
Unternehmensberater Alexander Schmidt: „Ohne die Krone an der Tür drohen massive Veränderungen im Geschäftsmodell – vom Service über Werkstätten bis zur Schmuckabteilung.” © Schmidt
WEITERMACHEN ODER BEENDEN? Alexander Schmidt zur Frage, die derzeit den deutschen Fachhandel bewegt: Der Verlust der Rolex-Konzession von Rüschenbeck hat die Branche erschüttert. Bis zu 20 weitere Kündigungen sollen folgen. Alexander Meth, Herausgeber von Blickpunkt Juwelier, sprach mit Unternehmensberater Alexander Schmidt über die Strategie der Marke und die Folgen für den Fachhandel in Deutschland.
ALEXANDER METH (Herausgeber BPJ): Herr Schmidt, der Fall Rüschenbeck schlägt in der Branche hohe Wellen. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation?
ALEXANDER SCHMIDT (Unternehmensberater): Der Vorfall Rüschenbeck war selbst für mich nicht vorstellbar. Rüschenbeck ist eine feste Größe im deutschen Fachhandel, eine Institution – im Ruhrgebiet ebenso wie in Köln oder Frankfurt, wo er Rolex-Boutiquen führte. Dass es hier zu einem Ende kommen kann, markiert eine Zäsur.
METH: Bedeutet das, dass jahrzehntelange Partnerschaften heute keine Rolle mehr spielen?
SCHMIDT: Genau das beweist Rolex. Am Ende zählt das strategische Ziel, nicht die Tradition. Ich erinnere mich noch gut an den Moment, als die Swatch Group die Zusammenarbeit von Wempe mit Omega beendete. Auch damals war die Botschaft klar: Wer Exklusivität und Ernsthaftigkeit steigern will, muss manchmal Verbindungen kappen. So wird man im Markt ernster genommen. Offensichtlich ist es manchmal nötig, etwas zu opfern, damit die Marke als Ganzes stärker funktioniert.
METH: Aber Rolex nehmen die Juweliere doch besonders ernst. Man kann nicht sagen, dass es an Ernsthaftigkeit gefehlt hätte.
SCHMIDT: Da haben Sie recht. Kein Juwelier nimmt einen Lieferanten ernster als Rolex – und Tudor. Die Konzessionäre erfüllen wirklich alles, um die Marke zufrieden zu stellen. Dennoch verfolgt Rolex offenbar Ziele, die sich nur mehr mit eigenen Boutiquen umsetzen lassen.

METH: Welche Rolle spielte dabei Tudor?
SCHMIDT: Eine sehr große. Lange hatten Juweliere wenig Vertrauen in die Marke. Erst als Rolex die Weichenstellung vornahm und den Außendienst für Rolex und Tudor trennte, kam Bewegung in die Sache. Plötzlich gab es zwei Ansprechpartner, zwei Erwartungshaltungen – und der Platz im Schaufenster wurde knapp. Händler mussten sich entscheiden: für Rolex und Tudor, oft zulasten anderer Lieferanten. Das war eine klare Strategie, und sie hat funktioniert. Tudor wurde massiv nach vorne gebracht.
METH: Was bedeutet das für die Händler, die nun Rolex und möglicherweise auch Tudor verlieren?
SCHMIDT: Es ist ein schwerwiegender Einschnitt. Wir kennen Fälle, in denen Fachhändler nach dem Verlust von Rolex 60 bis 70 Prozent Umsatz eingebüßt haben. Bei Rolex kommt noch mehr hinzu: nicht nur der direkte Umsatz, sondern auch der Service- und Werkstattbereich, der ständigen Zulauf hatte. Dazu die Sogwirkung auf Schmuck und andere Marken. Ohne Rolex entsteht ein schleichender Prozess, der das gesamte Geschäftsmodell verändert.
METH: Haben sich Juweliere also zu sehr auf Rolex konzentriert und andere Segmente vernachlässigt?
SCHMIDT: Der Eindruck mag stimmen, aber man muss das verstehen. Der Anspruch von Rolex ist extrem hoch. Ständige Anforderungen an Werkstätten, Zertifikate, das CPO-Programm, Schulungen, Trainings, Ladenbau – das bindet enorme Ressourcen. Viele Juweliere waren damit voll ausgelastet. Dass darunter die Aufmerksamkeit für andere Lieferanten litt, ist nachvollziehbar. Aber es erklärt auch, warum das Ende einer Konzession so einschneidend wirkt.
Lesen Sie morgen weiter im zweiten Teil des Interviews: „Nach Rolex: Der Weg zurück zum Schmuck”. Mit Marken wie Omega, Cartier oder Breitling lässt sich ein solides Fundament schaffen. Und noch mehr – durch die Rückbesinnung auf die eigene Schmuckkompetenz. Schmuck bleibt ein margenstarkes Segment, das Konsumenten weiterhin stationär erleben wollen.
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Alexander Schmidt
ALEXANDER SCHMIDT Ob ein Umbau, eine Nachfolgersuche oder ein Neustart, Alexander Schmidt und sein Team fokussieren auf den finanziellen Erfolg Ihres Projekts. Als erster der Branche setzte er auf die...
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