Was die neue Bain-&-Company-Analyse für Juweliere und Fachhändler bedeutet. © Freepik
Die internationale Luxusgüterbranche steht nach einem stagnierenden Jahr vor einer moderaten Erholung: Für 2026 erwartet Bain & Company ein Umsatzplus von drei bis fünf Prozent. Treiber dieser Entwicklung sind vor allem die robuste Nachfrage in den USA, ein stabiler europäischer Markt, positive Impulse aus Japan sowie eine langsam bessere Konsumstimmung in China. Doch trotz dieser Aufhellung mahnt die aktuelle Bain-Altagamma-Studie einen tiefgreifenden Strukturwandel an – ausgelöst durch eine Preispolitik, die selbst zahlungskräftige Käufer zunehmend verärgert.
Preiserhöhungen über Jahre hinterlassen Spuren
Nach Jahren kontinuierlicher und teils drastischer Preissteigerungen geraten viele Luxusmarken in eine Vertrauenskrise. Bain-Partnerin Federica Levato betont, dass selbst sehr wohlhabende Kundinnen und Kunden inzwischen Preisgrenzen wahrnehmen und sich von Marken „betrogen“ fühlen. Besonders die Generation Z hat sich spürbar abgewandt, da Preise und Produkterlebnis oft nicht mehr im Verhältnis stehen.
Gleichzeitig stagniert das Kaufverhalten der finanzstärksten Zielgruppe, die zwar weiterhin fast die Hälfte des weltweiten 358-Milliarden-Euro-Markts ausmacht, aber 2025 erstmals keine steigenden Ausgaben verzeichnete. Der Kundenstamm im Luxusbereich ist laut Studie zudem deutlich geschrumpft, von 400 Millionen Menschen im Jahr 2022 auf rund 340 Millionen im Jahr 2025.
Wachsender Konkurrenzdruck, amerikanische Marken gewinnen
Der aggressive Preisanstieg hat laut Bain eine Marktlücke entstehen lassen, die besonders US-Marken mit preislich attraktiveren Angeboten nutzen. Dort, wo europäische Häuser ihre „Elevation-Strategien“ weiter forcierten, haben amerikanische Player bewusst auf Zugänglichkeit gesetzt, das markiert einen Wechsel, der neue Kundengruppen anzieht und den Wettbewerb verschärft. Ein erstes Anzeichen für ein Umdenken zeigt sich bereits: Kering-CEO Luca de Meo kündigte intern an, Preisgestaltung und Produktportfolio neu zu überdenken. Ein Schritt, der darauf hindeutet, dass die Branche insgesamt vor einer Phase der Neupositionierung steht.

Überbestände und neue Vertriebswege
Ein weiteres Problem zeichnet sich in den Lagern der Luxusindustrie ab. Die Bestände sind gegenüber 2019 deutlich gestiegen. Viele Marken scheuen Outlet- oder Off-Price-Kanäle aus Imagegründen, dürfen aber gleichzeitig unverkaufte Ware aus regulatorischen Gründen nicht vernichten. Bain rät daher zu einem strategischen Einsatz alternativer Vertriebsformen, um Sortimente zu bereinigen, ohne die Preiswürdigkeit der Marken zu gefährden.
Globale Unsicherheiten prägen die Prognosen
Die geopolitische Lage – darunter die schwankende Handelspolitik der USA unter Präsident Trump und die anhaltende Unsicherheit über Chinas Wirtschaft – erschwert langfristige Prognosen. Bain hatte seine ursprüngliche 2025-Prognose bereits im Frühjahr deutlich nach unten korrigiert. Doch die stabile Entwicklung im zweiten Halbjahr zeigt, dass sich der Markt insgesamt gefangen hat und nun in eine Seitwärtsbewegung übergeht. An den Aktienmärkten ist die Stimmung bereits wieder optimistischer: Der Stoxx Luxury 10 Index hat seit April 19 Prozent zugelegt, getragen von besseren Quartalsergebnissen großer Häuser wie LVMH, Richemont oder Burberry.
Erholung mit Vorbehalt
Trotz der positiven Signale bleibt die Kernbotschaft der Studie klar: Die Luxusbranche steht an einem Wendepunkt. Stagnierende Top-Kundensegmente, weiter steigende Preise, der Verlust jüngerer Käufer sowie hohe Lagerbestände zwingen Marken dazu, ihre Strategien neu auszurichten. Marken überdenken ihre Preis- und Produktpolitik, Märkte stabilisieren sich, und die Nachfrage aus Asien erholt sich langsam. 2026 wird damit kein Boomjahr, aber ein Schritt in Richtung Normalisierung.














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