Wem schadet Apple?

Überrollt Apple die Schweizer Uhrenindustrie? Ein Kommentar von Ulrich Voß, Chefredakteur „Blickpunkt Juwelier“.


Derzeit geistern gewaltige Zahlen zur Dominanz der Apple Watch durch die Medien. Ausgangspunkt war eine Meldung der Unternehmensberatung Strategy Analytics. Sie interpretiert die aktuell veröffentlichten Verkaufszahlen von Apple dahingehend, dass Apple im vergangenen Jahr knapp 31 Mio. Smartwatches und somit 10 Mio. mehr als die gesamte Schweizer Uhrenindustrie verkauft hat (hier). Sollte dies stimmen, heißt das noch lange nicht, dass die Schweizer Uhrenindustrie einpacken kann. Denn letztlich stellt sich die Frage, ob und wem die Apple Watch Marktanteile nimmt. Und bei dieser Frage gehen Uhrenexperten wie Frank-Michael Müller vom Uhrenmonitor davon aus, dass es vor allem Fashion- und Lifestyle-Uhrenfirmen im unteren Preisbereich sein werden. Dort ist die Apple Watch eine Konkurrenz im ähnlichen Preissegment. Wer bisher 250 Euro für eine „dumme“ Fashionuhr ausgegeben hat, kann mit einem verhältnismäßig kleinen Aufpreis in neue Dimensionen vorstoßen. (Aufpreis? Derzeit gibt es bei Media Markt die Apple Watch 3 ab 229 Euro!). Der Kunde aber, der sein Leben lang von einer Rolex träumt, wird diesen Traum ganz sicher nicht aufgeben. Wird er smarte Funktionen wollen, wird er sich zusätzlich eine Apple Watch oder eine hochwertigere Smartwatch vom Juwelier leisten. Doch die mechanische Uhr als Belohnung bleibt.

Sprich: Apple wird ein Problem für das Fashion- und Lifestyle-Sortiment, für Swatch, für Tissot, vielleicht sogar für Longines, nicht aber für die hochwertige Mechanik. Noch. Denn es könnte derzeit eine Generation heranwachsen, die eben nicht mehr von Rolex träumt. Nicht mehr von Mercedes-Benz. Nicht mehr nur höher, schneller, weiter will. Dann werden die Konsumkarten neu gemischt. Ohnehin kann sich die Schweizer Uhrenindustrie nicht in Sicherheit wiegen. Die Stückzahlen der exportierten Uhren sind seit 2012 (!) rückläufig, was nur durch konstant höhere Preise verschleiert werden konnte. Die Schweizer Uhrenindustrie hat ein Problem. Apple ist nicht der alleinige Grund, aber derjenige, der es sichtbar gemacht hat.

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