
Künftig werden sich größere Umsatzanteile auf weniger Juweliere verteilen – vorausgesetzt, diese Betriebe behaupten sich mit klarer Spezialisierung und Fachkompetenz. © Google AI Studios
Wer bleibt im Stadtbild bestehen und wer behauptet sich im Wettbewerb um die Gunst der Verbraucher? Der Buchhandel liefert hier eine aufschlussreiche Antwort. Zwar ist in den vergangenen Jahren rund ein Viertel der Buchhandlungen verschwunden, doch diejenigen, die geblieben sind, haben sich neu erfunden: Sie setzen auf Expertise, persönliche Beratung und Erlebnisqualität und erzielen höhere Umsätze.
Gewinner und Verlierer im Wandel des Einzelhandels
Im stationären Handel zeigt sich ein differenziertes Bild. Optiker und Apotheken behaupten sich erfolgreich. Auch, weil sie Dienstleistungen bieten, die online nicht zu ersetzen sind. Selbst der Buchhandel, lange Zeit als Opfer des E-Commerce gesehen, hat trotz Amazon seine Nischen gefunden. Dagegen haben Modeboutiquen dem Onlinehandel – von Zalando bis Shein – kaum etwas entgegensetzen können. Die Konsequenz für den stationären Handel ist klar: Ein Laden mit eingeschränkter Auswahl und ohne erkennbaren Mehrwert gegenüber Online-Angeboten verliert an Bedeutung. Kunden erwarten heute ein Erlebnis, Service und erkennbaren Nutzen.
Strukturwandel mit überraschendem Ergebnis
Die aktuelle Auswertung des Statistischen Bundesamts (Destatis) zeigt, wie stark sich der Buchhandel verändert hat. 2018 gab es in Deutschland noch rund 3.930 Buchhandlungen, 2023 waren es nur noch etwa 2.980 – ein Rückgang um 24 Prozent. Doch der Gesamtumsatz der Branche blieb nicht nur stabil, sondern stieg sogar leicht: von 3,6 auf knapp 4 Milliarden Euro. Damit verteilt sich heute derselbe oder sogar höhere Umsatz auf deutlich weniger Betriebe. Der einzelne Buchhändler, der den Strukturwandel überstanden hat, erwirtschaftet im Schnitt mehr Umsatz als je zuvor. Die Konzentration hat also Gewinner hervorgebracht, und zwar jene, die sich klar positioniert, ihr Sortiment fokussiert und in Beratungskompetenz investiert haben.
Eine Blaupause für den Juweliermarkt
Genau diese Entwicklung lässt sich auf den Uhren- und Schmuckfachhandel übertragen. Auch hier ist der Markt in Bewegung: Die Zahl der Fachgeschäfte sinkt, doch der Gesamtumsatz bleibt hoch. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, werden sich künftig größere Umsatzanteile auf weniger Juweliere verteilen. Vorausgesetzt, diese Betriebe behaupten sich mit klarer Spezialisierung und Fachkompetenz. Für die überlebenden Juweliere eröffnet sich damit eine wirtschaftlich hochinteressante Perspektive: weniger Wettbewerb, höhere Sichtbarkeit, größere Marktanteile.

Sichtbare Expertise und erlebbarer Mehrwert als Erfolgsfaktor
Der erfolgreiche Buchhändler von heute glänzt nicht durch Masse, sondern durch Klasse. Er überzeugt mit Lesungen, Autorenabenden und persönlicher Empfehlung. Er steht für Themen – sei es Kochen, Reisen oder Literatur. Seine Stärke ist die Spezialisierung, sein Kapital ist Wissen.
Für Juweliere gilt das Gleiche: Erfolg hat, wer als Perlenexperte, Verlobungsring-Spezialist oder Edelsteinfachmann für Rubin, Smaragd oder Topas klar erkennbar ist. Diese Fachkompetenz schafft Vertrauen und Differenzierung. Kunden nehmen dafür auch längere Wege in Kauf, genau wie Leser, die ihre spezialisierte Buchhandlung gezielt aufsuchen.
Die Spezialisierung ist dabei mehr als ein Marketingkonzept. Sie muss erlebbar sein und das im Sortiment, in der Beratung und im Auftritt. Der Juwelier, der Expertise kommuniziert, muss sie auch glaubwürdig einlösen. Nur so entsteht eine nachhaltige Position im Markt. Events und Kooperationen können diesen Anspruch unterstreichen: Designer-Talks, Manufakturvorstellungen oder thematische Verkaufstage – wie etwa die „Perlen-Wert-Tage“ – zeigen Kompetenz und schaffen Kundenbindung.
Konzentration schafft Chancen
Der Buchhandel beweist, dass Konsolidierung nicht das Ende, sondern der Beginn einer neuen Stärke sein kann. Weniger Anbieter, aber höhere Umsätze pro Betrieb – dieses Modell wird auch im Juweliermarkt sichtbar werden. Die Zukunft gehört den Spezialisten, die ihr Leistungsversprechen sichtbar machen und halten. Wer seine Expertise konsequent aufbaut und kommuniziert, wird zu den Gewinnern des Strukturwandels zählen. Genau wie jene Buchhändler, die aus dem Verdrängungswettbewerb gestärkt hervorgegangen sind.

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