Rolex-Deal mit Strategie: Alles Denkbar!

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Seit Jahren in trauter Zweisamkeit am Wiener Luxusparkett: Noch lassen sich die beiden Luxusgiganten nicht in die Karten schauen. Eines ist klar: Der Deal ist eine Machtdemonstration in der Branche.

Der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Kaufs von Bucherer ist eine Machtdemonstration von Rolex. Nur wenige Tage vor dem Start der Geneva Watch Days verkündet, stellt der Deal alle anderen Uhrenmanufakturen und ihre Produktneuheiten in den Schatten. Es dominiert ein Thema: Der Deal.



Die Schweiz entwickelt sich in diesem Jahre zum Schauplatz von M&A Deals neuer Dimensionen in Europa. Zuerst UBS & Crédit Suisse und nun Rolex & Bucherer. In beiden Fällen waren bei der Bekanntgabe der Übernahme die Entwicklungen und Auswirkungen noch unklar. Mit 31.8. hat sich das für die Crédit Suisse zumindest geändert. Mit 2025 wird es die Crédit Suisse als eigenständige Marke nicht mehr geben. Passiert das gleiche mit Bucherer? Denn Rolex hat bisher als eine der wenigen Uhrenmarken kein eigenes Vertriebsnetz. 

Beziehungsfähig: Wenn zwei harmonieren

Das Zusammengehen der beiden Primusse ihrer Branchen hat den Markt durchgerüttelt. Nüchtern betrachtet ist der Deal der logische Schritt in der Vertiefung einer seit einem Jahrhundert bestehenden Geschäftsbeziehung zweier Unternehmen, die auf Basis ihrer Unternehmenswerte – Tradition, Qualität und Verschwiegenheit – perfekt harmonieren.  Die erste Kooperation der beiden Unternehmen wurde bereits 1924 geschlossen. Nur vier Jahre nach der Registrierung der Marke Rolex im Schweizer Handelsregister. Schon damals stimmte offensichtlich die Chemie zwischen dem Rolex-Gründer Hans Wilsdorf und dem Vater von Gerold Bucherer. Die Bande zwischen den beiden Unternehmen wurden seither nicht gekappt. Vielmehr kann man nun rückblickend sagen: Sie wuchsen gemeinsam.

Marktsignale: Bewusste Machtdemonstration

Rolex hat nach dem Deal das Momentum des Handelns auf seiner Seite. Es ist eine Machtdemonstration. Erstmals durchstieß Rolex im vergangenen Jahr die Umsatzschallmauer von 9 Milliarden Schweizer Franken, so die jüngsten Schätzungen von Morgan Stanley und Luxeconsult. Mit einem Marktanteil von 30,9 Prozent ist der Konzern in der Schweizer Uhrenproduktion unangefochten auf Platz 1. Ähnliches gilt für Bucherer. Der weltgrößte Schmuck- und Uhrenfachhändler baute in den vergangenen Jahren seine Führungsrolle Schritt für Schritt aus und sicherte sich mit der Übernahme von Tourneau eine führende Position am US-Markt. Laut Schätzung des Schweizer Uhrenverband FHS liegt der Umsatz Bucherers in den USA bei 3,89 Milliarden Franken. 

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Brancheninsider gehen davon aus, dass etwa ein Drittel der gehandelten Vintage-Modelle nicht gänzlich echt sind, weshalb man bisher bei Bucherer als einzigem Händler weltweit von Rolex zertifizierte Exemplare mit Echtheits-Garantie erhält. © Shutterstock.com

Strategische Partnerschaft: Sicherer Sekundarmarkt

Einig sind sich die Branchenauguren über ein weiteres Indiz für eine tiefere Zusammenarbeit der beiden Marktführer, das sich im Dezember 2022 abzeichnete. Rolex und Bucherer vertieften ihre Geschäftsbeziehungen in einem neuen Bereich. Sie ging eine Partnerschaft für „Certified Pre-Owned“, kurz CPO, ein. 

Bucherer hat sich durch die strikte Trennung des Handels von neuen und gebrauchten Uhren am Sekundarmarkt und der Eigentums- und Echtheitszertifizierung einen guten Ruf erarbeitet. Mit dem Kauf des Schweizer Startup-Unternehmens Adresta AG im Oktober 2022 verschafft sich Bucherer einen Marktvorteil. Adresta ist spezialisiert auf digitale Lösungen für Ceritified-Pre-Owned. Der Kauf wurde offiziell am 10.5.2023 in Schweizer Handelsregister eingetragen. Mehr zum Thema Sicherheit und CPO lesen Sie ab Seite 34. Rolex, nun gesellschaftsrechtlich Mutter der Adresta AG, ist mit dem Erwerb ein strategischer Schachzug zur Absicherung einer breiten Marktposition und Wettbewerbsvorteils gelungen. 

Speziell der Sekundarmarkt für Uhren hat in den vergangenen beiden Jahren ein enormes Wachstum hingelegt. Bedingt durch die weltweite Niedrigzinspolitik war der Handel mit prestigeträchtigen Uhren aus zweiter Hand ein lohnendes, unkompliziertes Investment. Das jährliche Marktvolumen schätzt Bain & Company zuletzt auf 22 Milliarden Euro. Brancheninsider gehen davon aus, dass etwa ein Drittel der gehandelten Vintage-Modelle nicht gänzlich echt sind, weshalb man bisher bei Bucherer als einzigem Händler weltweit von Rolex zertifizierte Exemplare mit Echtheits-Garantie erhält. Die Branchenkonkurrenz – sowohl in der Produktion wie im Handel – ist erst am Beginn dieses in der Branche immer wichtiger werdenden Geschäftsbereichs. Und wer weiß um die Bedeutung von Echtheitszertifikaten zur Imagesicherung besser Bescheid als Rolex. Die Marke kämpft seit Jahren mit dem Ruf als der Fälscher Liebling.

Lesen Sie morgen im zweiten Teil: Zauberwort Vertikalisierung, wie kann der Fachhandel gelassen bleiben?

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