Schweizer Uhrenexporte steigen sprunghaft – doch nur auf Zeit?

Die aktuellen Exportzahlen in die USA sind zwar erfreulich, aber vordergründig. © Shutterstock.com

Im März 2025 legten die Schweizer Uhrenexporte in die Vereinigten Staaten um bemerkenswerte 13,7 Prozent zu – ein plötzlicher Aufschwung, der nach Einschätzung von Branchenanalysten maßgeblich auf die Vorzieheffekte durch angekündigte Importzölle der US-Regierung zurückzuführen ist. US-Präsident Donald Trump hatte Anfang April massive Zollanhebungen für zahlreiche Importgüter angekündigt – darunter auch Uhren aus der Schweiz, für die ein Einfuhrzoll von 31 Prozent vorgesehen war. Aktuell gilt eine Übergangsregelung mit einem reduzierten Basiszoll von 10 Prozent, der seit dem 5. April greift.



Händler stocken Lager auf: Exporte kurzfristig befeuert

Marktkenner gehen davon aus, dass viele US-Händler vor Inkrafttreten der Zölle ihre Lager gezielt aufgefüllt haben. Diese taktisch motivierten Vorziehexporte erklären auch den abrupten Rebound nach dem rückläufigen Februar, in dem die Ausfuhren in die USA noch um 6,7 Prozent gesunken waren. Laut Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie belief sich der Gesamtwert der Exporte im März auf 2,38 Milliarden Franken, was einem Plus von 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.

Doch der plötzliche Anstieg sollte nicht überinterpretiert werden. Analyst Jean-Philippe Bertschy (Vontobel) warnt: „Der März wurde stark von der Zollthematik verzerrt – die gestiegenen Exportzahlen spiegeln nicht die echte Nachfrage wider, sondern primär Logistikvorsprung und Lagervorzieheffekte.“

Wirtschaftspolitische Unsicherheit belastet mittelfristige Perspektive

Schon im Februar war erkennbar, wie stark die internationale Nachfrage unter Druck steht – sowohl aus den USA als auch aus China, wo die Exporte ebenfalls spürbar zurückgingen. Besonders betroffen ist das mittlere Marktsegment zwischen 500 und 3.000 Franken – hier schlugen Rückgänge von über 15 Prozent zu Buche. Auch im oberen Preissegment wurden zweistellige Rückgänge registriert, was Beobachter als Ausdruck wachsender Preis- und Kaufzurückhaltung interpretieren. Mehr dazu unter: „Schweizer Uhrenexporte im Februar rückläufig: China und USA drücken aufs Tempo”

Hinzu kommt die Verunsicherung durch den politischen Kurs in den USA. Trumps Zollpolitik ist nicht nur protektionistisch, sondern auch schwer vorhersehbar. Die Ankündigung, dass selbst Fed-Chef Jerome Powell zur Disposition steht, trägt zur Unberechenbarkeit bei – ein Umstand, der insbesondere in einer hochpreisigen Branche wie der Uhrenindustrie kontraproduktiv wirkt.

Oliver Müller Schweizer Uhren Exporte 2025
Oliver Müller: „Die Schweizer Uhrenindustrie steht vor einem Transformationsjahr.” © LuxeConsult

Strukturelle Herausforderungen für den Fachhandel

Mittelfristig erwartet Brancheninsider Oliver Müller von LuxeConsult keinen nachhaltigen Aufschwung. „Die Schweizer Uhrenindustrie steht 2025 unter enormem Transformationsdruck“, so Müller. Geopolitische Unsicherheiten, eine selektivere Konsumentenhaltung sowie die Gefahr sinkender Volumina – Müller rechnet mit einer Rückkehr auf das Exportniveau des Krisenjahres 2020, also unter 14 Millionen Stück. Besonders kritisch: Die Belastung für industrielle Zulieferer steigt – und mit ihr die Gefahr struktureller Verwerfungen. Mehr dazu unter: „Branchenexperte Oliver Müller: Schweizer Uhrenindustrie unter Druck”

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