Schaffraths steiniger Pfad an die Spitze. Bild: Das kommerzielle Wunder. Auch Calla ist unique und hat sich durch seine etwas tiefere Preispositionierung als bei Liberté bei vielen Juwelieren zum Bestseller entwickelt und steuert mittlerweile genau so viel Umsatz bei.
Lupenreine DNA. Das Markenbild der Diamantmanufaktur Schaffrath ist so lupenrein wie bei kaum einem anderen Schmuckhersteller. Heute steht das Unternehmen brillant da, mit dem Paradoxal-Ring verkauft man im sechsstelligen Eurobereich. Doch der Weg bis dahin war auch steinig, wie Mitinhaber Christian Schaffrath berichtet.
Interview mit Christian Schaffrath
Blickpunkt Juwelier: Ist Liberté das erste und prägendste Produkt in der Historie der Marke Schaffrath, wie wir sie heute kennen?
Christian Schaffrath: Es gab bereits vor Liberté Produkte, die sich nahtlos in unser Schaffen einreihen und die durch ihre Wiedererkennbarkeit und ihre alleinige Marktstellung eine besondere Rolle gespielt hatten …
BPJ: … beispielsweise der Ring La Luna, der vor zwei Jahr wieder neu herausgebracht wurde?
Schaffrath: Richtig. Damals, 1996, war die La Luna-Kollektion entstanden aus der Auseinandersetzung mit dem Einlötverfahren. Seit diesem Ring konnten Diamanten einseitig, fast schwebend eingefasst werden. Diese Technik ist Grundvoraussetzung für die Fertigung von Liberté und Calla. Ohne La Luna hätte Schaffrath eine andere Entwicklung genommen.
BPJ: Schaffrath aus heutiger Sicht verfügt über ein selten spitzes Markenbild. War der Liberté-Ring von 2002 der Grundstein für diese Entwicklung?
Schaffrath: Liberté war sicherlich das Produkt, das den Werdegang zur Marke am stärksten ins Rollen gebracht hat. Ohne unsere Begeisterung für dieses Produkt hätten wir nie diesen Mut aufgebracht, das Produktportfolio so spitz zu gestalten und gegen die vielen Ressentiments im Markt anzugehen. Liberté war die Initialzündung hierfür. Es gab vorab bereits besondere Produkte, die waren unique, die waren neu, die waren wiedererkennbar, die hatten den Diamanten auf eine einzigartige Art gezeigt. Aber erst Liberté einschließlich seinem Patentschutz konnte so viel auslösen.
BPJ: War diese Bedeutung von Anfang an klar?
Schaffrath: Nein. In der Tat war zunächst nicht klar, ob dies der richtige Zeitpunkt ist. Damals fühlte das sich noch nicht so zweifelsfrei an wie aus heutiger Sicht.
BPJ: Weil das Unternehmen damals breiter aufgestellt war und Sie gedacht hatten, einen Versorgungsauftrag für den Markt übernehmen zu müssen?
Schaffrath: Der Weg des Unternehmens von einem klassischen Diamantanbieter mit Schleifbetrieb hin zu einer Marke mit spitzem Produktportfolio war ja nicht einfach. Zum damaligen Zeitpunkt war uns vielleicht noch nicht so ganz klar, was der Fokus auf Liberté bedeuten würde und nach sich zieht.
BPJ: Zum Beispiel?
Schaffrath: Einige Beziehungen zu Juwelieren sind in dieser Zeit erkaltet, weil wir nicht das angeboten hatten, was sich der Partner für sein Portfolio unter dem Namen Schaffrath vorstellte. Unser Anteil an traditioneller Ware war historisch bedingt hoch.
BJ: Wie ist das heute? Der Juwelier, der keinen „technischen“ und volumigen Schmuck haben will, wird bei Ihnen kaum fündig.
Schaffrath: Das ist immer so. Das ist Marke. Ich vermute, das geht wohl jedem Markenanbieter in unserer Branche so. Beispiel Tamara Comolli: Wer keine Farbedelsteine mag, findet dort nichts. Jochen Pohl: Wer keinen skulpturalen, voluminösen, schweren Schmuck will, findet nichts. Gellner: Wer nichts mit Perlen und moderner Schmucksprache anfangen kann, findet nichts. Wellendorff: Wer nicht auf technische Raffinesse, auf Emaille, auf Goldschmiedehandwerk, auf Storytelling steht, wird dort nicht glücklich. Alle, die in diesem Bereich erfolgreich sind, haben gemein, dass sie in dem, was sie tun, spitz sind.
BPJ: Und spitze?
Schaffrath: Klar. Es bringt nichts, im Portfolio spitz zu sein, wenn die Fans fehlen.
BPJ: Wie entwickeln Sie die bestehende Kollektion fort? Was fliegt aus der Kollektion?
Schaffrath: Wir sind linientreu – in erster Linie entscheiden wir uns für das, was uns selbst gut gefällt und von dem wir selbst überzeugt sind. In zweiter Linie schauen wir auf den Markt, auf die Wünsche im Handel.
BPJ: Wie viele Bilder von unterschiedlichen Produkten verträgt eine Marke?
Schaffrath: Wenn wir ehrlich sind, nicht viele. Marke hat ja auch viel mit Marketing zu tun, und das muss man sich erstmal leisten können, wenn man nachhaltig bewerben will. Bei uns sind es derzeit vier „Bilder“, die wir bewerben: Liberté, Calla, Colortaire und Paradoxal. In der Regel verändern wir die Motive sehr behutsam und fahren Kampagnen meist für den Zeitraum eines ganzen Jahres.
BPJ: Und was passiert, wenn drei tolle neue Ideen auf dem Tisch liegen?
Schaffrath: Dann bringen wir trotzdem höchstens eine pro Jahr.
BPJ: Was passiert mit den beiden anderen?
Schaffrath: Sie gehen in die Schublade und man beobachtet, wie sich Produktidee und Marke mit den Jahren verändern. Nicht alles funktioniert linear und geplant. Für manche Entwicklungen braucht es besondere Fügungen. Vielleicht verändert sich die Marke so sehr, dass die Produktidee später passt. Eine weitere Möglichkeit für wirklich gute Ideen ist es, dafür eine eigene Marke oder Untermarke zu etablieren. Und dann gibt es auch die Möglichkeit, die Produktidee zu veräußern oder zu lizensieren.
BPJ: Wie sieht die Marke Schaffrath 2025 aus?
Schaffrath: Die Marke wird nicht breiter, die Themen werden aber differenzierter ausgearbeitet sein und sich weniger stark überschneiden. Paradoxal beispielsweise ist eine Schmuckkollektion, die im absoluten Oberfeld ansetzt. Wir sind hier im sechsstelligen Preisbereich. Das ist Luxus pur! Schon heute ist Paradoxal eine eigenständige Welt geworden. Es ist ein Juwel-Thema, das eine eigene Plattform am Markt einschließlich Vertrieb, Bewerbung oder Dekoration erhalten hat. Es ist kein Produkt, das man in eine bestehende Linie heran-editiert.
BPJ: Wird es den Paradoxal-Ring ohne Mittelstein geben, damit er sich stärker vom Solitärangebot des Hauses abgrenzt?
Schaffrath: Nein. Warum sollten wir auf den wertvollsten Stein im Ring verzichten? Es gibt in der Paradoxal-Kollektion einige Produkte ohne Mittelstein, die übrigens nicht weniger komplex konstruiert und nicht weniger exquisit besetzt sind. Aber auch das aktuelle Corona-Jahr hat uns ja eindrücklich gezeigt, dass es den expliziten Wunsch gibt nach der Werthaltigkeit eines besonderen Steins im Schmuckstück. Natürlich gibt es auch die Frage der Preispolitik. Wir bekommen Anfragen von Kunden, die für ihre VIPs einen Paradoxal im Wert zwischen 180.000 und 250.000 Euro suchen. Diesen Preisbereich erreiche ich ohne Mittelstein gar nicht.
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