Gewollt unattraktiv: Innenstädte bluten weiter

Der Blick nach Österreich zeigt, was sich auch ab Montag in Deutschland ereignen könnte. Die Innenstädte sind ohne ihre Magneten wie Gastronomie oder Einkaufszentren unattraktiv. Und dies ist auch so gewollt.


Das Ende des Shutdowns in Deutschland ab Montag trifft nicht komplett zu. Denn ganz bewusst dürfen die großen Zugpferde wie Gastronomie oder Einkaufszentren nicht öffnen, um keinen Run auf die Innenstädte entstehen zu lassen. Dies hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bei der gestrigen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in aller Deutlichkeit gesagt. Der Grund der Begrenzung auf 800 Quadratmetern liege daran, dass man Publikumsverkehr in den Städten weiterhin vermeiden wolle. In einem Kompromiss habe man sich auf die Zahl 800m² geeinigt. Selbst mit ausgefeilten Schutzkonzepten von größeren Geschäften und Läden sei die Gefahr zu hoch, dass sich die Menschen wieder in den Innenstädten ballen, sagte Söder. Bitter wird es deswegen für Händler in Einkaufszentren. Söder: „Klar ist, dass Gastronomie, Kaufhäuser und Shoppingmalls nach wie vor nicht geöffnet werden können”. Orte, an denen viele Menschen aufeinandertreffen, sollen weiterhin geschlossen bleiben. Deswegen bleiben auch Großveranstaltungen bis Ende August verboten. Söder erinnerte in diesem Zusammenhang an den Karneval in Heinsberg oder Après-Ski in Ischgl, die zu großen Infektionsherden geworden seien.

In Österreich, wo kleinere Geschäfte bis 400 Quadratmetern Verkaufsfläche seit Dienstag geöffnet haben dürfen, haben sich einige Händler dazu entschlossen, nicht zu öffnen. Auch ist es zu einheitlich verkürzten Öffnungszeiten zwischen 11 und 16 Uhr gekommen. Dies ist aus Sicht der Unternehmer nachvollziehbar, da sie deutlich weniger Frequenz und damit Umsatz haben und somit die Personaldecke möglichst klein halten wollen. Im Sinne der Eindämmung der Virus-Infektionen ist diese zeitliche „Ballung“ allerdings nicht. Wie die Österreichische Tageszeitung „Der Standard“ berichtet, haben Betriebe in der Wiener Haupteinkaufsstraße Mariahilfer Straße Umsatzeinbußen von bis zu 60 Prozent im Vergleich zum bisherigen Umsatz. Standorte außerhalb großer Einkaufsstraßen sind angeblich noch schlechter dran und kämen gerade mal auf 10 % des bisherigen Umsatzes, hat eine Befragung des Handelsverbands ergeben.

Schlangen an Kunden bilden sich den Beobachtungen der Zeitung nach vereinzelt vor Optikern, Handyshops, Buchhandlungen und Sportartikelhändlern. Auch Baumärkte hätten sich gezwungen gesehen, Kunden blockweise abzufertigen. Viele Modeboutiquen und Elektrohändler hingegen seien verwaist gewesen, etliche kleine Geschäfte hätten erst gar nicht geöffnet. Sie hoffen auf die Großen, die Ankermieter. Dem Vernehmen nach will die Regierung erst im Mai eine Wieder-Öffnung der großen Geschäfte zulassen.

Erste Klagen vor dem österreichischen Verfassungsgerichtshof wurden bereits eingereicht. Baumärkte dürfen öffnen, Möbelketten nicht – ein großer Konzern hat nun geklagt. Es geht um die Frage der Erwerbsfreiheit und des Gleichheitsgrundsatzes.

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