMH-Konzern gehörende Marke Tag Heuer mit der Carrera Plasma die erste Luxusuhr, auf der gezüchtete Diamanten glänzen. „Die Diamanten aus dem Labor erlauben es uns, mit dem aussergewöhnlichen Material zu experimentieren und innovative Produkte zu kreieren. Damit eröffnen wir Designern, Uhrmachern und Technikern völlig neue Möglichkeiten“, sagt Edouard Mignon, Chief Innovation Officer bei TAG Heuer und der LVMH Watches & Jewelry Division.

Bei Hublot, wo man ohnehin eine recht unkonventionelle Linie vertritt, ist der Griff zu Labor-Diamanten nicht unwahrscheinlich. Bei den LVMH-Schmuckbrands Tiffany, Bulgari, Chaumet und Fred ebenso wie den anderen großen Namen der Haute Joaillerie wie Chanel, Chopard, Cartier, Harry Winston oder Van Cleef & Arples scheint das im Moment aber noch völlig undenkbar.

Die heuer bei der Watches & Wonders präsentierte Tag Heuer Carrera Plasma ist die erste Luxusuhr, auf der Diamanten aus dem Labor glänzen. © Tag Heuer
Die heuer bei der Watches & Wonders präsentierte Tag Heuer Carrera Plasma ist die erste Luxusuhr, auf der Diamanten aus dem Labor glänzen. © Tag Heuer

Neue Facetten für den Fachhandel

Für den Schmuckhandel ist es auf jeden Fall sinnvoll, sich etwas genauer mit dem Trend-Produkt auseinander zu setzen. Juweliere sind, so die Erfahrung von Samuel Stadelmann, Geschäftsführer der 2020 gegründeten Marke Alessandro Diamonds, allerdings noch skeptisch. „Die einen bezweifeln, dass für Schmuck mit Labor-Diamanten ein Markt besteht, die anderen fürchten Nachteile für das Geschäft mit dem klassischen Diamant-Sortiment“, nennt Stadelmann die Hauptargumente, die er in den bisherigen Gesprächen mit Juwelieren am häufigsten gehört hat. Bisher wurden noch keine Vertriebspartner gefunden hat und der Marktstart hat sich durch die Pandemie deutlich erschwert. Dennoch ist er überzeugt, dass sich Labor-Diamanten  etablieren werden. Die Bemühungen, seine Kollektion im Fachhandel unterzubringen verfolgt er mit einem kleinen B2B-Team weiter, daneben liegt der Focus am eigenen Online-Store. „Mittelfristig sind wir jedoch davon überzeugt, dass ein eigener Standort in zentraler Lage der beste Weg für uns sein wird. Bis zu diesem Schritt muss jedoch eine nachhaltige Finanzierung gesichert sein“, erläutert er die weiteren Pläne.

Solitär-Ring aus der Pandora Brilliance-Collection. © Pandora
Solitär-Ring aus der Pandora Brilliance-Collection, die derzeit am britischen Markt getestet wird. © Pandora

Blick in die Zukunft

Die Definition von Luxus ist nicht in Stein, auch nicht in Edelstein, gemeißelt. Echtpelz war zum Beispiel lange Zeit ein begehrtes Luxusprodukt, bis vor einigen Jahren eine kleine aber sehr laute Gruppe von Tierschützern für so großen medialen Druck gesorgt hat, dass praktisch alle großen Modehersteller und -händler aus Sorge tierliebe Kunden zu vergraulen, Nerz, Fuchs, Waschbär, Zobel & Co aus ihren Sortimenten verbannt haben. Und die wenigen Luxusmarken, die noch mit echtem Pelz arbeiten, schauen sich ernsthaft nach Alternativen um. So verkündeten der LVMH-Konzern und seine Modemarke Fendi vor Kurzem den Start einer Partnerschaft mit dem Imperial College London und der Central Saint Martins-Hochschule, deren Ziel die Entwicklung von Pelzfasern auf Keratinbasis ist.

Ganz auszuschließen ist es also nicht, dass à la longue den Minen-Diamanten ein ähnliches Schicksal wie dem Pelz droht. Doch vorerst sind die menschen-gemachten Edelsteine keine Konkurrenz, sondern eine neue Facette im Schmucksektor, die vor allem dem Geschmack der jungen Konsumenten entspricht.

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