Wie viel ist Handarbeit wert? Schließlich ist auch der kleinste Batterietausch oder eine Kürzung des Bandes vom Uhrmacher Handarbeit, die sich lohnen sollte.
Werkstatt, Service, Reparatur. Handarbeit, Handmade, Made with Love … allerlei dieser Bezeichnungen findet man in sozialen Medien oder auf von Influencern gehypten Produkten. Handmade ist cool. Doch was ist mit guter alter Handarbeit beim Juwelier? Was ist beispielsweise mit einer Uhrenbatterie, die zu tauschen ist? Was mit der Ringweitenänderung? Auch hier ist Handarbeit gefragt – die aber bitte nicht zu teuer sein darf. Ein Plädoyer für mehr Wertschätzungen für Service.
Es ist für viele Juweliere das täglich Brot: Serviceleistungen für ihre Kunden. Egal ob kleinere Batteriewechsel, Ringweitenänderungen, Reparaturen oder große Revisionen oder Umarbeitungen: Service- und Werkstattleistungen sind eines der wichtigsten Alleinstellungsmerkmale eines Fachhändlers. Denn das World Wide Web kann weder Uhren reparieren noch Batterien wechseln oder Schmuck und Uhren reinigen. Hier ist der Fachhandel gefragt. Doch: Was darf‘s kosten? Oder besser: Was muss es kosten, damit Juwelier und Kunde zufrieden sind? Schließlich hat der Juwelier als Unternehmer sowohl Löhne als auch andere Fixkosten zu decken – der Kunde will sich aber nicht über den Tisch gezogen fühlen. Wie also dieses „Dilemma“ lösen?
Generell tut sich bundesweit im Jahrzehnte-vergleich ein recht düsteres Bild des Uhren-Schmuck-Einzelhandels auf. Denn dieser Vergleich zeigt, dass es im Jahr 2021 so wenige Unternehmen in der Uhren-Schmuck-Branche gegeben hat, wie in den vergangenen zwanzig Jahren nicht. Berücksichtigt wurden nur Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 22.000 Euro (bis 2019: 17.500 Euro; vor 2003: 16.620 Euro).
Was ist mit der Branche passiert? Wohin geht die Reise des klassischen Juweliers im Mittelpreissegment? Denn – auch das zeigen Statistiken und auch die Nachfrage bei Lieferanten und Juwelieren ergibt: Luxus läuft – mehr dazu gibt’s in der Rubrik PREMIUM.
Preisspanne sehr groß
Was bei der Betrachtung der Branche – besonders im Mittelpreis-Segment – auffällt: Die Preisspanne für Serviceleistungen ist äußerst breit. Sowohl die Größe des Einzugsgebiets als auch alteingesessene Preispolitik-Strukturen oder regionale Unterschiede scheinen hier eine Rolle zu spielen. Warum aber soll das Wechseln einer Batterie in Niederbayern weniger kosten als im Ruhrpott? Warum in einer 3.000-Einwohner-Stadt weniger als in einer mit 300.000? Ist es hier ein anderer Arbeitsaufwand als dort? Wohl kaum.
Daher die Frage: Darf es ein bisschen mehr sein? Mehr Preis nämlich. Denn Serviceleistungen fast zu verschenken, ist einerseits schade, da sich der Juwelier damit Umsatzchancen nimmt, andererseits auch seine Arbeit, seine Kompetenz und seine Leistung unter Wert verkauft und den Konsumenten so zu günstigen oder sogar billigen Preisen erzieht.
Preisempfehlung bundesweit?
Immer wieder kommt es daher zu einer Debatte, rund um vereinheitlichte Preise für gewisse Leistungen beim Juwelier. Vor Kurzem auch in der „Blickpunkt Juwelier“-Facebook-Gruppe, als Verleger Alexander Meth eine Diskussion über eine bundesweite Preisregelung für Werkstatt-Leistungen anstieß.
Auszüge daraus präsentieren wir Ihnen hier. So wurde beispielsweise als Vorschlag eingebracht: 20 Euro für einen Batteriewechsel ohne Reinigung. Schon alleine darauf gab es eine Vielzahl an verschiedenen Meinungen – von „Wunschdenken“ solcher Preise bis hin zu Zustimmung, dass alle Fachhändler einen gleichen Preis haben sollen (als Argument für den Kunden: Alle Fachkräfte nehmen 20 Euro, unqualifizierte halt weniger). Sogar höhere Preise – z.B. 25 Euro wurden aufs Tablett gebracht, schließlich müsse der Fachhändler den Kunden auch begrüßen, das Produkt annehmen, das Problem erklärt bekommen, reparieren, Quittung schreiben etc.
Ein Forums-Mitglied schrieb beispielsweise „wenn niemand anfängt, die Preise realistischer zu gestalten, verlieren wir alle immer weiter an Boden“ und gibt als Tipp, dass Kunden durchaus darauf hingewiesen werden können, dass „Uhrenexperten auch nicht schlechter bezahlt werden wollen als die Putzfrau im Rathaus.“ Wo wir wieder bei dem Thema wären: Qualität muss kommuniziert werden! Doch allein die Debatte in diesem Forum zeigt, dass höhere Preise für Serviceleistungen für einige undenkbar sind – zumal der Kunde das nicht bezahlen werde und zum nächstbesten geht. Zu dem nämlich, der billiger sei. Das deckt sich jedoch wenig mit dem derzeitigen Hoch der Premium-Anbieter. Deren Preise nämlich auch keineswegs günstiger werden – nur: Hier scheint das niemanden zu stören. Warum ist das so? Verkauft sich Premium einfach besser? Ist dem Premium-Kunden Qualität mehr wert? Freilich hat in Zeiten wie diesen gerade Otto Normalverbraucher besonders an der Wirtschafts-Situation zu knabbern – doch: Eine Serviceleistung, die Arbeitszeit, Manpower, Know-How und Ersatzteile beinhaltet, dürfte sich auch dann erklären lassen, wenn der Preis um ein paar Euro nach oben geht – meinen wir. Denn Qualitätsarbeit muss nicht verschenkt werden.
Wirtschaftsexkurs: UVP nach Gablers Wirtschaftslexikon
Unverbindliche Preisempfehlung ist „eine nicht auf vertraglicher Bindung beruhende, lockere, aber in den praktischen Auswirkungen einer solchen Bindung oft der Preisbindung zweiter Hand gleichkommende Art der Preisbeeinflussung durch den Hersteller.“
Dabei unterscheidet man einerseits HÄNDLER-PREISEMPFEHLUNGEN der Hersteller, die den Konsumenten in der Regel nicht bekannt sind und VERBRAUCHER-PREISEMPFEHLUNGEN, die offen (meist durch Aufdruck auf der Ware) kommuniziert werden.
Zweck der UVP ist, dass so versucht wird, ein einheitliches Preisniveau für Produkte zu erreichen, um bei den Konsumenten vorhandene Preis-Qualitätsvorstellungen nicht zu gefährden.