Gerichte weiter uneins über Verkaufsverbote für große Einzelhändler

Warenhauskonzerne und große Einzelhändler müssen weiter mit dem rechtlichen Flickenteppich zu den Vorgaben der Bundesländer für Verkaufsflächen leben. 


Gerichte haben aktuell erneut unterschiedliche Urteile über Verkaufsverbote für große Geschäfte mit mehr als 800 Quadratmetern getroffen. In Nordrhein-Westfalen scheiterte Galeria Karstadt Kaufhof mit dem Versuch, die Begrenzung von Verkaufsflächen auf 800 qm zu kippen. In Berlin dagegen dürfen die Filialen des Warenhauskonzerns wieder auf ganzer Fläche öffnen, ebenso das Hauptstadt-Kaufhaus KaDeWe. In Baden-Württemberg und Hamburg fällten die Gerichte ebenfalls Urteile – allerdings mit unterschiedlichem Ausgang.

Das Bundesverfassungsgericht lehnte einen ersten Eilantrag gegen die Begrenzung der Verkaufsfläche im Einzelhandel wegen der Corona-Pandemie ab. Geklagt hatte ein Modehaus aus Bayern. Angesichts der Gefahren für Leib und Leben müssten die wirtschaftlichen Interessen großer Ladengeschäfte, Einkaufszentren und Kaufhäuser derzeit zurücktreten, entschieden die Karlsruher Richter. In Bayern durften zunächst nur Geschäfte mit einer Fläche von höchstens 800 qm wieder öffnen. Das hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof als verfassungswidrig beanstandet, die Regelung aber in Kraft gelassen. Daraufhin erlaubte die Landesregierung auch größeren Geschäften die Öffnung. Es dürfen aber nur 800 qm der Gesamtfläche genutzt werden. Die Verfassungsrichter halten die Klage des Modehauses nicht für aussichtslos. Sie bedürfe einer eingehenden Prüfung. Zuvor hatten verschiedene andere Gerichte das Verkaufsverbot für große Geschäfte für verfassungswidrig erklärt – oder als rechtens eingestuft.
Kleinere und mittlere Geschäfte bis zu 800 qm durften unter Auflagen wieder öffnen, für Buchhandlungen, Auto- und Fahrradhändler gilt dies generell unter Auflagen. An der 800 qm-Regel gibt es heftige Kritik vom Einzelhandel. Zumal es unterschiedliche Regelungen in den Ländern gibt.

In der Hauptstadt gelte das Verbot für die Öffnung größerer Verkaufsflächen vorerst nicht für “ein großes Berliner Kaufhaus”, teilte ein Gerichtssprecher am Donnerstag mit. Das habe das Verwaltungsgericht in einem Eilverfahren entschieden. Das KaDeWe begrüßte die Entscheidung und kündigte an, ab kommender Woche wieder vollständig zu öffnen.

“Den meisten Einwänden der Antragstellerin sei allerdings nicht zu folgen”, betonten die Richter. Die 800 qm-Beschränkung sei nicht willkürlich, weil ab dieser Größenordnung mit einem größeren Kundenstrom zu rechnen sei. Das Gericht kritisierte jedoch, dass Einkaufszentren auf der gesamten Fläche öffnen dürften, weil die Regelung dort für jedes einzelne Geschäft gelte. Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) eingelegt werden. Die Filialen des Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof dürfen in der Hauptstadt ebenfalls wieder auf ganzer Fläche öffnen. In Nordrhein-Westfalen scheiterte das Unternehmen aber mit einer Klage gegen die Beschränkung. Das Oberverwaltungsgericht in Münster lehnte einen Eilantrag ab, mit dem sich der Handelsriese gegen die vom Land NRW zur Bekämpfung der Corona-Krise angeordnete Begrenzung der Verkaufsfläche gewehrt hatte. Es sei voraussichtlich nicht zu beanstanden, dass das Land durch die Beschränkung der Verkaufsfläche Kundenströme steuern und damit neue Infektionsketten reduziere wolle, befand das Gericht. Der Beschluss ist unanfechtbar.

Nordrhein-Westfalen erlaubt die Öffnung von Geschäften, wenn die Verkaufsfläche 800 Quadratmeter nicht überschreitet. Ausgenommen von der Flächenbegrenzung sind allerdings neben Lebensmittelläden ausdrücklich auch Buchhandlungen, Einrichtungshäuser, Babyfachmärkte und Verkaufsstellen des Kfz- und des Fahrradhandels. Dagegen hatte sich Galeria Karstadt Kaufhof gewehrt.

Der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof beanstandete die Begrenzung mit der Begründung, dass der Handel mit Kraftfahrzeugen, Fahrrädern und mit Büchern bevorzugt werde. Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hält es hingegen für ein wirksames Mittel zur Eindämmung des Coronavirus, deshalb sei die Flächenbegrenzung rechtens (Quelle: dpa).

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