Rolex zieht die Kontrolle an sich: 40 Konzessionen vor dem Aus

Rolex Konzession Deutschland Dufour

Jean-Frédéric Dufour: Der Rolex-CEO treibt die vollständige Kontrolle über Distribution und Markenführung voran. Mit klarer Priorität auf Eigenregie. © BPJ

Die Bilanz Zeitung bestätigt, was Blickpunkt·Juwelier bereits vor vier Wochen angedeutet hat: Rolex kündigt in Deutschland rund 40 Verkaufsadressen bis Jahresende. CEO Jean-Frédéric Dufour treibt damit die konsequente Vertikalisierung voran – für mehr Marge, Macht und Kontrolle.



Dufours Strategie: 100 % Marge, 100 % Kontrolle

Lange galt Rolex als verlässlicher, wenn auch anspruchsvoller Partner für den Fachhandel. Doch mit der aktuellen Distributionspolitik hat CEO Jean-Frédéric Dufour die Richtung klar geändert. Laut Bilanz Zeitung plant Rolex, bis Ende 2025 bis zu 40 Standorte in Deutschland zu schließen. Das ist ein Schritt, der in eine umfassende, international koordinierte Restrukturierung eingebettet ist.

Der Schweizer Branchenanalyst Oliver Müller, dessen Analysen regelmäßig in den Uhrenreport von Morgan Stanley einfließen, sieht die Entwicklung als logische Konsequenz: „Rolex hat bereits in den vergangenen fünf Jahren rund 20 Prozent seiner Verkaufsstellen abgebaut, von etwa 1.550 auf derzeit rund 1.240. Mittelfristig werden es unter 1.000, langfristig maximal 800 sein, etwa die Hälfte davon in Eigenregie.“

Der Grund liegt auf der Hand: Eigene Boutiquen bedeuten 100 Prozent Marge und vollständige Kontrolle über Markenauftritt, Preisgestaltung und Kundenerlebnis. Dufour will damit das gesamte Vertriebs- und Wertschöpfungssystem der Marke auf Effizienz und Exklusivität trimmen.

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Vom Partner zum Wettbewerber

Mit dem Kauf von Bucherer 2023 hat Rolex den entscheidenden Schritt zur vertikalen Integration vollzogen. Die Übernahme des größten Uhrenhändlers der Welt durch den größten Uhrenhersteller der Welt war der symbolische Wendepunkt. Seither wird Bucherer zunehmend zum operativen Vertriebsarm für Rolex-Monobrand-Boutiquen. Etwa in Düsseldorf, wo 2027 ein zweistöckiger Flagshipstore in einer Rolex-eigenen Immobilie eröffnet wird. Das neue Modell verschiebt das Kräfteverhältnis: Klassische Konzessionäre verlieren an Bedeutung, während ausgewählte Betreiber – meist Bucherer – im Auftrag der Marke agieren. Für bisher unabhängige Händler bedeutet das den schrittweisen Verlust von Autonomie.

Wie drastisch die Folgen sind, zeigt der Fall Rüschenbeck. Der traditionsreiche Juwelier verliert Ende 2026 seine Rolex- und Tudor-Konzessionen, ein markanter Bruch nach Jahrzehnten enger Partnerschaft. Unternehmensberater Alexander Schmidt, der zahlreiche deutsche und österreichische Juweliere begleitet, sieht darin eine klare Botschaft: „Rolex ist nicht zu ersetzen, aber Abhängigkeit ist auch kein Geschäftsmodell. Wer die Rolex-Ära hinter sich lassen muss, darf das nicht als Niederlage sehen. Es ist eine Chance, unternehmerisch wieder freizuwerden.“

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Rüschenbeck verliert Konzession: Der traditionsreiche Juwelier ist einer der prominentesten Fälle im neuen Distributionskonzept. © Google AI Studio

Die Folgen für den Fachhandel

Der Umbau betrifft nicht nur Deutschland. Auch in der Schweiz, Frankreich und Großbritannien konsolidiert Rolex sein Netzwerk. Bilanz berichtet, dass selbst bei prestigeträchtigen Partnern wie Beyer Chronometrie in Zürich über eine Trennung spekuliert wird. Patek Philippe könnte dort möglicherweise übernehmen. Das ist ein Szenario, das die zunehmende Polarisierung im Luxusuhrenhandel verdeutlicht: wenige Marken, wenige Flagship-Standorte, maximale Kontrolle.

Für unabhängige Fachhändler hat das gravierende Konsequenzen. Eine Faustregel lautet: Bis zu 50 Prozent des Umsatzes vieler Konzessionäre hängen direkt an Rolex. Der Wegfall bedeutet nicht nur Umsatzverlust, sondern auch den Verlust eines Frequenzbringers, der bisher das Geschäft mit Schmuck, Service und anderen Marken gestützt hat.

Nach Rolex: Strategien für den Neustart

Alexander Schmidt plädiert dafür, diese Entwicklung als Anlass zur Neupositionierung zu nutzen: „Viele Juweliere haben mit Rolex auch enorme Ressourcen gebunden – vom Ladenbau über Schulungen bis zum CPO-Programm. Wer diese Mittel jetzt in Schmuck, Beratung und alternative Marken investiert, kann mittelfristig sogar profitabler werden.“

Tatsächlich verlagert sich die Profitabilität zunehmend in Bereiche, die der Fachhandel selbst gestalten kann: ⊕ Schmuckkompetenz und Eigenkollektionen (JUWELIER ICH), ⊕ exklusive Partnerschaften mit unabhängigen Marken (ZEITATELIER), ⊕ digitale Präsenz und Omnichannel-Modelle, sowie lokale Events und Serviceangebote, die Nähe schaffen.

In Österreich zeigt sich bereits, dass der Fachhandel auch ohne Rolex bestehen kann, durch Spezialisierung und Markenmix. Händler, die frühzeitig auf Diversifikation gesetzt haben, profitieren heute von stabileren Margen und stärkerer Eigenständigkeit.

Rolex geplante Boutique Düsseldorf Königsallee 2027
Eckhaus an der Kö/Steinstraße: Hier eröffnet Rolex 2027 einen Flagshipstore auf zwei Etagen mit 400 Quadratmeter. © Bild: KI generiert

Ein Markt ordnet sich neu

Was sich aktuell abzeichnet, ist mehr als eine taktische Umstrukturierung – es ist eine grundsätzliche Neuordnung des Luxusuhrenvertriebs. Rolex folgt dem Weg anderer Luxusmarken wie Louis Vuitton oder Chanel: weniger Partner, mehr Eigenregie.

Die Ära der Rolex-Konzessionäre neigt sich ihrem Ende zu. Und mit ihr das klassische Modell des Multibrand-Juweliers in seiner bisherigen Form.

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